URI: 
       # taz.de -- Wo Touristen Urlaub machen: Massengrab mit Sektenopfern entdeckt
       
       > In einem Waldstück in Kenia wurden Leichen von Kindern gefunden. Sie sind
       > Opfer einer Sekte, die 2023 ein Massaker an ihren Mitgliedern verübte.
       
   IMG Bild: Angehörige des Massakers warten auf Informationen über die Opfer
       
       Kampala taz | Shakahola – das ist der Name eines Waldgebiets, rund hundert
       Kilometer nördlich der kenianischen Küstenstadt Mombasa. Dort, wo
       internationale Touristen an den weißen Sandstränden Urlaub machen,
       ereignete sich vor mehr als zwei Jahren [1][eines der grausamsten Massaker
       der jüngsten Geschichte] des Landes. Über 450 Leichen wurden in diesem
       abgelegenen Waldgebiet seit April 2023 geborgen, ein Großteil von ihnen
       Kinder.
       
       [2][Sektenführer Paul Makenzi], der mittlerweile mit 92 seiner Gefährten
       und seiner Ehefrau vor Gericht steht, hatte seinen Anhängern gepredigt,
       dass sie nur in den Himmel kommen, wenn sie sich alle zu Tode hungern.
       Seiner Sekte Good News International (GNI) hatten sich vor allem Leute aus
       ärmeren Schichten angeschlossen, viele gemeinsam mit ihren Kindern.
       
       „Wir wurden angewiesen zu fasten, um unsere Reise in den Himmel zu
       beschleunigen“, berichtete ein 15-jähriger Zeuge vor den Richtern im
       Gerichtssaal in Mombasa am Montag: „Makenzi hatte darauf hingewiesen, dass
       es Botschaften gebe, in denen Jesus angedeutet hätte, dass er nicht
       wiederkommen würde, sondern dass sein Volk ihm durch den Tod folgen
       sollte“, so der Junge.
       
       2023 hatte er seinen Bruder verloren: „Letztlich war er zu schwach vor
       lauter Hunger und Durst“.
       
       ## Schnelleres Sterben befohlen
       
       Der junge Zeuge sagte aus, dass Makenzi bereits 2022 angeordnet hätte,
       schneller zu sterben, weil angeblich der Ukrainekrieg bereits das Ende der
       Welt ankündige und „die Tür zur Arche Noah sich bald schließen würde“.
       Daraufhin seien Kinder und Jugendliche in ein Zelt gepfercht worden, das
       aus schwarzen Plastikplanen in der prallen Sonne errichtet worden war. Wie
       in einer Sauna saßen die Kinder dort, berichtet er, „um das [3][Sterben
       durch Dehydrierung zu beschleunigen].“
       
       Mehrfach sei er zuvor mit seinem Bruder aus dem Wald geflohen, erzählt er.
       Doch Makenzis Sicherheitsleute, [4][bewaffnet mit Macheten], hätten ihn
       immer wieder eingefangen und ihn gezwungen, weiterzuhungern. Ein weiterer,
       14-jähriger Zeuge bestätigt dies vor Gericht: „Ich wurde wie ein Hund
       geprügelt, als sie mich dabei erwischten, wie ich Essen gestohlen habe.“
       
       Während der mittlerweile zwei Jahre andauernde Prozess vor dem Gericht in
       Mombasa nun in die Schlussphase geht, tun sich unweit des Shakaholawalds
       weitere Abgründe auf: Wieder stapfen dort Forensiker in weißen
       Schutzanzügen durch das Unterholz nahe dem Dorf Binzaro – nur rund zwei
       Kilometer von den Massengräbern entfernt, die 2023 ausgehoben worden waren.
       Wieder werden Leichen geborgen.
       
       Das Ermittlerteam sprach am Mittwoch von mutmaßlich acht Kinderleichen, die
       dort in den vergangenen Tagen gefunden wurden. Doch die Ausgrabungen, die
       das Gericht am Montag angeordnet hat, seien noch nicht abgeschlossen. Vier
       Menschen wurden lebendig geborgen und [5][zunächst ins Krankenhaus
       eingeliefert], weil sie schwach waren.
       
       ## „Diese Ideologie existiert immer noch“
       
       Ein Ehepaar wurde verhaftet. Beide hatten das Massenfasten 2023 überlebt.
       Jetzt betreiben sie, so die Ermittler, den Kult fort. Sie seien nach
       Verhaftung des Sektenführers 2023 zunächst gemeinsam mit ihren sechs
       Kindern in ihr Dorf zurückgekehrt, berichtet der Bruder des Verhafteten der
       Polizei.
       
       Dann sei das Paar mit den Kindern im März erneut verschwunden. Über den
       Verbleib der Kinder ist noch nichts bekannt. DNA-Tests müssen durchgeführt
       werden, um herauszufinden, ob sie unter den entdeckten Leichen sind.
       
       Der Bruder des Verhafteten berichtet, er habe mit seinem Bruder in Haft
       telefoniert. „[6][Diese Ideologie existiert immer noch]“, warnt er: „Er hat
       immer noch Anhänger draußen und er kommuniziert vom Gefängnis aus mit ihnen
       via Telefon.“
       
       Während die Forensiker nun erneut Gräber ausheben, klagt das Krankenhaus
       der Provinz Malindi, dass die Leichenhalle bereits von den mehr als 450
       Leichen voll sei, die seit 2023 dort lagern. Die meist seien bislang nicht
       identifiziert worden. „Es ist schockierend, dass es etwa zwei Jahre nach
       dem ersten Shakaholafall zu einem weiteren kommt“, sagte Hussein Khalid von
       der Organisation Vocal Africa. Er wirft der Regierung Versäumnisse vor.
       
       Am Dienstag wurde ein Gesetzesentwurf angenommen, der die Neuregistrierung
       aller religiösen Gruppen im Land vorsieht. „Wir werden sicherstellen, dass
       die Religionsfreiheit in Kenia erhalten bleibt“, [7][versichert Präsident
       Ruto] den über 100 anwesenden religiösen Führern.
       
       31 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Leichenfunde-in-Kenia/!5928581
   DIR [2] /Prozess-nach-Massenselbstmord-in-Kenia/!5949601
   DIR [3] /!5934247/
   DIR [4] /Massaker-in-Ostkongo/!5921062
   DIR [5] /Wochenlanger-Aerztestreik-in-Kenia/!5373985
   DIR [6] /Paedagoge-ueber-Angehoerige-von-Sekten/!5941810
   DIR [7] /Massenproteste-in-Kenia/!6093265
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schlindwein
       
       ## TAGS
       
   DIR Kenia
   DIR Massengrab
   DIR Sekte
   DIR Kinder
   DIR Massaker
   DIR Social-Auswahl
   DIR Kenia
   DIR Kolumne Fernsicht
   DIR Kenia
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Prozess nach Massenselbstmord in Kenia: Sektenführer droht mit Hungerstreik
       
       Ein Sektenführer in Kenia predigte den Hungertod als Weg, Jesus zu treffen.
       Über 400 Menschen starben. Vor Gericht inszeniert er sich als Opfer.
       
   DIR Kenias Präsident William Ruto: Nackter Kaiser, zwei Gesichter
       
       Ruto wird in Berlin respektvoll empfangen, zeigt sich auf der Weltbühne
       offen und inspiriert. Zugleich boykottiert er in Kenia seine eigenen Ziele.
       
   DIR Leichenfunde in Kenia: Massenmorde im Namen Jesu
       
       Ein christlich-fundamentalistischer Sektenführer in Kenia predigte
       Todesfasten, um Jesus Christus näherzukommen. Über 100 Kinder verhungerten.