URI: 
       # taz.de -- EU-Kommission: Nicht mal ihr eigenes Team steht hinter von der Leyen
       
       > Es hagelt Kritik am Plan der EU-Präsidentin, das EU-Budget auf zwei
       > Billionen Euro zu erhöhen und die Macht zur Kommission zu verschieben.
       
   IMG Bild: Die Erhöhung des EU-Budgets bedeute eine Verschiebung der Macht zugunsten der Kommission und des Rats, lautet einer der Vorwürfe
       
       Brüssel taz | Größer, besser und moderner soll das neue EU-Budget für die
       Jahre 2028–34 werden, sagt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
       Mit zwei Billionen Euro, verteilt auf sieben Jahre, will sie Europa
       wettbewerbsfähiger, sicherer und auch ein bisschen grüner machen. Ein
       „Haushalt für eine neue Ära“ sei das, warb die CDU-Politikerin.
       
       Doch der Plan, den von der Leyen nach fieberhaften Beratungen in Brüssel
       vorlegt hat, stellt keinen zufrieden, nicht einmal ihr eigenes Team. Zu
       teuer, zu zentralistisch und im Kern undemokratisch, heißen die Vorwürfe.
       Mehrere EU-Kommissare leisteten bis zuletzt Widerstand, das Europaparlament
       fühlt sich übergangen.
       
       Der Entwurf sei „ein Versuch, das Gleichgewicht der Institutionen zugunsten
       der Kommission und des Rats zu verschieben“, kritisiert Monika Hohlmeier
       (CSU), die stellvertretende Vorsitzende des Haushaltsausschusses. Es sei
       nicht hinnehmbar, „dass große Teile des Haushalts ohne Beteiligung des
       Parlaments verändert werden können“.
       
       Tatsächlich versucht von der Leyen, die festgefügte Struktur des EU-Budgets
       zu lockern, um künftig besser auf Krisen wie die Coronapandemie oder den
       Ukrainekrieg reagieren zu können. Außerdem will sie die Auszahlung der
       Gelder mehr als bisher an Reformen binden. Die Kontrolle läge bei der
       EU-Kommission, also letztlich bei ihr.
       
       Zwar gibt es auch noch einen Haushaltskommissar. Doch Piotr Serafin hat,
       genau wie die meisten anderen Kommissare, nicht viel zu melden. Von der
       Leyen hat die Macht in ihren Händen konzentriert, alle wichtigen
       Entscheidungen gehen über den Tisch von Kabinettchef Björn Seibert, einem
       alten Vertrauten aus Hannoveraner Zeiten.
       
       ## Ein harter Machtkampf
       
       „Ursula von der Leyen verfolgt mit ihrem Vorschlag einen klaren
       Machtanspruch“, kritisiert Jens Geier, haushaltspolitischer Sprecher der
       Europa-SPD: „Sie will die volle Kontrolle über [1][die Ausgabenstruktur der
       EU] an sich ziehen.“ Das sei mit den Sozialdemokraten nicht zu machen. Da
       bahnt sich ein harter Machtkampf an.
       
       Gegenwind und eine Ankündigung kommen auch aus Berlin. Die geplante
       Erhöhung sei „nicht vermittelbar in Zeiten, in denen alle Mitgliedsstaaten
       erhebliche Anstrengungen zur Konsolidierung der nationalen Haushalte
       unternehmen“, erklärte Regierungssprecher Stefan Kornelius: „Daher werden
       wir den Vorschlag der Kommission nicht akzeptieren können.“
       
       Rund 800 Milliarden Euro mehr als bisher umfasst der „Mehrjährige
       Finanzrahmen“ (MFR), wie das EU-Budget im Brüsseler Jargon heißt. Das sieht
       nach deutlich mehr Geld aus, ist aber gar nicht so viel, wenn man bedenkt,
       dass es neben dem EU-Budget derzeit auch noch den Corona-Aufbaufonds gibt,
       der rund 800 Milliarden umfasst.
       
       Dieser Nebenhaushalt fällt bald weg. Zudem müssen ab 2028 auch noch die
       Coronaschulden zurückgezahlt werden, was den Haushalt mit jährlich 20 bis
       30 Milliarden belasten dürfte. Berücksichtigt man noch die Inflation, so
       fällt der „Aufwuchs“ gar nicht mehr so hoch aus – von 1,1 Prozent des
       Bruttoinlandsprodukts steigt das Budget auf 1,26 Prozent.
       
       Das sind Peanuts im Vergleich zu den 5 Prozent, die die Nato-Länder künftig
       für Aufrüstung und militärische Infrastruktur ausgeben sollen. Dieses Geld
       wird zwar von den Staaten ausgegeben und verwaltet, nicht von der Nato.
       Dennoch ist es erstaunlich, dass die EU-Länder mehr für die US-geführte
       Militärallianz tun als für ihre Union.
       
       Bemerkenswert ist auch, dass die EU künftig [2][131 Milliarden Euro für
       Verteidigung und Raumfahrt] ausgeben will – „fünfmal so viel wie bisher“,
       betont von der Leyen. Dabei ist die EU-Kommission gar nicht für die
       Verteidigung zuständig, das ist eine nationale Aufgabe. Bis 2024 gab es
       nicht einmal einen Verteidigungskommissar.
       
       ## 100 Milliarden Euro für die Ukraine
       
       Als Andrius Kubilius im Dezember seine Arbeit in Brüssel aufnahm, musste
       die Kommission mühselig ein paar Milliarden Euro aus der EU-Kasse
       zusammenkratzen. Nun ist er einer der großen Gewinner der Budgetreform,
       zusammen mit Erweiterungskommissarin Marta Kos. Sie wird künftig über 100
       Milliarden Euro allein für die Ukraine verfügen.
       
       Dass von der Leyen so viel Geld für Aufrüstung und Verteidigung ausgibt,
       gefällt nicht allen in Brüssel. „Die Militärausgaben werden mehr als
       verzehnfacht, während bei Sozialem, der Demokratie, dem Klimaschutz massiv
       gekürzt werden soll“, klagt Martin Schirdewan, Ko-Fraktionschef der Linken.
       Kritik kommt auch von seinem früheren Genossen Fabio De Masi, heute beim
       BSW.
       
       „Frau von der Leyen will den EU-Haushalt um 700 Milliarden erhöhen, um
       massiv aufzurüsten“, so De Masi. „Gleichzeitig knirscht und kracht es in
       den EU-Mitgliedsstaaten, da die Fiskalregeln zur Verlotterung der zivilen
       Infrastruktur führen und die Wirtschaftsmisere vertiefen.“
       
       ## Zustimmung von den Grünen
       
       Zustimmung signalisiert dagegen Hannah Neumann von den Grünen. Sie freut
       sich über „mehr Geld für Verteidigung, Außenpolitik und unsere Freunde in
       der Ukraine“. Dass es auch 17 Milliarden Euro für „militärische Mobilität“,
       also Panzerstraßen oder Pontonbrücken, und andere Militärprogramme geben
       soll, zeuge von „willkommenem Ehrgeiz“.
       
       Allerdings seien noch viele Details zu klären, bevor [3][das Parlament über
       das EU-Budget abstimmt], so Neumann. Auch die EU-Staaten müssen noch
       zustimmen – in Brüssel stellt man sich auf eine lange und harte
       Budgetschlacht ein.
       
       17 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Langfristige-Finanzplanung-der-EU/!6101017
   DIR [2] /EU-plant-Rekordhaushalt/!6101147
   DIR [3] /Haushaltsentwurf-der-EU-Kommission/!6098256
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
       ## TAGS
       
   DIR Europäische Union
   DIR Europäische Kommission
   DIR Ursula von der Leyen
   DIR Brüssel
   DIR EU-Haushalt
   DIR Ursula von der Leyen
   DIR EU-Haushalt
   DIR EU
   DIR Schwerpunkt USA unter Trump
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Gescheiterte Abwahl von der Leyens: Mit vdL in die Krise
       
       Die EU-Kommissionspräsidentin bleibt unangefochten. Mitte-Links fehlt
       tragischerweise der Mut, sie endlich zu stürzen.
       
   DIR EU plant Rekordhaushalt: Zwei Billionen Euro, die die Mitgliedstaaten spalten
       
       Von der Leyen will den ehrgeizigsten EU-Haushalt aller Zeiten. Deutschland
       lehnt ab: „Nicht vermittelbar“. 100 Milliarden sind für die Ukraine
       eingeplant.
       
   DIR Haushaltsentwurf der EU-Kommission: Budgetschlacht in Brüssel beginnt
       
       Der neue Sieben-Jahres-Haushalt der EU soll auf 2 Billionen Euro wachsen.
       Dreimal soviel Geld soll für Migration und Grenzschutz ausgegeben werden.
       
   DIR Aufrüstungsdebatte: Sicherheit von links gedacht
       
       Gegen die imperiale Bedrohung durch Russland und andere Gefahren braucht es
       realpolitische Antworten. Ohne dabei die Vision einer Welt ohne Krieg aus
       dem Auge zu verlieren.