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       # taz.de -- Deutsche Filmförderung: Verbale Aufrüstung bei anhaltendem Finanzierungsvorbehalt
       
       > Kulturstaatsminister Weimar will den deutschen Film fördern. Das hört
       > sich gut an. Nur ob sich sein Plan auch umsetzen lässt, ist vorläufig
       > fraglich.
       
   IMG Bild: Kulturstaatsminister Weimar will den Filmstandort Deutschland stärken
       
       Die Sache liest sich prima. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer kündigt den
       „Durchbruch“ an – dass die Bundesregierung die „Filmförderung auf 250
       Millionen Euro jährlich verdoppelt“, um den Filmstandort Deutschland zu
       stärken. Dagegen ist absolut nichts zu sagen. Weimer selbst scheint so
       begeistert zu sein, dass man seiner Ankündigung geradezu eine Berauschtheit
       anzumerken meint: „Wir brauchen mehr Blockbuster und Serienhits made in
       Germany. Diese Reform ist der Soundtrack zum Aufbruch.“
       
       Und so geht es weiter: „Die Filmförderfonds werden jetzt international
       konkurrenzfähig ausgestattet. Gleichzeitig flankieren wir dieses große Plus
       bei der Förderung mit einer Investitionsverpflichtung für
       Mediendiensteanbieter. Die Branche und die Länder wissen wir bei diesem
       Großmanöver für den Filmstandort Deutschland an unserer Seite“.
       
       Da rüstet jemand kräftig mit Wortgebimmel auf. „Soundtrack zum Aufbruch“
       soll irgendwie nach Kino klingen, während die der Militärsprache entlehnten
       Wörter „flankieren“ und „Großmanöver“ vermuten lassen, dass sich Weimer den
       [1][vierfachen Oscar-Gewinner von Edward Berger, das Kriegsdrama „Im Westen
       nichts Neues“], zum Vorbild genommen hat. Allein: Wie es sich mit dieser
       cineastischen Strategie in der Realität verhält, bleibt ungewiss.
       
       Die Devise „mehr Blockbuster und Serienhits made in Germany“ kommt zwar
       griffig rüber, doch ob die gewünschten Produkte zu den Stärken der
       Filmproduktion hierzulande passen, ist eine andere Frage. [2][Genrefilme
       haben es in Deutschland traditionell schwer.] Listet man die Kinohits aus
       Deutschland der 2010er auf, liegen die „Fack Ju Göhte“-Trilogie und Til
       Schweigers „[3][Honig im Kopf]“ vorn.
       
       ## Keine Rede von „Filmkunst“
       
       Der Stoff für „international konkurrenzfähige“ Kinobeiträge sieht anders
       aus. Auch wäre interessant zu erfahren, ob kassenstarke Filme aus
       Deutschland im Sinne einer Quersubventionierung die weit günstigeren, aber
       oft umso stärker von Förderung abhängigen anspruchsvolleren Filme
       mitfinanzieren sollen. Ein militärisch unverdächtiger Ausdruck wie
       „Filmkunst“ fehlt in der Pressemitteilung vollständig.
       
       Weimers Rechnung steht zudem unter einem heiklen Vorbehalt. Denn die
       „Investitionsverpflichtung für Mediendiensteanbieter“ stößt bei Firmen wie
       Netflix bisher auf keine Gegenliebe. Von deren Zustimmung hängt jedoch ab,
       ob knapp die Hälfte der genannten Fördersumme, 120 Millionen Euro,
       überhaupt freigegeben werden. Ohne die stünde die Filmförderung am Ende mit
       kräftig geleerten Taschen da.
       
       Bei all den Hollywood-inspirierten Großproduktionsfantasien scheint eine
       entscheidende Partei in der Angelegenheit kaum in den Blick geraten zu
       sein: die Kinos. Für sie gibt es im Haushaltsentwurf keine zusätzlichen
       Mittel. In der Branche stehen laut dem Vorsitzenden des Ausschusses Kultur
       und Medien Sven Lehmann, Grüne, jedoch hohe Investitionen an. Wenn die
       Bundesregierung nicht handle, drohe in kommenden Jahren ein „Kinosterben“.
       Von seinem Durchbruch ist Weimer also noch weit entfernt.
       
       3 Aug 2025
       
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