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       # taz.de -- Normalisierung Israels Gewalt in Gaza: Tödliche Abstumpfung
       
       > Das Berichterstatten über Gaza ist zum Verzweifeln, die meisten
       > Leser:innen sind abgestumpft – auch deshalb, weil die Politik nichts
       > unternimmt.
       
   IMG Bild: Palästinenserinnen warten verzweifelt im Stadtteil Al-Rimal im Zentrum von Gaza-Stadt auf Lebensmittel, am 20. Juli 2025
       
       Es ist journalistisch zum Verzweifeln. Die Lage im Gazastreifen wird immer
       schlimmer, aber medial ist sie schon längst zur Pflichtveranstaltung
       verkommen. Denn das „Schlimmer“ kämpft gegen die kurze medialen
       Aufmerksamkeitsspanne an. Haben wir [1][alles schon gesehen und gehört,
       heißt es]: Der tägliche kurze Bericht über mehrere Dutzend Tote an den
       israelisch-amerikanischen Essenverteilstellen der dubiosen Gaza
       Humanitarian Foundation (GHF); die Bilder von Menschen in Zelten, die
       erzählen, dass sie kaum mehr etwas zu essen finden. Die Einstellungen aus
       einem Krankenhaus mit den abgemagerten Kinderkörpern in dieser
       menschengemachten Katastrophe und natürlich die wiederkehrenden
       [2][Aufnahmen von einem Meer von Kindern mit leeren Blech- und
       Plastikschüsseln].
       
       Irgendwann macht der Schock der Taubheit Platz. Dann sitzen wir in
       Redaktionskonferenzen und fragen: Wie können wir die Geschichte
       weiterdrehen, sie spürbar machen? Dann kommen wir mit den Statistiken der
       Hilfsorganisationen, die versuchen, Hunger wissenschaftlich in Zahlen zu
       kategorisieren, die viel und doch wieder nichts aussagen, weil sie keine
       Namen haben. Oder wir finden einen amerikanischen oder deutschen, im besten
       Fall „bio-weißen“ Arzt in Gaza, der über Unterernährung seiner Patienten
       erzählt oder davon, mit welchen Schusswunden sie von den Verteilstellen auf
       einem Eselskarren zum Spital transportiert wurden, weil es keinen
       Treibstoff mehr gibt.
       
       Doch die Taubheit bleibt. Wohl auch, weil all diese Berichte politisch
       nichts bewirken. Statt aufzuschreien, sitzt die Politik das Ganze aus. Es
       ist wie eine Decke, die über uns gezogen ist, die nicht durchdrungen werden
       kann. Deutsche Staatsräson, leere EU-Nahost-Worthülsen, Trump’scher
       Wahnsinn – die Decke hängt tief. Und wir darunter werden immer
       abgestumpfter.
       
       Es ist journalistisch zum Verzweifeln. Aber wie klein und unbedeutend ist
       diese Verzweiflung im Vergleich zu jener der Menschen in Gaza, über die wir
       berichten. Sie kämpfen mit ihren Familien jeden Tag ums Überleben, wir nur
       darum, uns am Morgen als Journalisten im Spiegel ansehen zu können. Dann
       fragt uns unser Gewissen wie jeden Tag: Was können wir recherchieren,
       schreiben und erzählen, damit die Abgestumpften wieder etwas spüren.
       
       21 Jul 2025
       
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