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       # taz.de -- Doku über Gazakrieg: BBC in der Kritik
       
       > Die BBC zog im Februar eine Doku über den Gazakrieg zurück, weil der
       > Erzähler Hamas-Verbindungen hat. Jetzt bestätigt das eine Untersuchung.
       
   IMG Bild: Die alt ehrwürdige BBC hat eine Fehler gemacht, nun bestätigterweise, und erntet dafür verdient Kritik
       
       London taz | Eine BBC-Dokumentation über das Leben während des Krieges in
       Gaza aus Kindersicht hatte ein falsches und unangemessenes Konzept. So
       lautet das am Montag veröffentlichte Urteil einer ausgiebigen Untersuchung
       der unabhängigen [1][Prüfstelle der BBC] über die im Februar zurückgezogene
       Dokumentation „Gaza: How to Survive a Warzone.“
       
       Der BBC-Chefintendant Tim Davie entschuldigte sich und sprach von der
       Identifizierung signifikanter Genauigkeitsfehler. Der Grund der Misere war,
       dass der Erzähler der Geschichte, der damals 13-jährige Sohn des
       stellvertretenden Hamas-Agrarministers Ayman Alyazouri war.
       
       Dies wurde der BBC von der Produktionsfirma Hoyo Films nicht mitgeteilt.
       Hoyo habe angenommen, dass die Stelle seines Vaters zivil oder
       technokratisch gewesen sei und er aufgrund des Krieges nicht arbeite. Hoyo
       hätte damit zwar einen Fehler begangen, doch dies nicht absichtlich getan,
       so urteilte die Untersuchung.
       
       [2][BBC-Angestellte] hätten sich jedoch mit fehlenden Antworten und
       unzureichenden Hintergründen zufrieden gegeben und seien bei mindestens
       fünf Gelegenheiten nicht ausreichend „proaktiv“, gewesen. Dies hätte dazu
       geführt, dass die BBC ihren Richtlinien nicht nachkam und
       Zuschauer:innen fehlinformierte.
       
       ## Geschenkkarte für ein Computerspiel
       
       Dass Drittpersonen, insbesondere der Vater des Jungen, den Film beeinflusst
       hätten, konnte die Prüfstelle nicht bestätigen. Andererseits seien 1.000
       US-Dollar an die Schwester des Jungens bezahlt worden.
       
       Er hätte auch ein gebrauchtes Handy und eine Geschenkkarte für ein
       Computerspiel erhalten. Insgesamt wäre so ein Wert von 2.100 Euro an den
       Jungen geflossen. Obwohl das haarscharf an der Trennlinie steht, keine
       Gelder an terroristisch eingestufte Personen zu zahlen, sagte der die
       Untersuchung führende Direktor der BBC-Beschwerdestelle Peter Johnston, es
       sei eine akzeptable Bezahlung gewesen. Tim Davie versicherte, man werde
       faire und angemessene Schritte vornehmen.
       
       Einer davon ist ein neuer Direktorposten für Dokumentationen und
       Nachrichten. Zudem sollen striktere Prüfungen unternommen werden, ob und
       wer in Konfliktzonen das Narrativ bestimmen darf. Es müssten von Anfang an
       rigorose Backgroundchecks auch in den sozialen Medien durchgeführt werden.
       
       ## Probleme mit der Übersetzung
       
       Da es auch Probleme mit der Übersetzung aus dem Arabischen gab, ist da noch
       ein wichtiger Nebenaspekt: Wenn Personen für israelisch oder die
       israelischen Streitkräfte die Worte Jude oder Jüdinnen verwenden, ist das
       ein mögliches Indiz von Meinungen gegen Juden. Doch bei Übersetzungen darf
       nicht nachgebessert werden, und wenn, dann nur von Vorgesetzten in der BBC.
       
       Kritiker:innen fehlen disziplinäre Schritte, die Lobbygruppe Campaign
       against Antisemitism fordert sogar den Rücktritt Davies, nicht zuletzt
       wegen der Ansammlung von Problemen, etwa bei Aussagen von BBC-Angestellten
       nach dem 7. Oktober, darunter Fußballmoderator Garry Lineker oder die
       Affäre mit der Band Bob Vylan in Glastonbury.
       
       Die BBC musste übrigens eine weitere Dokumentation über Gaza aus dem
       Programm nehmen. Darüber hinaus [3][musste sich] die BBC für das Benehmen
       des ehemaligen Fernsehkochs Gregg Wallace entschuldigen, der unter anderem
       Frauen belästigt hatte.
       
       Die Geschäftsführerin BBC News und Nachrichten, Deborah Turness,
       widersprach Rücktrittsforderungen. Man verstünde, was falsch gelaufen sei
       und würde Maßnahmen zur Lösung einleiten. Zudem hätte man sich
       entschuldigt.
       
       Ofcom, die staatliche Behörde für die Einhaltung von Standards von
       britischen TV und Rundfunk, hat nun eine Überprüfung zur Frage der
       Irreführung der Öffentlichkeit gestartet. Das könnte Bußgelder nach sich
       ziehen.
       
       15 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
       
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