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       # taz.de -- Israel-Politik der Bundesregierung: Diplomat*innen fordern Kurswechsel
       
       > Ehemalige Botschafter*innen kritisieren in einem offenen Brief die
       > Israel-Politik der Bundesregierung. Auch bei Mitarbeitenden gibt es
       > Unmut.
       
   IMG Bild: Auch in Tel Aviv demonstrieren am Dienstag Menschen für ein Ende des Gaza-Kriegs
       
       Außenminister Johann Wadephul (CDU) steht wegen der Israel-Politik der
       Bundesregierung unter Druck. 28 Länder, darunter zahlreiche EU-Staaten wie
       Frankreich, Italien und Österreich, haben gerade in einer gemeinsamen
       Erklärung das sofortige Ende des Krieges in Gaza gefordert. Deutschland war
       nicht dabei.
       
       Die [1][SPD-Fraktion] sowie Wadephuls Kabinettskollegin
       Entwicklungshilfeministerin Reem Alabali-Radovan (SPD) forderten die
       Bundesregierung auf, sich dem Appell anzuschließen. Auch im Auswärtigen Amt
       (AA) mehren sich kritische Stimmen – von ehemaligen Botschafter*innen
       sowie aktiven Mitarbeiter*innen.
       
       Zwölf ehemalige Botschafter*innen, die Deutschland im Nahen Osten
       vertreten haben, wandten sich am Mittwoch in einem offenen Brief an den
       Außenminister. „Wir sind entsetzt und verständnislos, dass sich die
       Bundesregierung dem internationalen Appell nach einem sofortigen Ende des
       Krieges in Gaza nicht angeschlossen hat“, heißt es darin. Die Erklärung sei
       wichtig und ausgewogen; die Lage in Gaza dramatisch, das Sterben der
       Palästinenser gehe weiter. Und: „Die Stimme der Bundesregierung gegenüber
       Israel ist zu gewichtig und darf nicht fehlen.“
       
       Dem Brief angehängt ist ein Schreiben ehemaliger EU-Botschafter*innen, das
       am Dienstag an die EU-Leitungsebene ging. Darin werden Handlungspositionen
       aufgezeigt, „die den Druck hin zu einem Waffenstillstand und zu einem Ende
       der humanitären Blockade gegen die Zivilbevölkerung in Gaza verstärken
       können“.
       
       ## Treffen unter dem Motto „loyal nonkonform“
       
       Auch unter aktiven Mitarbeiter*innen des AA gibt es zahlreiche, die
       sich angesichts der katastrophalen Situation in Gaza eine härtere Politik
       gegen Israel wünschen. [2][Etwa 130 von ihnen sollen sich zu einer Gruppe
       zusammengeschlossen haben,] wie zuerst der Spiegel berichtete. Demnach
       trifft sich die Gruppe in unregelmäßigen Abständen und vernetzt sich über
       Chats. Ihr Motto: „loyal nonkonform“. Die Mitglieder sollen am Anfang ihrer
       Karriere stehen, viele zwischen 30 und 40 Jahre alt sein, Attachés,
       Referent*innen oder stellvertretende Referatsleiter*innen.
       
       Die Gruppe ist allerdings entstanden, bevor die CDU das Auswärtige Amt
       übernommen hat – und zwar im Frühjahr 2024, als die israelische Armee den
       Einmarsch in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens plante. Luise
       Amtsberg, grüne Bundestagsabgeordnete und zur Zeit der Ampelkoalition
       Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, bestätigte der taz, dass
       sie sich in ihrer Zeit im AA bereits mit der Gruppe getroffen habe. Auch
       mit der neuen Amtsleitung, konkret mit den beiden Staatssekretären Géza von
       Geyr und Bernhard Kotsch, soll es bereits ein Gespräch gegeben haben. Ein
       Treffen mit dem Minister soll in Planung sein.
       
       Wie der Spiegel berichtet, soll eine junge Referentin auf einer
       Personalversammlung im Juli über die dramatische humanitäre Lage in dem
       Palästinensergebiet gesprochen und eine härtere Gangart gegenüber der
       israelischen Regierung gefordert haben. Sie habe auf ein Interview des
       Völkerrechtlers [3][Kai Ambos] von Ende Mai verwiesen. Darin argumentierte
       Ambos, dass sich Beamte wegen Beihilfe zu völkerrechtlichen Verbrechen
       strafbar machen könnten, wenn sie in Kauf nähmen, dass Waffenexporte für
       Kriegsverbrechen eingesetzt würden. Dafür habe sie Applaus bekommen, der
       Außenminister war anwesend.
       
       Wadephul und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) haben in den vergangenen
       Wochen die öffentliche Kritik an Israel durchaus verschärft. Konsequenzen
       hat dies allerdings bislang nicht.
       
       24 Jul 2025
       
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