# taz.de -- Sanktionen gegen israelische Politiker: Slowenien als Vorreiter
> Als erstes EU-Land sanktioniert Slowenien Itamar Ben-Gvir und Bezalel
> Smotrich. Den rechtsextremen Ministern werden „genozidale Aussagen“
> vorgeworfen.
IMG Bild: Israels rechter Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir bei einem Marsch durch das muslimische Viertel in Jerusalem im Mai 2025
Berlin taz | Slowenien erklärt zwei rechtsextreme israelische Politiker zu
unerwünschten Personen. Finanzminister Bezalel Smotrich und
Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir haben laut der Mitte-links Regierung in
Ljubljana zu Gewalt gegen Palästinenserinnen und Palästinenser aufgerufen
und „genozidale Aussagen“ getätigt. Daher seien sie künftig „in der
Republik Slowenien unerwünscht“, erklärte Außenministerin Tanja Fajon am
Donnerstag.
Die israelischen Minister „befürworten öffentlich die Ausweitung illegaler
israelischer Siedlungen im Westjordanland, die Zwangsumsiedlung von
Palästinensern und rufen zur Gewalt gegen die palästinensische
Zivilbevölkerung auf“, heißt es in einer Erklärung der Regierung. Als
„personae non gratae“, einem im Wiener Übereinkommen über diplomatische
Beziehungen festgelegten Status, dürfen beide künftig nicht mehr nach
Slowenien einreisen. Sollte sich die Lage im Gazastreifen nicht verbessern,
erwäge man weitere Sanktionen, sagte Fajon auf einer Pressekonferenz.
Das kleine mitteleuropäische Land geht damit als erstes EU-Mitglied einen
derartigen Schritt. [1][Mitte Juni hatten bereits Kanada, Australien,
Neuseeland, Großbritannien und Norwegen Sanktionen gegen Ben-Gvir und
Smotrich beschlossen]. Die EU hingegen konnte sich bisher nicht auf ein
gemeinsames Vorgehen einigen. Auch ein Treffen der EU-Außenministerinnen
und -minister am Dienstag blieb ergebnislos. Sloweniens grün-liberaler
Ministerpräsident Robert Golob hatte bereits vor dem Treffen angekündigt,
im Falle einer Nichteinigung eigene Schritte einzuleiten.
„Wir beschreiten neue Wege“, sagte Außenministerin Fajon. [2][Gegenüber dem
deutschen Journal für Internationale Politik und Gesellschaft] hatte sie
zuvor Bedauern darüber geäußert, dass „sich die EU nicht auf substanzielle
Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung oder gegen Vertreibungen in Gaza
einigen konnte“.
Slowenien vertritt innerhalb der EU eine ungewöhnlich kritische Position
gegenüber Israels Kriegsführung im Gazastreifen und dessen Siedlungspolitik
im Westjordanland. Staatspräsidentin Nataša Pirc Musar spricht offen von
einem „Völkermord“ in Gaza. Das Land unterstützt die südafrikanische Klage
gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH), [3][im Juni 2024
hatte Slowenien Palästina als Staat anerkannt].
## Empathie durch jugoslawisches Erbe
Vor allem unter linken Wählerinnen und Wählern genießt die Linie der
slowenischen Regierung Rückhalt. Die derzeitige Politik kann als ein
Versuch gesehen werden, sich vom unkritischen Kurs der rechten
Vorgängerregierung zu distanzieren.
Auch mögen die Hintergründe dafür in Sloweniens Vergangenheit liegen. Vor
dem Zusammenbruch Jugoslawiens in den 1990er Jahren vertrat die
kommunistische Führung unter Josip Broz Tito eine antiimperialistische
Linie und folgte einer Strategie der Nichteinmischung in die
Auseinandersetzung der politischen Blöcke während des Kalten Krieges sowie
der Unterstützung von Entwicklungsländern. Der frühere Diktator ist in
Slowenien umstritten, doch seine Ideen finden in Teilen der Bevölkerung
nach wie vor Anklang.
Andererseits kämpften die Sloweninnen und Slowenen selbst gegen eben jenes
Regime und für ihre Unabhängigkeit, die sie 1991 erhielten. Ein Umstand,
der sie nach Ansicht des slowenischen Journalisten Novica Mihajlovic
Empathie für die Lage in Palästina fühlen lässt. „Die Verwirklichung
unseres eigenen Selbstbestimmungsrechts bestimmt unsere Haltung, dieses
Recht anderen nicht zu verweigern. Das erklärt Sloweniens Haltung in der
UNO und in der EU zur Menschenrechtslage in Palästina“, sagte er im Mai
2024 gegenüber Al Jazeera.
Eine unmittelbare israelische Reaktion auf die Sanktionierung der beiden
Minister blieb bislang aus. Ben-Gvir und Smotrich, beide wohnhaft in
völkerrechtswidrig errichteten Siedlungen im besetzten Westjordanland,
standen in der Vergangenheit wegen extremer Äußerungen international in der
Kritik.
Beide sprachen sich mehrfach für die Vertreibung der
Palästinenserinnen und Palästinenser aus Gaza aus, Smotrich hatte
unter anderem mit der „totalen Zerstörung“ des Küstenstreifens gedroht.
Ben-Gvir, in Israel unter anderem wegen Unterstützung einer terroristischen
Vereinigung verurteilt, hatte Ende Mai die komplette Einstellung
humanitärer Hilfe gefordert und hinzugefügt: „Unsere Feinde verdienen nur
eine Kugel in den Kopf!“
18 Jul 2025
## LINKS
DIR [1] /Sanktionen-gegen-israelische-Minister/!6093605
DIR [2] https://www.ipg-journal.de/interviews/artikel/wir-haben-krisen-ueberstanden-und-koennen-auch-jetzt-wieder-tritt-fassen-8421/
DIR [3] /-Nachrichten-im-Nahost-Krieg-/!6015392
## AUTOREN
DIR Fabian Schroer
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