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       # taz.de -- Merz im ARD-Sommerinterview: Hohe Mieten? Nur ein Problem für den Staat, sagt Merz
       
       > Der Kanzler kritisiert die zu hohen Mieten: Ja, das sei ein Problem. Die
       > Mieter scheinen ihm aber egal zu sein.
       
   IMG Bild: Sieht nicht aus wie ein Mietenaktivist, ist auch keiner: Merz beim Sommerinterview am Sonntag
       
       Das muss man dem Kanzler lassen. Manchmal hat er richtig gute Erkenntnisse.
       [1][Beim ARD-Sommerinterview am Sonntagabend] zum Beispiel hatte er gleich
       zwei überraschende Einsichten. Zum einen, dass das ganze [2][Chaos um die
       Richterwahl am Freitag], das die Koalition gehörig ins Wanken gebracht hat,
       kein Drama sei. Das hat er wohl sehr exklusiv. Zum anderen aber – und das
       ist wirklich überraschend – hat er erkannt und klar benannt, dass es in
       Deutschland ein extremes Problem für Mieter:innen gibt.
       
       In Großstädten, wusste Merz ganz bürgernah zu beklagen, würden bis zu 20
       Euro pro Quadratmeter Miete verlangt. Wenn sie das mal hochrechnen,
       rechnete der Kanzler hoch, komme man für eine 100-Quadratmeter-Wohnung auf
       2.000 Euro im Monat. Und das könne sich eine normale Arbeitnehmerfamilie
       nicht leisten. Noch überraschender: Merz hielt in diesem Zusammenhang sogar
       eine Deckelung für denkbar. Ist er [3][unter der heißen Sommersonne] zum
       linksradikalen Mietenaktivisten konvertiert?
       
       Natürlich nicht. Denn als Konsequenz aus dem [4][Mietendesaster] will der
       Kanzler nicht etwa den Spekulanten auf die Finger klopfen. Er verspricht
       auch [5][keine wirklich wirksame Mietenbremse], die staatlich kontrolliert
       werden müsste. Nein, Merz will stattdessen bei den Ärmsten kürzen, die auf
       Bürgergeld und Wohnkostenzuschuss angewiesen sind. Damit er dort – wie von
       ihm erträumt – einen zweistelligen Milliardenbetrag kürzen kann, will er
       Mieten deckeln – aber nur, wenn der Staat für die Mieten aufkommen muss.
       
       ## Typisches Vorgehen der konservativen Rechten
       
       Kurz gesagt: bedürftige Familien kriegen ihre Unterkunft nicht mehr vom Amt
       finanziert, wenn Wuchermieten verlangt werden. Wo sie dann die kleinere,
       angeblich günstigere Wohnung herbekommen sollen, in der sie dann
       zusammenrücken müssten, scheint Merz natürlich egal. Und wie er damit der
       normalen Arbeitnehmerfamilie hilft, die sich weiterhin keine Wohnung
       leisten kann, bleibt auch schleierhaft.
       
       Es ist das typische Vorgehen der konservativen Rechten. Statt die
       eigentlichen Probleme anzugehen, schürt man den Neid auf die angeblich
       überproportional vom Staat gepamperten Armen. Auf der sicheren Seite
       bleiben mal wieder nur die Habenden. In diesem Fall die Immobilienkonzerne.
       
       Bundesweit werden rund 160 Milliarden Euro Miete im Jahr bezahlt.
       Mindestens 10 Prozent, davon darf mal locker ausgehen, dürften dazu durch
       illegal zu hohe Mietforderungen anfallen. Würde man diesen Wucher durch
       konsequente Kontrolle stoppen, würde zum Großteil auch der Staat davon
       profitieren, weil er deutlich weniger für die Kosten der Unterkunft
       zuschießen müsste. Da kommt man schnell auf den zweistelligen
       Milliardenbetrag, den Merz gern sparen würde. Aber dafür müsste er etwas
       von sozialer Marktwirtschaft verstehen. Und nicht nur von Renditen.
       
       14 Jul 2025
       
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