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       # taz.de -- Fahrassistenzsysteme: Wo Autofahrer:innen genervt den Aus-Knopf suchen
       
       > Assistenzsysteme sollen Autofahrende dabei unterstützen, weniger Unfälle
       > zu bauen. Doch die neue Technik hat einen Haken.
       
   IMG Bild: Assistenzsysteme: Wer zu schnell ist, bekommt ein Warnpiepsen oder wird gebremst
       
       Die EU hat ein Herz für Autofahrer:innen. Oder sie ist auf die Lobby der
       Industrie reingefallen, das kann man so oder so sehen. Jedenfalls:
       Fahrassistenzsysteme. Also die Software, die seit dem vergangenen Sommer in
       jedem Neuwagen eingebaut sein muss und den Menschen am Steuer dabei helfen
       soll, keine oder zumindest deutlich weniger Unfälle zu bauen.
       
       Denn Spur halten, einparken, Tempolimits beachten, nicht übermüdet fahren –
       was Fahrschüler:innen so lernen, das schleift sich anscheinend bei
       vielen mit der zunehmenden Zahl an autogefahrenen Jahren ab. Hier gilt nach
       Tempo 120 jetzt 100? Och, ausrollen lassen geht doch noch. Blinker setzen
       beim Spurwechsel oder Abbiegen? Macht doch kaum jemand.
       
       Aus Verkehrssicherheitsperspektive ist das natürlich Mist. Deshalb gibt es
       die Assistenzsysteme, die in solchen Fällen eingreifen. Wer zu schnell ist,
       bekommt ein Warnpiepsen oder wird gebremst. Schert jemand ohne Blinken aus,
       lenkt die Assistenz häufig automatisch zurück.
       
       Schon klar, dass vielen Autofahrer:innen derartige Eingriffe gar nicht
       schmecken werden. In Deutschland halten sich noch mehr Menschen für
       großartige Autofahrer (gendern wir hier mal nicht) als für großartige
       Trainer der Männerfußballnationalmannschaft. In Onlineforen gibt es lange
       Threads von Menschen, die auf der Suche nach Automodellen mit möglichst
       wenig einmischenden Assistenten sind. Die EU hat dem Ärger daher
       vorgesorgt. Und ein Entgegenkommen ermöglicht: Die Hersteller können
       erlauben, dass die Fahrer:innen die Systeme abschalten.
       
       Beim nächsten Start des Fahrzeugs sind sie zwar automatisch wieder an. Aber
       immerhin: Systeme, die lebensrettend sein sollen, sind ausschaltbar! Grüße
       an dieser Stelle an die Menschen, die damals die Sicherheitsgurtpflicht für
       Autos oder die Helmpflicht für Menschen auf Motorrädern und Mofas
       beschlossen hatten. Das hätte man ja auch anders machen können. Pflicht ja,
       aber bei jedem Losfahren kann man sich wieder dagegen entscheiden. Denn:
       Gurt und Helm, das kann ja auch ganz schön nerven.
       
       ## Wo der Aus-Knopf fehlt
       
       Wer dagegen vergeblich einen Aus-Knopf sucht: Kund:innen, die ohne Kenntnis
       der bevorstehenden [1][akustischen Umweltverschmutzung] einen Wasserkocher,
       Kühlschrank, Ofen, Kaffeevollautomaten oder ein anderes dieser unzähligen
       Geräte gekauft haben, die ständig durch Piep-Geräusche darauf aufmerksam
       machen müssen, dass sie noch da sind.
       
       Manchmal hat man Glück und die Bedienungsanleitung sieht eine
       Tastenkombination fürs Ausschalten vor, bei der drei bis vier Hände nötig
       sind, um alle Tasten gleichzeitig zu erreichen. Aber dann bloß nicht mal
       den Stecker rausziehen beim Saubermachen. Sonst ist das Piepkonzert wieder
       an.
       
       Vielleicht könnte das ja ein Vorbild sein für eine Novelle der
       abschaltbaren Fahrassistenten. Nur wer es schafft, gleichzeitig den
       Schulterblick zu präsentieren, den Blinker zu setzen und drei Fragen zum
       Thema Mindestabstand, Fahrradstraßen und Kurzparken korrekt zu beantworten,
       bekommt die Option zum Ausschalten.
       
       Womöglich wird so der ein oder andere von seiner Hybris, sicher Autofahren
       zu können, befreit. Und ist nicht ab und an auch ein Bundestrainer-Job
       frei?
       
       4 Jul 2025
       
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