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       # taz.de -- taz Talk über Völkerrecht: „Gewalt schließt Dialog aus“
       
       > Die Militärschläge auf den Iran durch Israel und die USA werfen die Frage
       > auf: Was zählt das Völkerrecht in Konflikten? Darum ging es beim taz Talk
       > in Berlin am Dienstag.
       
   IMG Bild: Ein legitimes, ein legales Ziel? Im Ewin-Gefängnis inhaftierte das iranische Regime seine Gegner:innen
       
       berlin taz | „Gewalt schließt Dialog aus, im intersubjektiven Verhältnis
       wie auch zwischen Staaten“, so formuliert es der Völkerrechtler und
       Publizist Kai Ambos [1][im taz Talk am Dienstag]. Nur wenn sich ein Staat
       vor feindlicher Aggression verteidigen müsse, könne das Gewaltverbot der
       UN-Satzung ausgesetzt werden. Die jüngsten israelischen Angriffe auf den
       Iran seien völkerrechtswidrig, da keine unmittelbare Gefahr für Israel
       bestanden habe.
       
       [2][Politikwissenschaftler Carlo Masala] beschreibt, dass die bisherigen
       Angriffe nicht auf das iranische Atomprogramm begrenzt gewesen, sondern
       [3][auch auf das Mullah-Regime selbst] gezielt hätten. Zudem nimmt er eine
       kontroverse Differenzierung vor: Man könne die Angriffe als völkerrechtlich
       illegal und gleichzeitig politisch legitim bezeichnen. Der Iran
       beabsichtige schließlich seit Jahrzehnten die Vernichtung Israels und
       unterstütze [4][Milizen, die militärisch gegen Israel vorgehen].
       
       Dem widerspricht Ambos mit einem Plädoyer für die Diplomatie: „Allein
       militärisch kann dieses Problem nicht gelöst werden“, erwidert er mit
       Verweis auf den Misserfolg der US-amerikanischen [5][Invasion des Irak im
       Jahr 2003]. Ein durch militärische Intervention erzwungener Regimewechsel
       habe zweifelhafte Aussicht auf Erfolg – und sei obendrein rechtswidrig.
       
       Die [6][taz-Nahost-Redakteurin Lisa Schneider] wägt die realen Folgen der
       Angriffe ab und kommt zur Einschätzung, dass die militärischen Aktionen der
       „Opposition keinen großen Schub verliehen haben“. Masala pflichtet ihr bei:
       Er befürchtet sogar einen stabilisierenden Effekt für das iranische Regime.
       Es sei denkbar, „dass die Revolutionsgarden jetzt noch mehr an Einfluss
       gewinnen“.
       
       Im Laufe der Diskussion, moderiert vom taz-lab-Redakteur Moritz Martin,
       wird die Trennung zwischen völkerrechtlicher Legalität und politischer
       Legitimität zum großen Streitpunkt, auch für das Publikum. Wird das
       Völkerrecht nicht zu einem wirkungslosen Normenbündel? Ist die Berufung auf
       das Völkerrecht nicht opportunistisch, wenn sie nur dann erfolgt, wenn sie
       für die eigenen politischen Interessen eines Staates nützlich erscheint?
       
       Masala zufolge könne die Differenzierung zwischen völkerrechtlicher
       Legalität und politischer Legitimität sogar dazu beitragen, die Kraft des
       Völkerrechts zu erhalten. Ohne Kriterien zur Beurteilung der Legitimität
       eines Angriffs, hält Ambos dagegen, lande man auf jeden Fall beim Recht des
       Stärkeren und verbleibe orientierungslos.
       
       2 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Anselm Mathieu
       
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