URI: 
       # taz.de -- Bundesverfassungsgerichtsurteil: Keine deutsche Schutzpflicht gegen US-Drohnen
       
       > Die USA steuern US-Drohnenangriffe via Ramstein – und die Bundesregierung
       > schaut tatenlos zu. Das Bundesverfassungsgericht will daran nichts
       > ändern.
       
   IMG Bild: Die Drohnen der US-Airbase Ramstein: Jemeniten, die Angst hatten, durch US-Drohnen zu sterben, hatten Deutschland verklagt
       
       Karlsruhe taz | Die Bundesregierung muss nicht verhindern, dass die USA
       ihre Basis im rheinland-pfälzischen Ramstein für tödliche Drohnenangriffe
       im Jemen nutzen. Das Bundesverfassungsgericht lehnte an diesem Dienstag die
       entsprechende Klage von zwei Jemeniten ab. In seinem Grundsatzurteil
       bejahte das Gericht dennoch einen gewissen „Schutzauftrag“ Deutschlands für
       die Einhaltung des Völkerrechts gegenüber Ausländern im Ausland.
       
       Geklagt hatten zwei Jemeniten, deren Verwandte 2012 bei einem
       US-Drohnenangriff im Jemen starben. Der Drohnenangriff galt eigentlich
       Al-Qaida-Kämpfern, nicht den Verwandten, die nur im gleichen Café saßen.
       US-Drohnenangriffe auf Ziele im Jemen werden aus den USA gesteuert. Wegen
       der Erdkrümmung müssen die Signale aber [1][über eine Relaistation] auf der
       [2][US-Airbase Ramstein] geleitet werden.
       
       Die Jemeniten, die Angst hatten, ebenfalls durch US-Drohnen zu sterben,
       verklagten nun Deutschland. Die Bundesregierung solle auf die USA
       einwirken, solche aus ihrer Sicht völkerrechtswidrigen Drohnenangriffe zu
       unterlassen und notfalls die Basis Ramstein schließen. Die [3][deutschen
       Verwaltungsgerichte] entschieden unterschiedlich, [4][lehnten die Klage
       letztlich aber ab].
       
       Das Bundesverfassungsgericht entschied nun immerhin, dass Deutschland einen
       „allgemeinen Schutzauftrag“ hat, die grundlegenden Menschenrechte „auch
       gegenüber Ausländern im Ausland zu wahren“, wie Doris König, die bald
       ausscheidende Gerichtsvizepräsidentin, sagte. Dies folge aus der
       Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes.
       
       ## „Bündnisfähigkeit“ Deutschlands müsse gesichert bleiben
       
       Der vage Schutzauftrag werde unter zwei Bedingungen sogar zu einer
       Handlungspflicht („Schutzpflicht“). Erste Bedingung: die Gefahrenlage muss
       einen ausreichenden Bezug zur deutschen Staatsgewalt haben. Hier ging es um
       die Frage, ob die bloße Datenweiterleitung über eine US-Airbase in
       Deutschland schon genügt. Die Richter waren sich hier nicht einig und
       ließen die Frage offen.
       
       Die Klage der Jemeniten scheiterte nämlich schon daran, dass die zweite
       Bedingung nicht erfüllt war. Danach hätte die „ernsthafte Gefahr“ bestehen
       müssen, dass die USA lebensschützende Regeln des Völkerrechts bei den
       Drohnenangriffen „systematisch verletzen“. Die Bundesregierung hatte eine
       solche Gefahr bestritten und bekam jetzt Recht.
       
       So stellten die Verfassungsrichter fest, dass für die Beurteilung einer
       derartigen Gefahr die Beurteilung der Bundesregierung „maßgeblich“ ist,
       soweit sie im Rahmen des Vertretbaren bleibt. Damit soll die
       „Bündnisfähigkeit“ Deutschlands gesichert bleiben. Die Bundesregierung muss
       also nicht ständig das Verhalten der Nato-Verbündeten überwachen, sondern
       nur näher hinschauen, wenn es konkrete Indizien für (drohende)
       systematische Völkerrechtsverletzungen gibt.
       
       Solche Indizien können laut Bundesverfassungsgericht insbesondere
       entsprechende Feststellungen internationaler Gerichte, von UN-Stellen oder
       des Internationalen Roten Kreuz sein. Nach Karlsruher Darstellung gibt es
       jedoch keine ausreichenden internationalen Feststellungen, dass der
       US-Drohnenkrieg systematisch Völkerrecht verletzt. Das
       Bundesverfassungsgericht verneinte daher schon eine deutsche Schutzpflicht
       gegenüber den Jemeniten.
       
       Auf die Frage, was aus einer Schutzpflicht dann folgen würde, kam es
       deshalb nicht mehr an. Würde eine ernste Ermahnung gegenüber der
       US-Regierung genügen? Oder müsste mit der Schließung von Ramstein gedroht
       werden?
       
       Aus Sicht der Verfassungsrichter:innen war die Klage der Jemeniten
       zumindest nützlich, um einige Rechtsfragen zu klären. Der Staat muss daher
       die Hälfte ihrer Kosten übernehmen. ([5][Az.: 2 BvR 508/21])
       
       15 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kommentar-Drohnenkrieg/!5044844
   DIR [2] /Donald-Trump-will-US-Truppen-abziehen/!5693897
   DIR [3] /Kolumne-Macht/!5579592
   DIR [4] /Drohneneinsaetze-der-US-Armee/!5731668
   DIR [5] https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2025/bvg25-059.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
       ## TAGS
       
   DIR Jemen
   DIR USA
   DIR US-Drohnen
   DIR Bundesverfassungsgericht
   DIR Völkerrecht
   DIR Mörder
   DIR Drohnenangriffe
   DIR Neue Bundesregierung
   DIR Jemen
   DIR Bundesverfassungsgericht
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Ramstein-Urteil des BVerfGs: Rechtsstaat im Auslandseinsatz
       
       Das Karlsruher Urteil hält fest, dass deutsche Grundrechte auch staatliche
       Schutzpflichten im Ausland auslösen können. Es wird neue Diskussionen
       auslösen.
       
   DIR Völkerrecht und Demokratie: Gefährliche Gretchenfrage
       
       Wer die Demokratie schützen will, muss das Völkerrecht wahren. Dieser
       Grundgedanke wird hierzulande nicht konsequent genug verfolgt.
       
   DIR Huthi-Angriffe vor Jemens Küste: Rotes Meer in Flammen
       
       Erneut greift die Miliz Frachtschiffe an. Israel bombt zurück – und trifft
       die 2023 von den Huthis gekaperte und zur Radarplattform umgebaute „Galaxy
       Leader“.
       
   DIR Klage von Jemeniten: Der Tod kam via Ramstein
       
       Das Bundesverfassungsgericht prüft die internationale Verantwortung
       Deutschlands für US-Drohnen-Angriffe. Ein Urteil ist in einigen Monaten zu
       erwarten.