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       # taz.de -- Politikerwechsel Berlin-Brandenburg: Eine Art Vorauskommando?
       
       > Franziska Giffeys Staatssekretär und langjähriger Vertrauter Severin
       > Fischer will Oberbürgermeister von Potsdam werden. Das lässt aufhorchen.
       
   IMG Bild: Einst „Bridge of Spies“, heute idyllische Verbindung zwischen Berlin und Brandenburg – auch für Politiker: Die Glienicker Brücke
       
       Berlin/Potsdam taz | Keine Wechsel aus der Berliner Landespolitik ins
       Brandenburgische? Von wegen. So abstrus die kolportierte Idee erst einmal
       wirkt, [1][dass Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) in Potsdam
       ihren Parteifreund Dietmar Woidke als Ministerpräsident ablösen könnte], so
       real ist ein anderer Wechselwunsch dorthin. Denn der Berliner Severin
       Fischer will dort Oberbürgermeister werden.
       
       Die Potsdamer müssen neu wählen, weil der bisherige OB – Fischers
       SPD-Parteikollege Mike Schubert – nach einem Bürgerentscheid sein Amt
       aufgeben musste. Am Wochenende kürte die SPD Potsdam den gebürtigen Franken
       aus Berlin mit großer Mehrheit zum sozialdemokratischen Spitzenkandidaten
       für die Wahl des neuen Stadtoberhaupts am 21. September. Seine Chancen
       stehen nicht schlecht. Potsdam gilt nach wie vor als SPD-Hochburg.
       
       Ein Blick auf Fischers bisherigen Werdegang lässt einen dabei überlegen, ob
       das mit dem gerade noch als abstrus bezeichneten Wechsel-Gerücht um Giffey
       wirklich so abwegig ist. Denn Fischer ist nicht nur Staatssekretär in
       Giffey Senatsverwaltung. Er begleitet seine Chefin durchweg seit 2018: erst
       im Bundesfamilienministerium unter Giffey, dann von 2021 bis 2023 als Chef
       der Senatskanzlei im damals von Giffey geführten Roten Rathaus.
       
       Zieht man das in Betracht, könnte Fischer eine Art brandenburgisches
       Vorauskommando für Giffey darstellen und ein Wechsel seiner Noch-Chefin
       eben doch in Betracht kommen. Das eine ist zwar Kommunal-, das andere
       Landespolitik. Aber wenn ein enger Vertrauter die wichtigste Stadt eines
       Bundeslandes anführt, ist so etwas in einer Staatskanzlei alles andere als
       ein Nachteil.
       
       Vor Fischer hatte es außerhalb der SPD durchaus einige prominente, wenn
       auch teils nur kurze Wechsel von Berlin nach Brandenburg gegeben. Der
       CDU-Politiker Jörg Schönbohm beispielsweise [2][war erst zwei Jahre
       Innensenator in Berlin], bevor er 1998 nach Brandenburg wechselte. Dort war
       er zehn Jahre lang Innenminister in Brandenburg und fast ebenso lang auch
       CDU-Landesvorsitzender.
       
       ## Die Berliner Grünen übergaben Wieland
       
       Auch die Berliner Grünen versuchten sich schon an einem Wechsel: 2004
       übergaben sie ihren langjährigen Fraktionschef und kurzzeitigen
       Justizsenator Wolfgang Wieland an der Glienicker Brücke – später in einem
       Tom-Hanks-Film als „Bridge of Spies“ verewigt – agentenmäßig an ihre
       Brandenburger Parteifreunde.
       
       [3][Wieland wurde Spitzenkandidat bei der Landtagswahl] und sorgte zwar für
       Stimmenzuwachs, doch der reichte nicht. 3,6 Prozent waren am Wahltag nicht
       ansatzweise genug, um die Brandenburger Grünen über die 5-Prozent-Hürde und
       ins Parlament zu bringen. Wieland ging zurück nach Berlin und zog 2005 in
       den Bundestag ein, die Grünen schafften es erst 2009 wieder in den
       Potsdamer Landtag.
       
       Umzüge in die andere Richtung sind weniger bekannt. Kürzlich aber wechselte
       tatsächlich eine CDU-Politikerin von Brandenburg nach Berlin – und nahm
       dafür sogar einen Karriererückschritt in Kauf: CDU-Politikerin Susanne
       Hoffmann, 2019 ein halbes Jahr lang brandenburgische Generalstaatsanwältin
       und dann in der dortigen rot-schwarz-grünen Koalition bis 2024
       Justizministerin, heuerte zu Monatsbeginn als Staatssekretärin in der
       Senatsverwaltung für Justiz an. Wobei es bei ihr streng genommen eine
       Rückkehr ist: Hoffmann ist in Berlin geboren, studierte später an der FU
       und arbeitete lange für die Justiz in der Stadt.
       
       6 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.tagesspiegel.de/potsdam/brandenburg/wer-regiert-kunftig-in-potsdam-das-sagt-brandenburgs-ministerprasident-woidke-zum-giffey-gerucht-13974443.html
   DIR [2] /Nachruf-auf-CDU-Politiker-Schoenbohm/!5571660
   DIR [3] /Roter-Adler-gruener-Wieland/!783188&s=wieland+glienicker+br%C3%BCcke/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
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