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       # taz.de -- Fußballerinnen: Lächel doch mal
       
       > Geschlechterrollen wirken auch auf dem Fußballplatz. Dabei könnte es
       > manchmal auch einfach nur um Fußball gehen.
       
   IMG Bild: Zu ernst für den Mann am Mikro: Spaniens Trainerin Montserrat Tomé
       
       Auch im Halbfinale Deutschland gegen Spanien durfte dieser Hinweis an das
       TV-Publikum nicht fehlen: Die spanische Trainerin Montserrat Tomé lächelt
       nicht. Schlimmer noch, regelrecht grimmig schaut sie andauernd drein. Damit
       das auch nicht untergeht, kommt es im Turnierverlauf zuverlässig bei jedem
       spanischen Spiel zur Sprache. Sie habe stets einen „leicht zitronenartigen
       Gesichtsausdruck“, konstatierte ARD-Kommentator Bernd Schmelzer während des
       Halbfinals gegen Deutschland am Mittwochabend. Ja was fällt der guten Frau
       eigentlich ein?
       
       Und sie ist nicht die einzige. Auch Ann-Kathrin Berger sollte öfter
       lächeln. Das findet ihr Opa, lässt uns Bernd Schmelzer wissen. Klar, ein
       kantiger, konzentrierter Gesichtsausdruck ist einfach nichts für eine junge
       Dame. Unsere Mädels sollen doch Spaß haben bei ihrem schönen Fußballspiel!
       
       Ein ernster Gesichtsausdruck wird bei männlichen Trainern und Spielern
       selten kommentiert – vielleicht weil im Männerfußball-Journalismus der
       Sport im Fokus steht. Bei der Berichterstattung im Frauenbereich geht es
       noch zu viel um das [1][unkritische Abfeiern der Tatsache, dass gerade
       überhaupt eine Partie übertragen wird,] um nette Fans und herzensgute
       Spielerinnen. Das liegt auch daran, dass ein ernstes männliches Gesicht
       eher als Ausdruck von Fokussiertheit, Coolness oder Härte interpretiert
       wird. Frauen, für die andere Vorgaben von Schönheit und
       Geschlechterperformance gelten, sollten eher sanft auftreten, emotional
       zugänglich und freundlich sein.
       
       Fußballer können sogar vor laufender Kamera auf den Rasen rotzen, ohne dass
       das in irgendeiner Form kommentiert würde. Schon gemerkt, dass
       Fußballerinnen das eigentlich nie machen? Geschlechterspezifisch erlernte
       Benimmregeln zeigen sich eben auch auf dem Platz. Die Rasenrotzerei ist ein
       gutes Beispiel dafür, dass der Männerfußball viel vom Frauenfußball lernen
       kann – das Benutzen von Taschentüchern etwa.
       
       ## Vermeintlich feministisch
       
       Das Warum-guckt-sie-denn-so-böse-Credo passt zum kollektiven
       Nichternstnehmen von Fußballerinnen, das bisweilen vermeintlich
       feministisch daherkommt. Das klingt kompliziert, vielleicht lässt es sich
       an einem Beispiel erläutern: Nach dem Turnier-Aus der DFB-Elf schreibt
       Claudia Roth auf Instagram: „euer Mut, eure Spielfreude und euer
       Zusammenhalt machen Hoffnung“ und zwar „für den Sport, Sichtbarkeit und
       „echte Gleichberechtigung“.
       
       Daraus ergeben sich viele Fragen: Worin genau zeichnet sich der „Mut“ der
       Sportlerinnen aus? [2][Inwiefern macht ein Turnier, bei dem sich keine
       Spielerin politisch äußert, Hoffnung auf „echte Gleichberechtigung“?] Und
       ist das wirklich das, was für Fußballerinnen in dem Moment, in dem sie aus
       einem wichtigen Turnier ausscheiden, relevant ist? Wer Frauen, die
       professionell Leistungssport betreiben, darauf reduziert, dass sie das, was
       sie tun, als Frauen tun, nimmt ihre Leistung, ihre berufliche Tätigkeit und
       ihre Identität als Sportlerin nicht ernst.
       
       24 Jul 2025
       
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