URI: 
       # taz.de -- Nach Wadephuls Israel-Reise: Klare Worte, keine Schritte
       
       > Das Sicherheitskabinett stellt erneut Forderungen an die israelische
       > Regierung – konkrete Maßnahmen bleiben aus. In der SPD-Fraktion steigt
       > der Unmut.
       
   IMG Bild: Von allem zu wenig: Palästinenser transportieren Mehlsäcke, die über Israel nach Gaza gelangten, 2. August 2025
       
       In der SPD-Fraktion steigt der Unmut: Nachdem die Bundesregierung erneut
       keine Beschlüsse gefasst hat, den Druck auf die israelische Regierung zu
       erhöhen, [1][die humanitäre Situation in Gaza zu verbessern]. „Die Zeit der
       Erklärungen ist vorbei. Der Druck auf Israel muss erhöht werden“, sagte
       SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner der taz. „Das geht nur mit europäischer
       Geschlossenheit. Die Bundesregierung darf sich nicht länger gemeinsamen
       Sanktionsüberlegungen verschließen.“ Außenminister Johann Wadephul (CDU)
       habe bei seinem Israelbesuch zu Recht von einer Hungersnot gesprochen: „Wir
       dürfen nicht länger zusehen.“
       
       Auch Vize-Fraktionschefin Siemtje Möller, die Wadephul auf seiner
       zweitägigen Reise nach Israel und ins Westjordanland begleitet hatte,
       betonte gegenüber der taz, dass die Verantwortung für die Versorgung der
       Zivilbevökerung maßgeblich bei Israel liege. Es müsse sichere Landkorridore
       für Hilfslieferungen ermöglichen. „Der internationale Druck auf die
       israelische Regierung, humanitäre Hilfe uneingeschränkt zuzulassen, muss
       hoch bleiben.“ Das Sicherheitskabinett müsse daher auch erwägen,
       Rüstungsexporte an Israel zu stoppen. „Deutschland sollte sich der
       europäischen Initiative zur Ganz- oder Teilaussetzung des
       EU-Assoziierungsabkommens öffnen. Die Listung von rechtsextremen Siedlern
       und Regierungsmitgliedern darf kein Tabu mehr sein“, sagte Möller weiter.
       
       Ähnlich äußerte sich auch die SPD-Abgeordnete Isabel Cademartori. „Die
       Bundesregierung muss vom Reden ins Handeln kommen“, sagte Cademartori der
       taz. Die Lage in Gaza und im Westjordanland sei katastrophal – und die
       israelische Regierung zeige keinerlei Bereitschaft zur Kurskorrektur.
       „Deutschland darf sich in Europa nicht weiter isolieren. Wir müssen
       gemeinsam mit unseren Partnern jetzt Konsequenzen ziehen – dazu gehört auch
       [2][die Aussetzung des Assoziierungsabkommens mit Israel], dessen Grundlage
       die Achtung der Menschenrechte ist.“
       
       Im Auftrag des Sicherheitskabinetts war Außenminister Wadephul Ende der
       vergangenen Woche nach Israel und ins Westjordanland gereist, um über die
       dramatische humanitäre Lage in Gaza zu beraten und insbesondere der
       israelischen Regierung klarzumachen, dass sich diese sofort verbessern
       muss. Wadephul hatte deutliche Worte gewählt, von einer „Hungersnot“
       gesprochen und vor einer Annexion des Westjordanlandes gewarnt. Am Samstag
       informierte er die Mitglieder des Sicherheitskabinetts, dem neben
       Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Wadephul selbst unter anderem auch
       Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) und Innenminister Alexander Dobrindt (CSU)
       angehören, in einer Telefonschalte über seine Erkenntnisse.
       
       ## „Erste leichte Fortschritte in Gaza“
       
       Danach veröffentliche die Bundesregierung eine schmale Erklärung. Man sehe
       „erste leichte Fortschritte bei der humanitären Hilfe im Gazastreifen“,
       teilte Regierungssprecher Stefan Kornelius darin mit. Diese reichten aber
       „bei Weitem“ nicht aus, um die Notlage zu lindern. „Israel steht weiter in
       der Pflicht, eine umfassende Versorgung auch mit Unterstützung der
       Vereinten Nationen und anderer humanitärer Organisationen sicherzustellen.“
       Gleichzeitig zeigte sich die Bundesregierung besorgt über Informationen,
       wonach große Mengen an Hilfsgütern von der Hamas und kriminellen
       Organisationen zurückgehalten würden.
       
       Konkrete Maßnahmen, die den Druck auf Israel erhöhen, beschloss das
       Sicherheitskabinett also nicht. Dabei hatte Merz zuvor gesagt, die
       Bundesregierung behalte sich wegen der humanitären Lage im Gazastreifen
       Schritte vor, um den Druck auf Israel zu erhöhen.
       
       Unterdessen gibt es auch erste Stimmen in der CDU, die von der
       Bundesregierung fordern, gemeinsame Sanktionen der europäischen Staaten
       gegen Israel zu ermöglichen. CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen sagte der
       Zeit: „Wenn sich Israels Politik nicht sehr schnell ändern sollte, wäre
       auch Deutschland gezwungen, zusammen mit unseren Partnern konkrete
       Maßnahmen zu ergreifen.“
       
       3 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Krieg-und-Fotos/!6101615
   DIR [2] /Diplomat-ueber-deutsche-Haltung-zu-Gaza/!6103789
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sabine am Orde
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Johann Wadephul 
   DIR Gaza
   DIR Gaza
   DIR Palästina
   DIR Israel
   DIR Reden wir darüber
   DIR Social-Auswahl
   DIR Wirtschaft
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Gaza-Krieg
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Amnesty International
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Inflation, Kündigungen, Streiks: Warum Irans Wirtschaft am Boden liegt
       
       Vier Nullen will Iran aus seiner Währung streichen. Doch ob die Maßnahme
       die wirtschaftliche Misere im Land aufhalten kann, ist umstritten.
       
   DIR Propaganda der Hamas: Die Grausamkeit der Geiselvideos
       
       Hamas und PIJ veröffentlichten zwei neue Videos der israelischen Geiseln.
       Es ist Teil ihrer psychologischen Kriegsführung. Und die Strategie geht
       auf.
       
   DIR Krieg im Gazastreifen: Ist das ein Genozid?
       
       Begeht Israel in Gaza einen Völkermord? Gerichte prüfen das – und
       Jurist:innen und Historiker:innen streiten.
       
   DIR Außenminister Wadephul im Nahen Osten: Er scheut keine offenen Worte
       
       Bundesaußenminister Wadepuhl besucht das Westjordanland, hört von Hunger in
       Gaza und Siedlergewalt. Er stellt Forderungen an Israel. Ob das reicht?
       
   DIR Amnesty-Chefin über Luftbrücke für Gaza: „Das ist reine Symbolpolitik“
       
       Merz' Luftbrücke für Gaza könne die Hungersnot nicht stoppen. Julia Duchrow
       von Amnesty Deutschland fordert Sanktionen gegen Israels Regierung.