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       # taz.de -- Merz-Regierung geht in die Sommerpause: Erschreckend flache Lernkurve
       
       > Merz kündigte großspurig an, alles besser zu machen als die Ampel.
       > Wirkliche Erfolge kann er bisher kaum vorweisen, und ist dazu noch wenig
       > lernfähig.
       
   IMG Bild: Regierung in der Vertrauenskrise? Bundeskanzler Merz auf dem Weg zur Bundespressekonferenz in Berlin am 17. Juli
       
       Die Note „Zwei plus“ würde Markus Söder der Regierung auf dem
       Zwischenzeugnis geben. Nun war der bayerische CSU-Chef noch nie für Demut
       bekannt, aber dass er so danebenliegt? Die schwarz-rote Regierung hat sich
       wegen einer an sich unspektakulären Personalfrage – der [1][Wahl von
       Richter:innen für das Verfassungsgericht] – in eine tiefe interne
       Vertrauenskrise manövriert, bedingt durch schwere handwerkliche Fehler der
       CDU-Führung und getrieben von einem Kulturkampf von ganz rechts, dem die
       Union nichts entgegenzusetzen hat außer der Forderung, dass sich auch die
       angefeindete Kandidatin und der Koalitionspartner SPD dem Sturm der
       Entrüstung beugen sollten. Die Union und Kanzler Friedrich Merz offenbaren
       eine erschreckend flache Lernkurve.
       
       Merz hat die Wähler:innen im Wahlkampf durch großspurige Ankündigungen
       überzeugt, [2][alles besser zu machen als die Ampel]. Sein Plan fußte wohl
       vor allem auf der Annahme, einmal im Kanzleramt angekommen, ließe sich das
       Land mit zackigen Ansagen auf Vordermann bringen. Dieses Prinzip des
       Durchregierens funktionierte bereits im Vorfeld der Regierungsbildung
       nicht, als Merz sein Wahlversprechen brach, die Schuldenbremse schleifte
       und um die Zustimmung der Grünen betteln musste, die er per Sprachnachricht
       informieren zu können glaubte.
       
       Auch bei der eigenen Wahl versagte das Top-down-Prinzip, zu viele
       Abgeordnete der Koalition verweigerten Merz im ersten Wahlgang ihre Stimme.
       Es scheint nicht so, dass Merz und Co daraus gelernt hätten, dass nicht mal
       die eigenen Leute par ordre du mufti zum Gehorsam gezwungen, sondern
       überzeugt werden wollen und es zudem gut ist, auch mit Grünen und Linken im
       Gespräch zu bleiben. Doch wenn es aktuell darum geht, einen Ausweg aus dem
       Richterwahldesaster zu finden, werden Letztere nicht einbezogen, erneut
       setzt man auf „Friss oder stirb“
       
       ## Ein paar Dinge auf den Weg gebracht
       
       Für die Zukunft der Regierung, die ja noch am Anfang steht, lässt das
       nichts Gutes ahnen. Richtig, ein paar Dinge hat Schwarz-Rot auf den Weg
       gebracht: Milliardeninvestitionen in Infrastruktur und militärische
       Ertüchtigung, Superabschreibungen, eine Senkung der Energiekosten für
       Unternehmen. Doch über all das herrschte bereits Einigkeit, die Union hätte
       diese Punkte auch zu Ampelzeiten mit beschließen können.
       
       Gut, in der Migrationspolitik hat zumindest die Union geliefert was sie
       versprochen hat: Grenzkontrollen, Zurückweisungen, Abschiebungen. Wobei
       sich wenig überraschend zeigt, dass diese „Erfolge“ kein einziges wirklich
       wichtiges Problem lösen, weder die Klimakrise noch die Überalterung der
       Gesellschaft, im Gegenteil. Und sie tragen auch nicht zum Erhalt der
       industriellen Basis und der Arbeitsplätze in Deutschland bei.
       
       Die wirklich dicken Brocken liegen noch vor der Regierung. Merz hat
       angekündigt, dass seine Regierung erste Reformen der Sozialsysteme im
       Herbst angehen will. Die Interessenkonflikte zwischen Schwarz und Rot sind
       evident – und mit Bastapolitik nicht zu überbrücken.
       
       18 Jul 2025
       
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