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       # taz.de -- Spanien vor EM-Halbfinale: Schuften für die Schönheit
       
       > Die Spanierinnen spielen bei dieser EM wieder bezaubernden
       > Ballbesitzfußball. Abgesehen von der Partie gegen die Schweiz ist auch
       > die Effizienz gut.
       
   IMG Bild: Zauberhafte Ballannahme: Spaniens Weltfußballerin Aitana Bonmatí im Spiel gegen Italien
       
       Wer wollte Montserrat Tomé widersprechen? Vor Beginn dieser
       Europameisterschaft hat die Trainerin des spanischen Teams ihr großes Glück
       beschrieben: „Es ist ein absolutes Privileg, dieses Team zu leiten. Es ist
       eine Freude, aufzuwachen und mit dieser ehrgeizigen und fleißigen Gruppe zu
       arbeiten und mich mit meinem Team auf dieses Event vorzubereiten.“
       
       Die Eindrücke dieses Turniers haben diese Einschätzung bestärkt. Alle vier
       Partien haben die Spanierinnen mehr oder minder spielend leicht gewonnen
       und vier Treffer im Schnitt erzielt. Bei jeder Begegnung blieb das Gefühl
       zurück, die Show hätte eigentlich pompöser ausfallen können, insbesondere
       gegen die Schweiz, als das spanische Team die zwei schnöden Gelegenheiten
       vom Elfmeterpunkt liegenließen.
       
       Neben den eh schon sehr bewunderten Weltfußballerinnen Alexia Putellas und
       [1][Aitana Bonmatí] drängt sich für die nächste Wahl des Ballon d’Or schon
       der nächste Kandidatenkreis von Spielerinnen auf. Patri etwa ordnet das
       spanische Spiel im Mittelfeld auf bemerkenswerte Weise. Bei der 23-jährigen
       Claudia Pina beeindruckt, wie zauberhaft sie sowohl mit rechts als auch mit
       links abschließen kann. Und der 18-jährigen Spielmacherin Vicky gehört
       ohnehin die Zukunft.
       
       Da ist ein Kollektiv von Einzelkönnerinnen und Alleskönnerinnen zu
       bewundern, die im Auftrag des schönen Fußballs unterwegs zu sein scheinen,
       dass sie gar keines weiteren Antriebs bedürfen. Die nicht berücksichtigte
       Stürmerin Jennifer Hermoso, [2][der bei der WM-Siegerehrung 2023 vom
       damaligen Präsidenten Luis Rubiales ein Kuss aufgezwungen wurde,] hatte
       schon gegiftet, dass dieses Team ohne Tomé sogar noch einfacher
       Europameister werden würde. So wie es beim Gewinn der Weltmeisterschaft
       2023 schon hieß, das Team hätte trotz des Trainers Jorge Vilda und nicht
       dank ihm den Titel gewonnen.
       
       ## Eigentümliche Verbindung
       
       Außergewöhnlich ist die intrinsische Motivation im spanischen Kader. Die
       erste Revolte gegen Trainer Vilda nach der EM 2022 speiste sich bei den
       Spielerinnen aus der Erkenntnis, das bei der individuellen Qualität mit
       besserem Coaching doch eigentlich viel mehr möglich sein müsste. Tomé
       scheint diesen Erwartungsdruck zu spüren. Vor dem EM-Spiel gegen Italien
       sagte sie: „Normalerweise verlangen die Spielerinnen von uns, dass wir hart
       arbeiten und spielen wollen.“
       
       Es scheint erst einmal eine etwas eigentümliche Verbindung. Das ewige, fast
       schon kindliche Verlangen nach spielerischen Lösungen und die stete
       Betonung der harten Arbeit. Beim offenen Training des spanischen Teams in
       Lausanne wenige Tage vor dem Eröffnungsspiel konnte man das beobachten.
       Geradezu preußisch wurden die Übungsformen auf engstem Raum vom Trainerteam
       durchgepaukt. Gequatscht oder gar gelacht wurde nur wenig unter den
       Spielerinnen. Schön war es trotzdem anzuschauen, wie der Ball unter
       immensem Gegnerinnendruck in hohem Tempo in den eigenen Reihen gehalten
       wurde. Während des Turniers sagte dann Vicky, die Jüngste im spanischen
       Kader:„Wir begeistern die Leute, das spricht Bände darüber, wie hart wir
       arbeiten.“
       
       Es scheinen wirklich alle verinnerlicht zu haben: das Schuften für die
       Schönheit. Tiki-Taka, der Ballbesitzfußball mit kurzem, schnellen
       Passspiel, gehört seit geraumer Zeit [3][sowohl bei den Männern] als auch
       bei den Frauen zur spanischen Fußballkultur. Und auch bei den Frauen wurde
       dieser Stil zuletzt wegen seiner allzu großen Berechenbarkeit um eine
       vertikale Dimension, den schnellen Steilpass, erweitert.
       
       Gegen die tapfer verteidigende Schweiz allerdings fehlte es mitunter an
       zielgerichteten Aktionen. Das weckt Erinnerungen. Bei den Olympischen
       Spielen in Paris verloren die Spanierinnen trotz üblicher
       Ballbesitzüberlegenheit (68 Prozent) das Duell um die Bronzemedaille.
       
       Bei der WM 2023 wurde das Team in der Vorrunde gar trotz 77 Prozent
       Ballbesitz von den Japanerinnen mit 0:4 vorgeführt. Wenn die Widerstände
       erheblich werden, entfaltete sich das spanische Spiel nicht zwangsläufig.
       Wobei die Torhüterin Cata Coll in dieser Hinsicht gerade die Partie gegen
       die Schweiz als hoffnungsspendend einstufte: „In Schwierigkeiten wachsen
       wir. Wir haben mehr Erfahrung, mehr Geduld.“ Aus spanischer Sicht lässt
       sich sagen: Schön wär’s.
       
       23 Jul 2025
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
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