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       # taz.de -- Streit über Verfassungsrichter*innen: Bundestag verschiebt die Wahl
       
       > CDU/CSU, SPD und Grüne vertagen kurzfristig die Entscheidung. Mehrheiten
       > galten als ungewiss. Besonders eine Kandidatin war umstritten.
       
   IMG Bild: Juristin Frauke Brosius-Gersdorf im April 2024
       
       Berlin rtr/dpa | Der Bundestag hat die Verfassungsrichterwahl von der
       Tagesordnung am Freitag genommen. CDU/CSU, SPD und Grüne sprachen sich kurz
       zuvor dafür aus, die für heute angesetzten Wahlen von drei neuen
       Verfassungsrichtern zu vertagen. Das teilte Bundestagsvizepräsidentin
       Josephine Ortleb als Sitzungsleiterin im Plenum mit.
       
       Kanzler Friedrich Merz und CDU/CSU-Fraktionschef Jens Spahn wollten zuvor
       die Richterinnenwahlen für das Bundesverfassungsgericht am Freitag vertagen
       und hätten dies der SPD-Fraktion mitgeteilt. Andernfalls werde sich die
       Union beim Wahlgang zu der in der CDU/CSU besonders umstrittenen
       Brosius-Gersdorf enthalten, erfuhr die dpa von Teilnehmern einer
       Sondersitzung der Unionsfraktion vor geplanten Wahlen.
       
       Es gebe Plagiatsvorwürfe gegen die von der SPD nominierte Professorin
       Frauke Brosius-Gersdorf, hieß es. Diese Vorwürfe müssten zunächst
       aufgeklärt werden, weil eine Verfassungsrichterin über alle Zweifel erhaben
       sein müsse. Hintergrund ist aber auch, dass es in der Unionsfraktion
       erhebliche Vorbehalte gegen Brosius-Gersdorf gibt.
       
       Dabei geht es unter anderem um deren positive Haltung zu einer Impfpflicht
       während der Coronapandemie, andererseits um ihre aus Sicht mancher
       Abgeordneter zu liberale Haltung zu Abtreibungen.
       
       Eigentlich waren für Freitag drei Abstimmungen über Richter für vakant
       werdende Stellen in Karlsruhe geplant. Die Unionsfraktion hat den
       Arbeitsrichter Günter Spinner nominiert, die SPD die Professorinnen
       Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold. Dabei sollte im Parlament
       zunächst über Spinner, dann über die SPD-Kandidatinnen abgestimmt werden.
       
       Für die geheime Wahl im Bundestag am Freitag ist eine Zweidrittelmehrheit
       der anwesenden Abgeordneten nötig. Union, SPD und Grüne fehlen bei voller
       Besetzung des Bundestages sieben Stimmen zur Zweidrittelmehrheit. Diese
       könnte aber erreicht werden, wenn weniger Abgeordnete von Linken und AfD
       anwesend sind.
       
       ## Einige Linke wollen für Spinner stimmen
       
       Die Union weigert sich, mit den Linken über eine Zusammenarbeit bei der
       Richterwahl zu sprechen, weil die CDU einen Unvereinbarkeitsbeschluss mit
       der AfD und den Linken hat. Deshalb könnte es dazu kommen, dass Spinner
       [1][nur mit Stimmen der AfD ins Amt kommen könnte], wovor Politiker von
       SPD, Grünen und Linken gewarnt hatten.
       
       Einige Linken-Abgeordnete wollen jedoch für Spinner stimmen, um ihm eine
       Mehrheit ohne die AfD zu sichern. Dies erfuhr die dpa aus Fraktionskreisen.
       Zuvor hatte die Linke in einer Sondersitzung ihrer Fraktion ihre Linie
       abgestimmt. Man wolle der AfD nicht den Triumph gönnen, einen
       Verfassungsrichter von ihren Gnaden einzusetzen. Die Politisierung der Wahl
       sei im Übrigen sehr ungut, hieß es.
       
       Auf der anderen Seite zeigte sich auch in der Sondersitzung der
       Unionsfraktion am Freitagmorgen, dass es bei CDU und CSU weiter Vorbehalte
       gegen Brosius-Gersdorf gibt, [2][die etwa für eine liberale Politik zu
       Schwangerschaftsabbrüchen steht]. Die Fraktionsführung hatte die SPD
       bereits gewarnt, dass sie nicht mehr garantieren könne, ob die
       Zweidrittelmehrheit bei der Wahl über die SPD-Nominierungen stehe. Auch aus
       Kreisen organisierter Abtreibungsgegner läuft seit Anfang Juli eine
       [3][Kampagne gegen Brosius-Gersdorf], die gezielt Abgeordnete der Union
       adressiert.
       
       11 Jul 2025
       
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