URI: 
       # taz.de -- Projek „Survey“ im Harz und in Bayern: Überlebensstrategien für Fichtenwälder in der Klimakrise
       
       > Im Projekt „Survey“ untersuchen Forscher*innen, wie Fichtenwälder
       > gerettet werden können. Das Ziel ist auch eine gesellschaftliche Debatte.
       
   IMG Bild: Nicht mehr viel übrig: abgestorbene Fichten zwischen Bad Harzburg und Torfhaus im Harz im Juli 2025
       
       Osnabrück taz | Dem deutschen Wald geht es schlecht. Sein
       Gesundheitszustand sei „besorgniserregend“, fasst Alois Rainer (CSU), Chef
       des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH), in
       der [1][Mitte 2025 erschienenen „Waldzustandserhebung 2024“] zusammen.
       „Unsere Wälder stehen unter Dauerstress.“
       
       Einer, der ihm die Daten dafür geliefert hat, ist Andreas Bolte. Er leitet
       das [2][Thünen-Institut für Waldökosysteme] in Eberswalde, eine
       Ressortforschungseinrichtung des BMLEH. Seit Mitte 2025 koordiniert Bolte
       gemeinsam mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) das
       [3][Projekt „Survey“]. Dessen Ziel ist es, über repräsentative
       Experimentalflächen Daten und Handlungsoptionen für
       Mittelgebirgs-Fichtenwälder zu gewinnen, die [4][durch die Klimakrise
       bedroht sind].
       
       Zwei dieser „Waldreallabore“ liegen im Harz, eines in Niederbayern. Es geht
       um neue Wege konzertierten Waldmanagements, und die Partner reichen vom
       Quedlinburger Julius-Kühn-Institut für Waldschutz bis zur Technischen
       Universität Dresden. Die untersuchten Parameter reichen vom Wasserhaushalt
       bis zum Stoffkreislauf. Verglichen wird, was besser funktioniert:
       Wiederaufforstung wie bisher? Den Wald [5][sich selbst überlassen], in
       Naturverjüngung? Oder [6][Baumarten pflanzen], die gegen die Klimakrise
       besonders gut gewappnet zu sein scheinen?
       
       „Wir beobachten alle Ökosystemleistungen“, sagt Bolte. Das Projekt wolle
       „die Diskussion erden“, denn: „Im Moment reden wir ja alle wie die Blinden
       von der Farbe. Niemand hat ein Allheilmittel. Es fehlt an grundsätzlichem
       Wissen.“ Die Lösung werde in Vielfalt bestehen: „Wir suchen hier ja nicht
       den Kompromisswald, auf den sich alle einigen können“, sagt Bolte. „Wir
       züchten nicht den Superbaum.“
       
       Deutschlands Wälder stehen nicht nur durch die Klimakrise unter Druck. Die
       Holzindustrie sieht sie als Profitquelle, der Spaziergänger sucht in
       ihnen Erholung, [7][der Jäger Beute]. Der Naturschützer sieht sie anders
       als der Touristiker, [8][der Mountainbiker], der Bauwillige.
       
       Ein paar dieser Akteursgruppen sind ins „Survey“-Projekt eingebunden; es
       koppelt Forschung und Praxis. „Letztlich geht es ja um die Frage: Wie steht
       unsere Gesellschaft zum Wald?“, sagt Bolte. „Was erwartet sie von ihm?
       Diese Debatte muss in aller Breite geführt werden, nicht nur durch
       Experten.“
       
       Von den Experimentalflächen werden „digitale Zwillinge“ erstellt, erklärt
       Bolte. „Mit Hilfe von Computermodellierungen lassen sich so Szenarien
       durchspielen, auch für die fernere Zukunft.“ Zudem lassen sich die im Harz
       und in Niederbayern gewonnenen Erkenntnisse verallgemeinern. Das Problem im
       Problem: Viele ignorieren die Dramatik der Situation, auch in der Politik.
       „[9][Leugner des Klimawandels wie die AfD] zum Beispiel“, sagt Bolte. „Wer
       leugnet, dass es ihn gibt, menschengemacht, muss das Klima eben auch nicht
       schützen.“
       
       Mit der Politik, zumal der bundesministeriellen, kennt sich das
       Thünen-Institut für Waldökosysteme aus. Es berät sie. „Aber unsere
       Forschung ist unabhängig“, betont Bolte.
       
       Es gelte, „nicht nur die Wiederbewaldung und den Waldumbau der Freiflächen
       zu betrachten, sondern auch grundlegend andere Konzepte der
       Waldbewirtschaftung zu untersuchen“, schreibt Dorothea Epperlein,
       Kampaignerin Waldwende von Greenpeace. „Eine minimalinvasive
       Forstwirtschaft, die sich anhand von Referenzflächen an der Naturdynamik
       orientiert. Wir müssen den klimaresilienten Wald nicht erfinden, sondern
       aufhören, die Wälder als Holzplantagen zu behandeln.“
       
       Wer Wälder analysieren will, braucht vor allem eins: Zeit. Die drei Jahre,
       auf die das Mitte 2025 gestartete „Survey“-Projekt ausgelegt sind, werden
       also nicht reichen. „Das reicht weit über meine Lebensspanne hinaus“, sagt
       Bolte.
       
       8 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Neuer-Waldzustandsbericht/!6090268
   DIR [2] https://www.thuenen.de/de/fachinstitute/waldoekosysteme
   DIR [3] https://www.julius-kuehn.de/pressemitteilungen/pressemeldung/n/pi2025-03-projektstart-deutsche-waldforschung-beschreitet-neue-pfade
   DIR [4] /Waldzustandsbericht-2024/!6066433
   DIR [5] /Besorgniserregender-Zustand/!6038374
   DIR [6] /Zukunft-des-deutschen-Waldes/!6008721
   DIR [7] /Waldsterben-in-Deutschland/!5920226
   DIR [8] /Zustand-des-Waldes/!6007439
   DIR [9] /Desinformationen-in-der-Klimakrise/!6102763
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Harff-Peter Schönherr
       
       ## TAGS
       
   DIR Forschung
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Waldschäden
   DIR Bayrischer Wald
   DIR Waldsterben
   DIR Wald
   DIR Harz
   DIR Brandenburg
   DIR Feuer
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Waldbrände 2025: Brennpunkt Europa
       
       Vom Mittelmeer bis nach Brandenburg: Ein Sommer im Zeichen der Klimakrise –
       mit dem Epizentrum in Südeuropa. Auch Deutschland ist betroffen.
       
   DIR Neuer Waldzustandsbericht: Vier von fünf Bäumen geht es schlecht
       
       Trockenstress, Erderhitzung, Insekten – das alles setzt dem Bestand zu.
       Denn die Anpassung an die neuen Anforderungen ist gar nicht so einfach.
       
   DIR Forschung an Bäumen: Lang lebe der Wald!
       
       Die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt sucht nach Wegen, Wälder
       für die Umwelt zu erhalten. Davon profitieren nicht nur Umweltschützer.