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       # taz.de -- Orte des Wissens: Wo die Erinnerung an die Studienzeit wohnt
       
       > Das Archiv der Uni Bremen ist vor 25 Jahren gegründet worden: Probleme
       > bereitet ihm die digitale Kommunikation
       
       Der Anspruch des Bremer Universitätsarchivs ist nichts Geringeres, als das
       gesamte Handeln der Univerwaltung nachvollziehbar zu machen. Mehr als
       55.000 Unterlagen lagern dort: Akten, Forschungsanträge und -arbeiten,
       Bilder, Filme, Plakate, Flugblätter, Zeitungen, Presseartikel, Verträge,
       Urkunden. Auch Abschlussarbeiten aus allen Jahrgängen der
       Universitätsgeschichte. Heute ist das Archiv 25 Jahre alt.
       
       Natürlich gibt es auch Lücken – vor allem infolge der digitalen
       Kommunikation. „Uns fehlt ein System, das Mails oder eine rein
       elektronische Aktenführung abbildet“, sagt Thomas Lietz. Er ist für die
       digitale Sammlung verantwortlich, die gerade im Aufbau ist. Als in Bremen
       2012 die E-Akte eingeführt wurde, waren die Bremer Hochschulen davon
       zunächst ausgenommen. Jetzt hänge man hinterher; analoges und digitales
       Arbeiten finde oft noch gleichzeitig statt. „Deswegen gehen Teile der
       Kommunikation am Archiv vorbei.“
       
       Analoge Akten, deren Zustand Sorge bereitet, werden digitalisiert. „Aber
       wir werden diese analogen Überlieferungen niemals vernichten. Ihr Vorteil
       ist: Man kann sie anfassen und als Objekt vorlegen.“ Damit verbunden sei
       eine höhere Authentizität als bei rein digitalen Inhalten.
       
       Auch Unterlagen vom AStA fehlen bis heute. „Früher waren es sicher
       politische Gründe“, so Lietz. Die heutigen Motive kenne er nicht – aber für
       das Archiv sei es so schwierig, ein möglichst umfängliches Quellenarsenal
       auch im Sinne der Ausgewogenheit für die historische Forschung zur
       Verfügung zu stellen.
       
       Im Jahr 2000, knapp 30 Jahre nach der Gründung der Uni, entstand das
       Archiv. Denn: Nicht-personenbezogene Unterlagen müssen nach 30 Jahren
       zwingend in einem zuständigen Archiv angeboten werden. Das Bremer
       Staatsarchiv wäre eine Möglichkeit gewesen. Ein eigenes Archiv an der Uni
       sorgte aber für kürzere Wege und einen einfacheren Zugang für die
       Verwaltung. Damit wurden die an der Uni verstreuten Akten erstmals zentral
       gelagert. Grundlage für die Arbeit ist das Bremer Archivgesetz.
       
       Früher, so Lietz, habe die Staats- und Universitätsbibliothek auch einen
       Großteil der Diplom- und Magisterarbeiten gesammelt. „Jetzt schaffen wir
       das nicht mehr.“ Gesammelt wird heute eine Stichprobe aller
       Abschlussarbeiten eines Jahrgangs sowie das, was inhaltlich mit der Region
       Bremen zu tun hat. Im Archiv arbeiten vier Personen mit knapp drei
       Vollzeitstellen. Es befindet sich inklusive Lesesaal im GW1-Gebäude der
       Uni, direkt gegenüber dem Science-Center „Universum“. Nutzen können das
       Archiv alle Menschen mit „berechtigtem Interesse“, erklärt Lietz: die
       Verwaltung, das Prüfungsamt, Studis und Wissenschaftler*innen, Bürgerinnen
       und Bürger, die zur Geschichte der Uni arbeiten und forschen.
       
       Seit 2019 erzeugt das Archiv auch selbst Quellen. Heiko Garrelts hat fürs
       Zeitzeugenprojekt „Oral History“ 60 Interviews geführt: mit
       Professsor*innen, Wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen, Studis, technischem
       Personal, Sekretär*innen. Die fertigen Gespräche stehen der Öffentlichkeit
       als Audio und verschriftlicht zur Verfügung.
       
       „Die Interviews sind eine spannende Ergänzung“, sagt Garrelts. „Die
       Emotionen, mit denen etwas erzählt wird, bleiben erhalten. Wir erfahren
       etwas über die Beweggründe, warum Menschen bewusst an diese Reform-Uni
       gekommen sind, und etwas über ihren Alltag, was sonst nicht bekannt ist.“
       Ein Ergebnis: Die Gestaltungsspielräume an der Uni Bremen seien früher
       größer gewesen – im Vergleich zu anderen älteren oder konservativeren Unis
       und auch im Vergleich zu heute. Alina Götz
       
       4 Aug 2025
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alina Götz
       
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