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       # taz.de -- Diskussion ums SEZ geht weiter: Ein Abriss ist nicht nötig
       
       > Fürs SEZ-Areal präferiert der Senat einen Entwurf, der den kompletten
       > Abriss vorsieht. Dabei gibt es eine Idee, die Wohnungen und SEZ
       > zusammenbringt.
       
   IMG Bild: So stellen sich die Münchner Architekten den Wohnungsneubau mit Teilen des SEZ vor
       
       Berlin taz | Das Bild mutet unwirklich an: An der Ecke Landsberger
       Allee/Danziger Straße erheben sich mehrere neu erbaute Hochhäuser. Teile
       des Sport- und Erholungszentrums (SEZ) stehen saniert davor und fügen sich
       harmonisch ins Gesamtensemble ein. Was wie ein Wunschtraum wirkt, ist ein
       Entwurf des [1][Architekturbüros 03 Arch aus München] für die
       städtebauliche Entwicklung des Areals, auf dem das 1981 eröffnete und
       mittlerweile arg heruntergekommene SEZ steht. Ein Entwurf, der aus dem
       Rennen ist. Für den das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg aber Feuer und
       Flamme ist.
       
       Die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) ist für das weitgehend verwahrloste
       und nicht mehr genutzte Areal im Auftrag des Senats zuständig. Vor zwei
       Jahren hatte sich der den ehemaligen DDR-Prestigebau nach endlosem Gezerre
       [2][per Räumung mit allem Pipapo] – Gerichtsvollzieherin, Landeskriminalamt
       und Polizei – zurückgeholt. Auf dem Gelände sind mehr als 550 neue
       Wohnungen geplant, davon 50 Prozent sozial gefördert, und laut WBM eine
       Gewerbefläche, „die eine nachhaltige Mischung aus Wohnen, Arbeiten und
       Freizeit“ ermöglichen soll. Platz ist genug da: Das SEZ-Karree umfasst rund
       30.000 Quadratmeter.
       
       Ende Juli wurde das Büro Stefan Forster mit einer Machbarkeitsstudie von
       der WBM beauftragt, sie soll Ende des Jahres vorliegen. Der Entwurf des
       Architektenbüros aus Frankfurt am Main hatte das Rennen gemacht. Unter der
       Regie der WBM fand Mitte Juli eine Jury zusammen, bei der fünf
       Planungsideen für die künftige Wohnbebauung des SEZ-Areals vorgestellt und
       bewertet wurden. Am Ende wurde eine Planung prämiert, die den kompletten
       Abriss vorsieht.
       
       Drei weitere Entwürfe sahen das ebenfalls vor. Eins der eingereichten
       Konzepte sticht hingegen hervor, weil es nicht den Komplettabriss des SEZ
       zum Ziel hat, ganz im Gegenteil. Der Entwurf liegt der taz exklusiv vor.
       Architekt Andreas Garkisch von 03 Arch – er ist Professor an der Fakultät
       Architektur und Urbanistik der Bauhaus Universität Weimar –, kennt das SEZ
       von innen, weil er bei einer [3][nicht öffentlichen Begehung im Mai] dieses
       Jahres teilgenommen hat.
       
       ## „Die Bausubstanz ist weniger schlecht als angenommen“
       
       Sein Befund: „Die aus DDR-Tagen stammende Bausubstanz ist weniger schlecht
       als angenommen“, sagt Garkisch der taz. Auch der Verweis auf eine starke
       Asbestbelastung sei bis auf eine kleine, leicht zu behebende Ausnahme
       irreführend. Im Inneren des SEZ sei zwar vieles verdreckt, aber das –
       genauso wie leichte Inneneinbauten des letzten Besitzers – ließe sich
       schnell ändern.
       
       Die Vorplanungen seitens der WBM sahen einen kompletten Abriss vor, sagt
       Garkisch. „Uns war es jedoch von Anfang an wichtig, das Gebäude mindestens
       in Teilen zu erhalten.“ Trotz Umbauten und Umnutzungen habe es seinen
       eigentümlichen Charme erhalten und berge „immenses Erinnerungs- und
       Identifikationspotenzial aus der eigenen Jugend“.
       
       Gleichzeitig wäre der Abriss „eines der wichtigsten Prestigegebäude der
       DDR“ nicht nur politisch, sondern auch ökologisch fragwürdig. „In unserem
       Entwurf haben wir nachgewiesen, dass die geforderten Wohnungen mindestens
       mit einem Teilerhalt der wichtigsten Bauteile des SEZ möglich sind“, sagt
       Garkisch.
       
       Demnach könnten der ehemalige Eingang und die Haupthalle sowie die Bauteile
       der anderen Hallen erhalten werden. Diesen „mutigen Entwurf zum Teilerhalt“
       favorisiert das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg. Er zeige, „dass
       Wohnungsbau und -Erhalt kein Widerspruch sind“, sagt Baustadtrat Florian
       Schmidt (Grüne). Ein Pluspunkt: „Zwei ikonische Merkmale des SEZ“ würden
       erhalten bleiben.
       
       ## Diskussion um den SEZ-Erhalt „ergebnisoffen weiterführen“
       
       Für Schmidt ist es weder baukulturell sinnvoll noch besonders demokratisch,
       nach Einreichung dieses „qualitätvollen Konzeptes nun mit einem
       Kahlschlagkonzept weiterzuarbeiten, als wäre nichts gewesen“. Der Stadtrat
       fordert daher Senat und WBM auf, die Diskussion um den Erhalt des SEZ
       „ergebnisoffen weiterzuführen und die Erkenntnisse des Wettbewerbs in die
       weitere planerische Auseinandersetzung einfließen zu lassen“.
       
       Dem Architekturbüro 03 Arch war es wichtig, mit ihrem Entwurf, „die
       Diskussion über den Erhalt des SEZ wieder anzufachen“, sagt Andreas
       Garkisch. Und noch mehr: „Wir haben mit dem Teilerhalt des SEZ die
       Empfehlung des Landesdenkmalrates wieder aufgenommen.“
       
       Der hatte im Juli in einer Empfehlung anerkannt, dass das Bauwerk durchaus
       eine geschichtliche Bedeutung hat und „in der Folge eine Denkmalwürdigkeit
       vermutet“. Im Übrigen könne die Frage der „Erhaltungswürdigkeit“ der Anlage
       „auch ohne Denkmalstatus bejaht werden“.
       
       Denn unter Denkmalschutz steht das SEZ zwar nicht. Der Landesdenkmalrat
       unterstützt aber die auch in Fachkreisen erhobene Forderung, „zumindest
       eine teilweise Erhaltung des Bauwerks als vorrangiges baukulturelles
       Anliegen zu betrachten und die vorliegenden Planungen für das Areal
       daraufhin zu überprüfen“.
       
       Es ginge nicht darum, das Gebäude als Denkmal zu konservieren, sagt
       Garkisch. Sondern kreativ mit der Bausubstanz umzugehen, die Erinnerungen
       an das Haus und seine Bedeutung zu erhalten. „Der Entwurf ist
       wirtschaftlich durchdacht und wäre auch mit den geforderten Wohnungen gut
       umsetzbar“, sagt Garkisch. Damit gehen die Diskussionen rund ums SEZ in die
       nächste Runde.
       
       4 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.03arch.de/about/
   DIR [2] /Ehemaliges-SEZ-in-Friedrichshain/!6036927
   DIR [3] /Abgeordnete-begehen-endlich-das-SEZ/!6084703
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Hergeth
       
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