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       # taz.de -- Wieder im Kino: Bewegte Straßen
       
       > Berlin als Filmset, die vielleicht berühmteste Verfolgungsszene der
       > Filmgeschichte und Leben im Leerlauf sind diese Woche zurück auf der
       > Leinwand.
       
   IMG Bild: Gleich geht's los, mit der Verfolgungsjagd: Steve McQueen als Detective Frank in „Bullitt“ (Regie: Peter Yates, USA 1968)
       
       Die Großstadt, das war im deutschen Kino der späten 1920er Jahre
       selbstverständlich Berlin. Die große Stadt stellte den – noch längst nicht
       überall selbstverständlichen – Sprung in die Moderne dar: mit
       Menschenmassen und wogendem Verkehr sowie den vielfältigen Verlockungen von
       Konsum und Nachtleben. Einen der filmischen Klassiker jener Tage schuf der
       aus Österreich stammende Regisseur und Produzent Joe May mit dem Melodram
       „Asphalt“, das er 1929 mit großem technischen Aufwand für die UFA
       inszenierte.
       
       „Asphalt“ erzählt von der Begegnung eines biederen Wachtmeisters (Gustav
       Fröhlich) mit einer glamourösen Diebin (Betty Amann), deren
       Verführungsstrategie er definitiv nicht gewachsen ist. Dabei dominiert die
       Studiokulisse, lediglich für die erste Szene nach dem Vorspann begab sich
       Kameramann Günther Rittau direkt auf die Berliner Straßen und fing in
       dynamischen Fahrten mit verkanteten Perspektiven Bilder von Autos,
       Straßenbahnen, Werbetafeln und Passanten ein.
       
       Für die anschließenden Szenen ließ der Filmarchitekt Erich Kettelhut im
       UFA-Atelier in Neubabelsberg jedoch ganze Straßenzüge eines fiktiven
       Berlins errichten: glamouröse Geschäftsstraßen, bevölkert von einem
       dynamischen Gewimmel aus Menschen, Autos und Omnibussen, stets illuminiert
       vom Licht der Leuchtreklamen und der Schaufenster.
       
       Die enorme Beweglichkeit der Kamera in diesen Atelierszenen wurde
       seinerzeit ermöglicht durch einen neuartigen fahrbaren Aufnahmeturm mit
       Fahrstuhl, in dem der Kameramann seinen Platz hatte. „Asphalt“ wird im
       Rahmen von [1][„Arsenal on Location“] im Klick Kino gezeigt, zu Gast ist
       mit Milena Gregor die Programmkoordinatorin des Kinos Arsenal. Die
       musikalische Begleitung übernimmt Eunice Martins am Klavier (16.7., 20 Uhr,
       [2][Klick Kino]).
       
       ## Im Kino hinterm Steuer
       
       Die zentrale Sequenz des Polizeithrillers „Bullitt“ (1968) von Peter Yates
       ist natürlich die aufregende, rund zehnminütige Autoverfolgungsjagd durch
       San Francisco, bei der die Rollen von Verfolgtem und Verfolgern
       zwischenzeitlich wechseln: Lieutenant Frank Bullitt (Steve McQueen, der
       „King of Cool“) gelingt es irgendwann, sich in seinem Ford Mustang hinter
       die auf ihn angesetzten Killer in ihrem Dodge Charger zu setzen. Dabei wird
       das rasante Auf und Ab auf den hügeligen Straßen nahezu physisch erfahrbar.
       
       Doch auch sonst besitzt „Bullitt“ Qualitäten als ambitionierte
       Charakterstudie eines einsamen und kühl agierenden Polizisten, der es
       jedoch stets versteht, mit seinen Blicken ein wortloses Einfühlungsvermögen
       etwa mit den Angehörigen von Opfern an den Tag zu legen (10.7., 20.30 Uhr,
       [3][Yorck Kino]).
       
       ## Irgendwo im Alltag
       
       Sofia Coppolas großes Talent als Regisseurin ist die Inszenierung einer
       dramatischen Ereignislosigkeit, die sich ergibt, weil ihre
       Protagonist:innen in sehr spezifischen Lebenssituationen an der
       Entfaltung ihrer Persönlichkeit gehindert werden: Das galt für die
       Schwestern in „The Virgin Suicides“ mit ihren fanatisch religiösen Eltern,
       für die französische Königin in „Marie Antoinette“ mit den absurden
       Routinen des Hofprotokolls, oder auch für Priscilla Presley, ihres Zeichens
       Anzieh- und Vorzeigepuppe in Graceland, dem Hof des Rock ’n' Roll-Kings
       Elvis.
       
       Und es gilt auch für den Filmstar Johnny Marco (Stephen Dorff), der sich in
       „Somewhere“ (2010) eingestehen muss, ein Leben des absoluten Leerlaufs zu
       führen, aus dem ihn zwischenzeitlich nur eine Begegnung mit seiner
       mittlerweile 11-jährigen Tochter (Elle Fanning) reißt, die allemal
       erwachsener wirkt als er selbst. Und die einer realen Welt entstammt, in
       der man sich auch sein Mittagessen mal selbst brutzeln kann (15.7., 21.30
       Uhr, [4][Il Kino]).
       
       10 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://onlocation.arsenal-berlin.de/
   DIR [2] https://www.klickkino.de/
   DIR [3] https://www.yorck.de/kinos/yorck?sort=Popularity&date=2025-07-07&tab=daily&sessionsExpanded=&film=28-years-later
   DIR [4] https://ilkino.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lars Penning
       
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