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       # taz.de -- „Boomer-Soli“: Gib die Renten-Kohle her, Boomer!
       
       > Das DIW-Institut schlägt vor, einen „Boomer-Soli“ zu erheben, der
       > wohlhabende Alte zur Kasse bittet. Aber wer ist bereit zu teilen?
       
   IMG Bild: Bling bling für alle im Alter: Boomer-Soli soll umverteilen
       
       Ein „Boomer-Soli“, den nur die reichen Alten zahlen, soll helfen, die
       Probleme der Rentenkasse zu lösen, ohne dass die jüngeren Generationen
       stärker belastet werden. Schluss mit dem nervigen Gezanke zwischen Jungen
       und Alten, wer denn nun am meisten draufzahlt in der Rentenfrage oder wer
       mit einem fetten Ruhegeld in einem viel zu langen Leben den andern auf der
       Tasche liegt. Die Umverteilungsfrage zwischen Arm und Reich hat die
       Altendebatte erreicht, jedenfalls im neuesten [1][Wochenbericht] des
       Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).
       
       Ein Forscherteam schlägt dort eine Sonderabgabe von 10 Prozent auf alle
       Alterseinkünfte vor, den „Boomer-Soli“ eben. Es gibt einen Freibetrag von
       monatlich 1.000 Euro pro Person. Ansonsten wird die Abgabe auf Renten,
       Pensionen, Betriebs- und private Renten und – je nach Szenario – auch auf
       Kapitaleinkünfte erhoben. Der Soli, der nur von Menschen über 65 Jahren
       gezahlt wird, soll nicht etwa in den allgemeinen Bundeshaushalt, sondern
       in ein – ja, genau! – „Sondervermögen“ fließen. Das soll „für die
       Umverteilung der Alterseinkünfte geschaffen und nur für deren Zweck
       verwendet werden“, heißt es mahnend in der Studie.Aus dem „Sondervermögen“
       werden dann die Einkommen von Menschen mit niedrigen Alterseinkünften
       „aufgestockt“, erklärte Stefan Bach, DIW-Verteilungsexperte und Mitautor
       der Studie, im Gespräch mit der taz.
       
       Laut Grafik der Studie ergibt sich beim „Boomer-Soli“ unter
       Berücksichtigung von Kapitaleinkünften für das wohlhabendste Fünftel der
       Ruheständler:innen eine monatliche Abgabe von 4 Prozent der
       Alterseinkünfte. Das zweitwohlhabendste Fünftel muss auf 2,5 Prozent an
       Einkünften im Monat verzichten.
       
       Dafür aber profitieren die Finanzschwachen: Das ärmste Fünftel hat 11
       Prozent mehr an Einkommen im Monat, das zweitärmste Fünftel 2,9 Prozent
       mehr. Jüngere könnten aufatmen: Endlich lösen die Babyboomer ihre
       Verteilungsfrage selbst, sozusagen unter sich! Sind ja schließlich selbst
       schuld, wenn sie zu wenig Nachwuchs in die Welt gesetzt haben, der ihre
       Rente finanziert. Und gerecht ist es nur, wenn Reiche ein bisschen was
       abgeben. Schließlich leben sie länger als die Armen, verzehren also mehr
       Rente oder Pension.
       
       ## Ungleichheit nimmt zu
       
       Die Frage ist nur, was die Alten davon halten. Es stimmt, dass die
       Ungleichheit innerhalb der alten Generation eklatant ist und [2][zugenommen
       hat], das sagte auch der Neunte Altersbericht. Wer eine löchrige
       Erwerbsbiografie mit diversen Teilzeit- oder Honorarjobs hinter sich hat,
       vielleicht noch eine Scheidung erlebte, eine Krankheit, keine Erb:in ist,
       eine Bleibe mit steigender Miete bewohnt, der oder die ist arm mit Ende 60.
       Viele kennen wahrscheinlich ehemalige Schulfreund:innen, die eine eigene
       Immobilie bewohnen, sich Erlebnisreisen leisten können und
       Premium-Fitness-Abos, sich womöglich an einer hohen Beamtenpension erfreuen
       und den Kindern was hinterlassen können. Alte Freundschaften können an
       solchen Unterschieden zerbrechen. Ein bisschen Umverteilung ist also
       durchaus angebracht.
       
       Allerdings empfindet sich der oder die Babyboomer:in gerne als eine
       bedrohte Spezies, egal wie stabil die höhere Mittelschichtexistenz ist.
       Also stellt sich die Frage: Wen betrifft das überhaupt? Ab Alterseinkünften
       von netto 1.300 Euro im Monat pro Person werde der Boomer-Soli erhoben,
       sagt Bach. Doch mit 1.300 Euro ist noch niemand reich.
       
       Konkrete Einkommensgrenzen zu den Fünfteln, den Quintilen, liefert das
       DIW-Papier zwar nicht. Aber es gibt den Alterssicherungsbericht. Laut
       diesem [3][B][4][ericht von 2024] hat das reichste Fünftel in einem
       Paarhaushalt in den alten Ländern im Rentenalter ein durchschnittliches
       Nettoeinkommen von 7.000 Euro im Monat. Das ärmste Fünftel dagegen hat als
       Paar im Westen im Schnitt nur 1.640 Euro im Monat zur Verfügung.
       
       Ein großer Teil der ängstlichen älteren Mittelschicht dürfte sich also im
       reichsten und zweitreichsten Fünftel befinden, aber selbst womöglich
       keinesfalls der Meinung sein, dass man besonders reich ist und mit 5.000
       Euro netto im Monat zu zweit noch groß was abgeben kann. Schließlich muss
       man Geld zurücklegen für die Pflege, für selbst bezahlte Arztbesuche, für
       Zahnimplantate, und man will ja auch den Kindern was hinterlassen. Und
       diese Frage ist das Stoppschild für jede Verteilungsdebatte zwischen Arm
       und Reich unter den Alten: Wer von ihnen gibt überhaupt noch was ab?
       
       16 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.diw.de/de/diw_01.c.967855.de/publikationen/wochenberichte/2025_29_2/boomer-soli_wuerde_helfen__demografische_herausforderung_im_rentensystem_zu_bewaeltigen__interview.html
   DIR [2] /Einkommen-im-Alter/!6057244
   DIR [3] https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Rente/alterssicherungsbericht-2024.pdf?__blob=publicationFile
   DIR [4] https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Rente/alterssicherungsbericht-2024.pdf?__blob=publicationFile
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Dribbusch
       
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