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       # taz.de -- In den sozialen Netzwerken: Trump und Moskau im rhetorischen Atomkrieg
       
       > Der US-Präsident reagiert mit Atom-U-Booten auf „provokante Äußerungen“
       > des russischen Hardliners Dmitri Medwedew. Nur ein verbaler
       > Schlagabtausch?
       
   IMG Bild: Das U-Boot USS „Georgia„ im Jahr 2020 im Persischen Golf
       
       Da haben sich zwei gefunden: US-Präsident Donald Trump und der ehemalige
       russische Präsident Dmitri Medwedew beharken sich in aller Öffentlichkeit –
       und führen vor, wie leicht es wäre, Russland und die USA an den Rand einer
       nuklearen Konfrontation zu treiben.
       
       Am Freitagabend [1][überraschte Trump die Welt mit der Ankündigung], er
       habe Atom-U-Boote gegen Russland in Stellung gebracht. „Aufgrund der
       hochgradig provokanten Äußerungen“ Medwedews, so Trump auf seinem sozialen
       Netzwerk Truth Social, „habe ich angeordnet, dass zwei Atom-U-Boote in den
       angemessenen Gegenden positioniert werden, nur für den Fall, dass diese
       dummen und aufwieglerischen Äußerungen mehr sind als das“. Der US-Präsident
       fügte in wohl unfreiwilliger Selbstironie hinzu: „Worte sind sehr wichtig
       und können oft zu unbeabsichtigten Folgen führen – ich hoffe, dies wird
       kein solches Ereignis sein.“
       
       Vizechef des russischen Sicherheitsrats, ist als Hardliner bekannt. Er hat
       mehrfach mit Atomschlägen auf europäische Städte und der Vernichtung der
       Ukraine gedroht. Trump ignorierte das bisher, doch zuletzt reagierte
       Medwedew persönlich aggressiv auf ihn.
       
       Die Vorgeschichte: Am 14. Juli forderte der US-Präsident Russlands
       Staatschef Wladimir Putin auf, den Ukraine-Krieg binnen 50 Tagen zu
       beenden, also bis Ende August. Als daraufhin aber Putin seine Angriffe auf
       ukrainische Städte erheblich intensivierte, äußerte sich Trump am 28. Juli
       „sehr enttäuscht“ und verkürzte die Frist auf nunmehr noch „zehn bis zwölf
       Tage“ – also bis zum kommenden Wochenende.
       
       ## Russland droht mit Enthüllungen über Trumps Sexleben
       
       Das bewog Medwedew zu Drohungen, die weit über die übliche russische Linie,
       wonach Moskau sich nicht mit Ultimaten unter Druck setzen lasse,
       hinausgingen. „Er sollte sich erinnern“, [2][schrieb Medwedew am 28. Juli
       auf X], an Trump gerichtet: „Erstens ist Russland nicht Israel oder gar
       Iran. Zweitens ist jedes neue Ultimatum eine Drohung und ein Schritt
       Richtung Krieg. Nicht zwischen Russland und der Ukraine, sondern mit seinem
       eigenen Land.“
       
       Damit brachte Medwedew einen direkten Krieg zwischen Russland und den USA
       ins Spiel. Auf so eine Provokation konnte der US-Präsident nur mit einer
       noch größeren antworten: die atomare Drohung.
       
       Das hat wiederum angeblich Medwedew weiter herausgefordert. Am Sonntag
       [3][wurde berichtet], der russische Politiker habe am Vortag mit
       Enthüllungen über Trumps Sexleben gedroht: „Trump sollte nicht denken, dass
       das Videoarchiv seiner vergangenen Unmoral nur in den Händen des Mossad
       ist“, wurde er zitiert. Der Mossad ist der israelische Geheimdienst.
       
       Schon seit Trumps ersten Wahlsieg in den USA 2016 kursieren Gerüchte, der
       russische Geheimdienst verfüge über kompromittierendes Material über Donald
       Trump aus seiner Zeit als Unternehmer mit Russlandgeschäften. Trump, so
       eine Theorie, könnte einst in Moskau mit Prostituierten in eine Falle
       gelockt worden sein. Oder russische Oligarchen hätten seinen Aufstieg zum
       New Yorker Immobilienmogul mit finanziert. Mit so etwas könne Moskau
       jederzeit den US-Präsidenten erpressen, und dies erkläre seine ansonsten
       irrationale Nachgiebigkeit gegenüber Putin in allen außenpolitischen
       Belangen. Jüngst ist eine dritte Theorie dazugekommen: Der russische
       Geheimdienst verfüge über die ominösen „Epstein Files“, die die Mittäter
       des 2019 in New Yorker Untersuchungshaft verstorbenen sexuellen
       Serienstraftäters auflisten, und darauf stehe Donald Trump als Pädophiler.
       
       ## Experten zweifeln an Trumps U-Boot-Fachverständnis
       
       Es ist unklar, ob die Medwedew zugeschriebene Äußerung echt ist. Aber
       selbst wenn sie erfunden ist: Trump kann da nicht zurückstecken, ohne damit
       Gerüchte über ihn zu bestätigen. Am Samstag [4][sagte er bereits] auf eine
       Reporterfrage, womit Medwedew ihn denn so „wütend“ gemacht habe: „Er redet
       über Atome, und wenn man über Atome redet, muss man vorbereitet sein, und
       wir sind vollkommen vorbereitet“.
       
       Bisher ist all dies bloß ein verbaler Schlagabtausch. Militärexperten
       wiesen bereits am Freitag darauf hin, dass der US-Präsident offengelassen
       hatte, was er eigentlich meint: atomar angetriebene U-Boote oder U-Boote
       mit Atomwaffen? „Und kennt er den Unterschied?“, [5][fragte boshaft] der
       Verteidigungsexperte der britischen Wochenzeitschrift Economist, Shashank
       Joshi. Trumps ehemaliger Sicherheitsberater John Bolton [6][warnte], eine
       Stationierung von U-Booten mit atomarer Erstschlagskapazität könnte vom
       Kreml „falsch verstanden“ werden: „Trump versteht nicht, wie die
       US-Atom-U-Boot-Flotte funktioniert. Ich hoffe, jemand beim Pentagon erklärt
       es ihm.“
       
       James Acton vom Carnegie-Friedensforschungsinstitut [7][wies darauf hin],
       dass die USA ständig vier oder fünf mit Atomwaffen bestückte U-Boote
       Patrouille fahren lässt. Die gesamte Flotte von 14 solchen U-Booten
       operiert von zwei Stützpunkten aus, an der Atlantik- und der Pazifikküste
       der USA; 70 Prozent aller nuklearen Sprengköpfe der USA können von U-Booten
       abgefeuert werden. Neben den USA besitzen auch Russland, China,
       Großbritannien, Frankreich, Indien und möglicherweise Nordkorea U-Boote mit
       Atomwaffen.
       
       Russlands Krieg gegen die Ukraine geht derweil unvermindert weiter. Die
       russischen Raketenangriffe auf die ukrainische Hauptstadt Kyjiw haben in
       den vergangenen Tagen ein nie dagewesenes Ausmaß erreicht, mit 31 Toten
       allein in der Nacht zu Freitag.
       
       Auch an der Front am Boden meldet Russland einen mittlerweile selten
       gewordenen Erfolg, nämlich die Einnahme der seit über einem Jahr belagerten
       Frontstadt Tschassiw Jar westlich von Bachmut. Diese war lange ein
       zentraler Punkt der ukrainischen Verteidigungslinien im Donbass. Russische
       Kommentatoren ziehen eine Linie von der Eroberung der Stadt Bachmut im Jahr
       2023, der Stadt Awdijiwka nahe Donezk im Jahr 2024 und nun Tschassiw Jar im
       Jahr 2025 als dritten Erfolg im ostukrainischen Gebiet Donezk.
       
       3 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://x.com/PeteHegseth/status/1951327810884178375
   DIR [2] https://x.com/MedvedevRussiaE/status/1949870764938711343
   DIR [3] https://x.com/davegreenidge57/status/1951754381927276626
   DIR [4] https://x.com/BlueATLGeorgia/status/1951428331414425946
   DIR [5] https://x.com/shashj/status/1951335112215286238
   DIR [6] https://x.com/Mylovanov/status/1951678151089603001
   DIR [7] https://x.com/james_acton32/status/1951338861931475024
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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