# taz.de -- Einstellung der Epstein-Ermittlungen: Deep State Donald Trump
> Jahrelang schürte Donald Trump Verschwörungsmythen über Jeffrey Epstein,
> nun wird er selbst Opfer davon. Doch die Schadenfreude hält sich in
> Grenzen.
IMG Bild: Ziemlich beste Freunde: Trump und Epstein auf einem Demoplakat im Juni in Texas
Die Revolution frisst bekanntlich ihre Kinder – das lernt diese Woche
Donald Trump aus erster Hand. Seit Jahren facht der US-Präsident etliche
Verschwörungserzählungen unter seinen Anhängerinnen und Anhängern an, um
daraus politisches Kapital zu schlagen. So viele, dass sie [1][in einem
eigenen Wikipedia-Eintrag] aufgelistet werden, der von der vermeintlich
nicht-US-amerikanischen Staatsbürgerschaft Barack Obamas bis hin zu
gefährlichen Internetobsessionen wie [2][QAnon] und [3][Pizzagate] reicht.
Es ist aber der unstillbare Durst der MAGA-Bewegung um Trump nach Antworten
zum Fall Jeffrey Epstein, der ihm nun selbst zum Verhängnis wird.
Der Investmentbanker und verurteilte Sexualstraftäter Epstein soll
Minderjährige und junge Frauen über Jahre hinweg missbraucht haben. Er
wurde 2019 in einer New Yorker Haftzelle tot aufgefunden, bevor er sich vor
Gericht wegen Sexhandel hätte verantworten müssen. Eine Untersuchung ergab,
dass er sich das Leben genommen hatte.
Seitdem grassieren im Internet diverse Verschwörungserzählungen, die
behaupten: Epstein sei in Wirklichkeit ermordet worden, um seine mächtigen
Freunde zu schützen. Gerüchte über eine „Klientenliste“ Epsteins mit den
Namen etlicher Promis und Politiker, die auf seiner Privatinsel Sex mit
Minderjährigen gehabt haben sollen und die er deshalb erpresst haben soll,
gehen viral.
Dieses Narrativ knüpft an Pizzagate und QAnon an, deren Anhängerinnen und
Anhänger behaupten: Pädophile Eliten, oft jüdisch konnotiert, missbrauchen
Kinder in satanischen Ritualen.
## Das Spiel mit dem Feuer
Doch bei Epstein liegt der eigentliche Skandal darin, dass sein Leben kein
Geheimnis war: Sein VIP-Status machte den systemischen Missbrauch junger
Frauen erst möglich. Er agierte nicht im Verborgenen, sondern seine vielen
Kontakte, selbst nach seiner Verurteilung 2008, sind seit Langem öffentlich
bekannt.
Trump spielte mit Feuer, als er diese Verschwörungserzählungen dennoch
schürte. Er versprach seiner Wählerschaft jahrelang das, was sie hören
wollten, was er aber niemals hätte liefern können: den schlagenden Beweis
für eine Fiktion. Auch nach seinem Wiedereinzug ins Weiße Haus spielte
seine Administration weiter mit. [4][Im Februar behauptete Pam Bondi] –
Trumps Justizministerin – in einem Interview mit Fox News, dass die
angebliche Klientenliste auf ihrem Schreibtisch läge.
Nun wird Trump, [5][der Epstein persönlich kannte], durch sein eigenes
Spiel verbrannt. Vergangene Woche veröffentlichte sein Justizministerium
zusammen mit dem FBI nach einer „umfassenden Überprüfung“ der Dokumente im
Fall Epstein [6][ein zweiseitiges Memo], in dem es heißt: Es gibt weder
Beweise für eine „Klientenliste“ noch dafür, dass Epstein ermordet wurde.
Case closed, sagt die Behörde.
Die MAGA-Bewegung ist empört und wittert eine Vertuschung. Große Teile von
Trumps Basis glauben weiterhin: Die USA wird heimlich von pädophilen Eliten
regiert, die zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Einige sagen: Trump
ist selbst zum Teil jenes „Deep State“ geworden, den er eigentlich
bekämpfen wollte. Zum Chor der Kritiker gehören einflussreichen Figuren
wie Steve Bannon, Tucker Carlson, Alex Jones und Marjorie Taylor Greene.
Auch Elon Musk, bis neulich noch Trump-Vertrauter, hat sich auf seiner
Social-Media-Plattform X mehrfach kritisch zum Memo des Justizministeriums
geäußert. Er teilte etwa einen Beitrag, in dem es heißt: „Wenn die gesamte
Regierung Pädophile schützt, ist sie offiziell zu einer Regierung gegen das
Volk geworden.“ Musk hat auch behauptet, dass Trump in den Epstein-Akten
selbst vorkomme und sie deshalb nicht veröffentliche.
## Der giftige Geist
Trump lernt nun auf die harte Tour, dass es wesentlich leichter ist,
Verschwörungserzählungen zu streuen, als sie zu entkräften. Den giftigen
Geist, den Trump allzu gerne für seine zynischen politischen Zwecke aus der
Flasche herausgelassen hat, bekommt er nicht so einfach wieder rein. Denn
Fakten spielen bei Verschwörungserzählungen nahezu keine Rolle: Es regiert
die Macht der Emotionen.
Nun gibt Trump der demokratischen Partei dafür die Schuld. Die Entrüstung
über die Einstellung der Ermittlungen zu Epstein? Ein „Scam“ und „Bullshit“
der Demokraten, so Trump in einem Beitrag auf seiner Plattform Truth
Social. Und seine einstigen Fans, die sich desillusioniert von ihm
abwenden? „Schwächlinge“, sagt der Präsident.
Man ist geneigt, einen Moment der Schadenfreude zu genießen. Denn die
aktuelle MAGA-Revolte wirkt wie die Zersplitterung der rechtsradikalen
Bewegung, die Trump zweimal ins Amt gehievt hat. Doch die treibende Kraft
dahinter ist ein radikalisiertes Verschwörungsdenken, auf Paranoia gebaut,
das die Fundamente der US-amerikanischen Demokratie gefährdet.
Trump offenbart damit, dass er seine eigene Bewegung weder versteht noch im
Griff hat. Nicht nur er wird den Preis dafür zahlen.
17 Jul 2025
## LINKS
DIR [1] https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_conspiracy_theories_promoted_by_Donald_Trump
DIR [2] /QAnon-Bewegung-in-der-Pandemie/!5792201
DIR [3] /Verschwoerungstheorie-ueber-Clinton/!5364337
DIR [4] https://www.foxnews.com/politics/bondi-says-epstein-client-list-sitting-my-desk-right-now-reviewing-jfk-mlk-files
DIR [5] /Epstein-Skandal-und-Trump/!6042650
DIR [6] https://www.justice.gov/opa/media/1407001/dl?inline
## AUTOREN
DIR Nicholas Potter
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