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       # taz.de -- Protest gegen Alice Weidel: Was der AfD wirklich nützt
       
       > Das Zentrum für Politische Schönheit stört das ARD-Interview mit Alice
       > Weidel. Das helfe der AfD, sagen Kritiker. Und lenken so vom wahren
       > Problem ab.
       
   IMG Bild: Guckt gern böse: Alice Weidel (AfD) beim ARD-Sommerinterview, 20. Juli 2025
       
       Es wäre ein weiteres Sommerinterview auf dem Weg zur Normalisierung einer
       extrem rechten Partei geworden, aber es kam anders. Wie sonst auch kniff
       Alice Weidel die Augen zusammen und haute ihren üblichen Bullshit raus, um
       die [1][Paranoia ihrer Anhänger zu befeuern] und bei jedem Problem nach
       zwei Sätzen wieder bei den vermeintlich bösen Ausländern zu landen.
       
       Diesmal aber konnte man ihr nicht folgen: Denn im Hintergrund sang
       ausdauernd [2][ein weihnachtlich klingender Chor „Scheiß AfD“] – laut,
       feierlich und in Dauerschleife. Weidels rechtsextreme Hetze wurde
       konterkariert durch den vom Band abgespielten [3][Stör-Chor mit
       Ohrwurmpotenzial] – statt Normalisierung gab es antifaschistische
       Kommunikationsguerilla. Der Zwischenruf kam vom Zentrum für Politische
       Schönheit und ihrem Protestmobil, das von der gegenüberliegenden Spreeseite
       das Interview im Regierungsviertel beschallte.
       
       Natürlich handelt es sich dabei um eine legitime Protestaktion – gegen eine
       extrem rechte Partei, aber auch öffentlich-rechtliche Sendeanstalten, die
       seit Jahren trotz der fortschreitenden Radikalisierung der AfD ihr weiter
       eine Plattform bieten, als wäre das normal. Selbst der Verfassungsschutz
       hat mittlerweile erkannt, dass die AfD rechtsextrem ist – eine
       [4][gesellschaftliche Entnormalisierung der Partei] findet trotzdem nicht
       statt.
       
       Zugleich gibt es nach der Aktion empörte Stimmen, die kommentieren, die
       Protestaktion helfe der AfD, weil sie sich so mal wieder in ihrer
       Opferrolle suhlen kann. Das ist Quatsch – zum einen suhlt sich die AfD
       ohnehin in ihrer Opferrolle, weil das zur DNA rechtsextremer Parteien und
       Bewegungen weltweit gehört. Zum anderen wählt doch kein Mensch nun die AfD,
       weil ein paar Aktivist*innen mit einer „Scheiß AfD“-Kakofonie ein
       ARD-Interview gecrasht haben – ebenso wenig, wie Weidel entzaubert worden
       wäre, wenn das Gespräch störungsfrei geblieben wäre.
       
       Denn nicht Gegenproteste helfen der AfD, sondern Konservative, [5][die das
       Verfassungsgericht beschädigen]. Es sind christsoziale Innenminister, die
       in vorauseilendem Autoritarismus [6][mit islamistischen Taliban
       verhandeln], um AfD-Positionen und ihren Abschottungswahn [7][umzusetzen].
       Die Union hat noch immer nicht begriffen, dass rechter Kulturkampf auf dem
       Rücken von Minderheiten willfährig genau die Polarisierung vorantreibt,
       [8][von der die AfD träumt]. Und dass die Union mit ihrem Rechtsschwenk der
       rechtsextremen Hetze ihr Gütesiegel verleiht.
       
       ## Wie soll die wehrhafte Demokratie aussehen?
       
       Der rechtsdrehende Kulturstaatsminister Wolfram Weimer will die „Korridore
       des Sagbaren“ noch mehr weiten, sagt er. Bis wohin eigentlich? Hat eine
       Gesellschaft, in der Jugendliche edgy „Ausländer raus!“ auf Kirmestechno
       grölen, nicht genug verbale Beinfreiheit? Darf eine Oppositionsführerin
       Weidel nicht schon genug verzapfen, wenn sie angesichts von Einbürgerungen
       im Bundestag von der „Transformation des Staatsvolkes“ spricht und für
       diesen völkischen Bullshit nicht mal einen Ordnungsruf bekommt? Was gibt es
       da noch zu weiten?
       
       Und warum gilt das dann nicht gleichermaßen für politische Meinungen links
       von Julia Klöckner? Was dürfen Linke, ach was, Liberale eigentlich noch
       sagen? Dürfen sie nicht mehr über Legalisierung von Abtreibungen sprechen,
       ohne dass die Union gleich den Schmutz des milliardärsfinanzierten
       Schmierportals Nius übernimmt, um Verfassungsrichterinnen zu
       verhindern? Dürfen sie noch über die Prüfung des Verbots einer
       rechtsextremen Partei reden? Darf man noch gegen einen Auftritt einer
       Rechtsextremistin protestieren? Und wenn jetzt schon harmlose
       Protestaktionen gegen die AfD skandalisiert werden, wie soll dann diese
       wehrhafte Demokratie aussehen?
       
       Der Erkenntniswert des Interviews wäre auch ohne Störer gering geblieben:
       Die proklamierte Mäßigung der Partei ist nicht ernst gemeint ([9][wusste
       man vorher]), der rechtsextreme Kampfbegriff und Dogwhistle „Remigration“
       ist fester Teil der AfD-DNA ([10][bekannt]), ebenso wie die ewige
       Opferrolle (gähn).
       
       Das Einzige, was man noch nicht wusste: Alice Weidel kann keine drei Dinge
       benennen, die sie an Deutschland gut findet. Auch das kein Wunder: Sie lebt
       in der Schweiz und weiß nicht mal, wie viele Einwohner ihr Wahlkreis hat.
       Das wiederum weiß man aus einem [11][gut recherchierten Beitrag im ZDF],
       bei dem Weidel nach ein paar Fragen empört das Interview abbrach –
       kritischer Journalismus, der dank Kontext und Einordnung [12][viel besser
       funktioniert] als jedes seichte Interview im Sommer-Ambiente.
       
       Bleibt am Ende die Frage: Warum ist es eigentlich Teil des
       Programmauftrags, einer gesichert rechtsextremen Partei in
       Herrschaftskulisse ein Podium zu bieten, als wäre das normal? Nichts daran
       ist normal. Und daran hat das Zentrum für Politische Schönheit mal wieder
       erinnert. Zu Recht.
       
       21 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://misik.at/2025/07/rechtsextremismus-als-massenhysterie/
   DIR [2] https://www.tiktok.com/@aktuelle.themen/video/7529174980437855510
   DIR [3] https://x.com/politicalbeauty/status/1946933749096067348
   DIR [4] /AfD-ist-gesichert-rechtsextrem/!6083623
   DIR [5] /Richterinnenwahl/!6099888
   DIR [6] /Abschiebungen-nach-Afghanistan/!6101372
   DIR [7] /Abschiebeflug-nach-Afghanistan/!6099857
   DIR [8] /Maessigungsversuch-der-AfD/!6097185
   DIR [9] /Maessigungsversuch-der-AfD/!6097185
   DIR [10] /Goetz-Kubitschek-gegen-Maximilian-Krah/!6098318
   DIR [11] https://www.zdf.de/play/portraits/alice-weidel---ein-portraet-movie-100/250219-alice-weidel-ein-portrait-100
   DIR [12] https://www.zdf.de/play/portraits/alice-weidel---ein-portraet-movie-100/250219-alice-weidel-ein-portrait-100
       
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   DIR Gareth Joswig
       
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