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       # taz.de -- Indigene verlieren vor Gericht: Australien schmettert Klimaklage ab
       
       > Der Staat muss die Bewohner der Torres-Strait-Inseln nicht gegen die
       > Folgen der Erderhitzung schützen. Das geht aus einem Urteil hervor.
       
   IMG Bild: Einmal mehr hat Australien bewiesen das es kein wirkliches Interesse am Schutz von indigenen Ethnien und Kulturen hat
       
       Canberra taz | Pabai Pabai, einer der traditionellen Eigentümer der Insel
       Sabai in der australischen Meerenge Torres-Strait, trifft das Urteil des
       Bundesgerichtshofs in der nordostaustralischen Stadt Cairns hart: „Mein
       Herz ist gebrochen für meine Familien und meine Gemeinschaft.“ Die Insel
       Sabai liegt in Sichtweite des Nachbarlandes Papua-Neuguinea. Acht Bewohner
       hatten argumentiert, dass die „Untätigkeit der australischen Regierung im
       [1][Kampf gegen den Klimawandel]“ ihre grundlegenden Menschenrechte
       verletze – das Recht auf Leben, Kultur und Heimat. Doch sie haben vor
       Gericht verloren.
       
       Von den 274 Inseln im äußersten Norden Australiens sind 17 dauerhaft
       bewohnt. Alle sind durch den steigenden Meeresspiegel, häufigere
       Sturmfluten und Küstenerosion akut bedroht. Gebäude, Friedhöfe und
       kulturell bedeutende Stätten werden durch das Meer beschädigt oder
       zerstört. Vegetation stirbt als Folge des überflutenden Salzwassers ab.
       
       Die Kläger stützten ihre Argumentation auf nationale sowie internationale
       Menschenrechtsverpflichtungen – insbesondere auf die Aufgabe der Regierung,
       indigene Gemeinschaften vor den Folgen des Klimawandels zu schützen. Dabei
       verwiesen sie auf Erkenntnisse des UN-Menschenrechtsausschusses, der
       festgestellt hatte, dass Australien nicht genug getan habe, um die Rechte
       der Torres-Strait-Insulaner zu wahren. Das Gericht erkannte zwar die
       Verletzlichkeit der Region an. Es lehnte die Klage jedoch mit der
       Begründung ab, dass keine ausreichende rechtliche Grundlage bestehe, um
       konkrete staatliche Maßnahmen durchzusetzen. Das Fazit des Richters:
       Klimaschutz durchzusetzen sei Kernpolitik von Regierung und Parlament,
       nicht der Gerichte.
       
       Für die Kläger ist das Urteil ein schwerer Schlag. „Unsere Kultur, unsere
       Identität und unsere Zukunft stehen auf dem Spiel“, sagte Yessie Mosby,
       einer der Hauptkläger. „Wir haben das Gericht nicht nur um Gerechtigkeit
       für uns gebeten – sondern für alle künftigen Generationen.“ 2023 hatte
       Mosby im Gespräch mit der taz erklärt: „Der Klimawandel wirkt sich jeden
       Tag auf unsere Lebensweise aus.“
       
       ## Weltweit ähnliche Klagen
       
       Beobachter bewerten das Urteil als Rückschritt, jedoch nicht als endgültige
       Niederlage. „Diese Klage war ein Teil eines größeren globalen Trends:
       Menschen suchen zunehmend juristische Wege, um Klimagerechtigkeit
       einzufordern“, sagte Helen Warner, Expertin für Umweltrecht an der
       University of Sydney Medienvertretern.
       
       [2][Tatsächlich wächst weltweit die Zahl ähnlicher Verfahren.] In den
       Niederlanden und Deutschland haben Gerichte entschieden, dass Staaten ihre
       Klimaziele verschärfen müssen, um Menschenrechte zu schützen. Die
       Torres-Strait-Klage fügt sich somit in eine globale Bewegung ein. Zugleich
       lenkt der Fall den Blick auf eine tiefere Problematik: Die Diskrepanz
       zwischen internationalem Menschenrecht und nationalem Umweltrecht.
       
       Während internationale Gremien menschenrechtliche Verpflichtungen betonen,
       fehlen oft die Mechanismen, um diese rechtlich durchzusetzen. Die Kläger
       kündigten an, mögliche weitere juristische Schritte zu prüfen, auch vor
       internationalen Gerichten. Zudem fordern sie verstärkte Unterstützung. Dazu
       gehören der Bau von Schutzwällen und langfristige Maßnahmen zur kulturellen
       Bewahrung.
       
       Die australische Regierung steht zunehmend unter Druck, ihre Klimaziele an
       den Pariser Verpflichtungen auszurichten und die Bedürfnisse indigener
       Gemeinschaften stärker zu berücksichtigen. [3][Die sozialdemokratische
       Regierung von Premierminister Anthony Albanese] besteht aber darauf, den
       Abbau klimaschädigender Kohle und Erdgas weiter zu fördern. Australien ist
       der weltweit drittgrößte Kohleexporteur.
       
       15 Jul 2025
       
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