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       # taz.de -- Vor EU-China-Gipfel: China hebt Sanktionen gegen deutschen Grünen-Politiker auf
       
       > Als scharfer Kritiker der chinesischen Staatsführung stand Reinhard
       > Bütikofer jahrelang auf einer Sanktionsliste. Jetzt will China
       > deeskalieren.
       
   IMG Bild: Reinhard Bütikofer bei einem Protest für Menschenrechte in China im Jahr 2022. Damals war er Mitglied des Europäischen Parlaments
       
       Brüssel dpa/taz | China hebt nach Angaben aus dem Europäischen Parlament
       die vor vier Jahren verhängten Sanktionen gegen den deutschen
       Grünen-Politiker Reinhard Bütikofer auf. Wie die Deutsche Presse-Agentur in
       Brüssel erfuhr, wurde das Büro von Parlamentspräsidentin Roberta Metsola
       Anfang der Woche über den Schritt informiert. Er ist demnach Teil von
       Bemühungen Pekings zur Wiederaufnahme des Dialogs mit dem Parlament.
       
       China und das Europäische Parlament hätten beschlossen, sämtliche
       Beschränkungen für den gegenseitigen Austausch gleichzeitig aufzuheben,
       sagte ein Sprecher des Pekinger Außenministeriums. Man hoffe, mit der
       vollständigen Wiederaufnahme des legislativen Austauschs „die gegenseitigen
       Kontakte und das Verständnis zu vertiefen“ und den Beziehungen „neue
       Impulse zu verleihen“.
       
       Mit den Strafmaßnahmen gegen Bütikofer und weitere Personen und
       Organisationen hatte China 2021 auf EU-Sanktionen wegen der Unterdrückung
       der muslimischen Minderheit der Uiguren in der chinesischen Region Xinjiang
       reagiert. Den betroffenen Personen und ihren Familien war danach die
       Einreise nach Festlandchina, Hongkong und Macau untersagt. Zudem durften
       sie sowie mit ihnen verbundene Unternehmen und Einrichtungen keine
       Geschäfte mit China tätigen. In der EU wurde als Reaktion unter anderem der
       Prozess zum Abschluss eines bereits ausgehandelten Investitionsabkommens
       auf Eis gelegt.
       
       In einem ersten Schritt von Deeskalationsbemühungen hatte China bereits im
       April [1][die Sanktionen gegen amtierende Europaabgeordnete wieder
       aufgehoben]. Gegen den 72-jährigen Bütikofer blieben sie allerdings
       zunächst bestehen, weil er 2024 nach rund 15 Jahren aus dem Parlament
       ausgeschieden war und die Parlamentsspitze zunächst nur für derzeitige
       Abgeordnete verhandelt hatte.
       
       ## Peking richtet EU-China-Gipfel aus
       
       Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur bestätigte Bütikofer, dass er und
       seine Familie nicht mehr von Strafmaßnahmen betroffen sind. Zugleich
       äußerte er allerdings Unverständnis darüber, dass zum Beispiel das in
       Berlin ansässige Mercator-Institut für China-Studien (Merics) weiterhin
       betroffen ist. „Pekings Umgang mit seinen 2021 willkürlich verhängten
       Sanktionen ist ein orientierungsloses Gestolper“, kritisierte der frühere
       Bundesvorsitzende der Grünen. Offenbar fehle dort die politische Kraft, die
       „absurde Peinlichkeit“ einfach insgesamt zu beenden.
       
       Aus dem Büro von Parlamentspräsidentin Metsola hieß es diplomatisch, man
       wolle den noch immer bestehenden Herausforderungen im Verhältnis mit China
       mit Dialog und Engagement begegnen. Insbesondere betreffe dies unfaire
       Handelspraktiken, Einschränkungen für europäische Unternehmen und Fragen
       der Menschenrechte.
       
       Unklar blieb zunächst, ob die jüngsten Sanktionsaufhebungen möglicherweise
       auch in Verbindung mit einem [2][EU-China-Gipfel] stehen, der am Donnerstag
       kommender Woche in Peking ausgerichtet werden soll. Bei ihm will Chinas
       Staats- und Parteichef Xi Jinping EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der
       Leyen und Ratspräsident António Costa treffen.
       
       Xi muss derzeit fürchten, dass die EU versucht, in wichtigen
       Wirtschaftsbereichen deutlich unabhängiger von seinem Land zu werden. Grund
       ist unter anderem der Vorwurf, dass China Russlands Krieg gegen die Ukraine
       unterstützt und unfaire Subventions- und Handelspraktiken nutzt.
       
       ## Vom Maoisten zum Menschenrechtspolitiker
       
       Reinhard Bütikofers politische Karriere begann in den 1970er Jahren im
       maoistischen Kommunistischen Bund Westdeutschland (KBW). Seinerzeit war er
       auch in der Gesellschaft für Deutsch-Chinesische Freundschaft (GDCF) aktiv.
       Seit 1984 Mitglied der Grünen, stand er von 2002 bis 2008 an der Spitze der
       Partei.
       
       2009 zog Bütikofer als Spitzenkandidat für die Grünen ins Europäische
       Parlament ein, dem er bis 2024 angehörte. Von 2012 bis 2019 stand er der
       Europäischen Grünen Partei vor. Im EU-Parlament profilierte sich Bütikofer
       als Menschenrechtspolitiker und scharfer Kritiker der Staatsführung Chinas.
       So setzte er sich für EU-Sanktionen gegen chinesische Verantwortliche für
       Menschenrechtsverletzungen gegen die uigurische Minderheit ein.
       
       Über den Amtsantritt Xi Jinpings im Jahr 2012 sagte Bütikofer, er sei
       „nahezu einem Regimewechsel“ gleichgekommen. [3][In einem Interview 2021]
       sprach der Grüne von einer „Rolle rückwärts vom Autoritarismus einer
       kommunistischen Aristokratie zum Totalitarismus eines Parteikaisertums“.
       2023 führte er [4][in einem anderen Interview] aus, es gehe Peking um
       „globale Hegemonie für die unerschütterliche Herrschaft der Kommunistischen
       Partei“. Das China Xi Jinpings setze nicht auf Partnerschaft, sondern auf
       Dominanz. Partnerschaft sei „nur so lange willkommen, solange sie Vorteile
       bringt; andernfalls ist sie am Ende“.
       
       16 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /China-und-die-Europaeische-Union/!6085374
   DIR [2] /EU-China-Gipfel/!t5714015
   DIR [3] https://internationalepolitik.de/de/kein-platz-mehr-fuer-win-win-rhetorik
   DIR [4] https://www.furche.at/politik-international/eu-chefdelegierter-reinhard-buetikofer-china-ist-eindeutig-im-russischen-lager-11297823
       
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