# taz.de -- Toxisches Meme auf TikTok: Übergriffig sein liegt wieder voll im Trend
> Unter dem Social Media-Trend „One Day or Day One“ posten heterosexuelle
> Paare romantische Bilder. Warum sie damit toxische Männlichkeit
> reproduzieren.
IMG Bild: Still aus dem Film Supernatural von 1933
Ein neuer Trend kursiert auf [1][Tiktok] – oder vielmehr eine alte
Erzählung in neuem Gewand: One Day or Day One. In den kurzen Videos zeigen
überwiegend [2][heterosexuelle Paare] Hochzeitsfotos oder Schnappschüsse,
gefolgt von Screenshots ihrer ersten Nachrichten. Unterlegt ist das Ganze
mit dramatischer Klaviermusik und einer tiefen Stimme. Sie sagt: „One Day
or Day One“.
Der Spruch stammt von Dwayne „The Rock“ Johnson, der damit motivieren
wollte, etwas aus dem eigenen Leben zu machen. Aus einer Floskel über
Selbstverwirklichung wird so das Märchen der großen Liebe erzählt.
Allerdings reproduziert das vor allem stereotype Geschlechterrollen und
heteronormative Ideale. In manchen Videos ist es auch eine Form der
Romantisierung, die toxisch sein kann.
Wer durch den Trend scrollt, sieht: Viele der ersten Posts sind nicht
einfach charmante Kennenlernversuche, sondern durchzogen von
[3][übergriffigem Verhalten]. Da wird einer Frau befohlen, sich vor dem
ersten Date zu rasieren. Andere Männer formulieren direkt Besitzansprüche
oder sexuelle Anspielungen. Und dass die Nachricht „Ich werde dich
heiraten“ von einem Fremden eher gruselig als romantisch wirkt, sehen
einige, die den Trend mitmachen, anscheinend anders.
Die Botschaft: Auch die fragwürdigste Anmache kann der Anfang für ein
„Happy End“ in Form einer Ehe sein.
Es zeigt, wie tief Misogynie mit heteronormativen Vorstellungen von
Beziehungen verwoben sind. Übergriffige Nachrichten werden durch die
spätere Beziehung nachträglich legitimiert. Nach dem Motto: Er war
vielleicht dreist, aber es hat ja geklappt. So verschwimmen die Grenzen
zwischen Grenzüberschreitung und Flirt auf gefährliche Weise.
## Wieso hat sie überhaupt geantwortet?
Es überrascht nicht, dass mittlerweile ein Gegentrend entstanden ist.
Besonders Frauen reagieren auf den Tiktok-Sound mit: „Ich könnte den Trend
nicht mitmachen, weil ich auf solche übergriffigen Nachrichten niemals
reagieren würde.“
Diese Perspektive ist nachvollziehbar und doch auch Teil des Problems.
Statt kritisch zu hinterfragen, warum Männer überhaupt fremde Frauen mit
grenzüberschreitenden Sprüchen anschreiben, wird erneut die Verantwortung
bei den Frauen abgeladen: Wieso hat sie überhaupt geantwortet?
Besonders perfide wird es dort, wo sich die sogenannte Manosphere – ein
loses Netzwerk antifeministischer Online-Communities, die sich für
„Männerrechte“ einsetzt – in den Trend einmischt. In einigen Videos von
Vertretern der Manosphere werden Frauen, die den Trend mitmachen, dafür
kritisiert, ihre Partner bloßzustellen.
Männer, die „zu viele Nachrichten“ geschickt hätten, würden entmännlicht,
weil es armselig sei, einer Frau hinterherzurennen. Die Ideologie dahinter
ist bekannt: „Richtige Männer“ müssen dominant sein. Frauen haben sich dem
zu fügen. Alles beim Alten also.
Der Trend: Aus der romantisierten Erinnerung an den Anfang einer Beziehung
wird schnell ein Verstärker für patriarchale Muster. Vielleicht kann Day
One irgendwann den Anfang einer Beziehung auf Augenhöhe darstellen, ganz
ohne männliche Dominanz und sexistische Rollenvorstellungen.
Vielleicht gibt es one day dann solche Trends irgendwann nicht mehr.
Wünschenswert wäre es, aber bis dahin ist noch einiges zu tun.
8 Jul 2025
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## AUTOREN
DIR Leyla Roos
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