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       # taz.de -- Wahlrecht in Deutschland: Klöckner will Reform der Reform
       
       > Die Bundestagspräsidentin mahnt die Regierungsparteien zu einer Änderung
       > des Wahlrechts. Eine Politikwissenschaftlerin sieht drängendere Probleme.
       
   IMG Bild: Möchte eine Reform der Reform: Julia Klöckner, Bundestagspräsidentin, CDU
       
       Berlin taz | Bundestagspräsidentin Julia Klöckner erteilt der Koalition
       eine Hausaufgabe für die sitzungsfreie Zeit. In einem Interview forderte
       sie am Montag eine erneute Reform [1][des erst in der vergangenen
       Legislatur geänderten Wahlrechts]. „Ich habe die Fraktionen gebeten, sich
       des Themas anzunehmen“, sagte die CDU-Politikerin der Nachrichtenagentur
       dpa. Klöckner kritisierte die „Entwertung“ der Erststimme durch die von der
       Ampelkoalition eingeführte Reform. Gleichzeitig begrüßte sie, dass der
       Bundestag durch den Wegfall von Überhang- und Ausgleichsmandaten kleiner
       geworden sei.
       
       „Es muss doch möglich sein, das Ziel der Wahlrechtsreform – eine deutliche
       Verkleinerung des Bundestags – mit einem verständlichen und gerechten
       Wahlrecht zu verbinden“, sagte die Bundestagspräsidentin. Dabei wollte sie
       keine eigenen Vorschläge für eine neuerliche Reform machen. Es lägen
       genügend Ideen auf dem Tisch.
       
       Der parlamentarische Geschäftsführers der SPD-Fraktion, Johannes Fechner,
       sah die Äußerungen der CDU-Politikerin deshalb skeptisch. „Frau Klöckners
       Vorstoß, das Wahlrecht ändern zu wollen, ohne einen eigenen Vorschlag zu
       machen, ist schon etwas dünn“, sagte er der taz. „Das heutige Wahlrecht
       wurde nicht nur vom Bundesverfassungsgericht abgesegnet, sondern hat sich
       auch bewährt.“
       
       Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP hatte mit einer Änderung des
       Bundestagswahlrechts eine Verkleinerung des Parlaments von zuletzt 735 auf
       630 Sitze erreicht. Dies gelang durch das Streichen von Überhang- und
       Ausgleichsmandaten. Eine Folge davon war jedoch, dass nach der
       Bundestagswahl 23 Wahlkreissieger*innen ihr errungenes Direktmandat
       nicht erhielten, weil ihrer Partei die nötige Zweitstimmendeckung fehlte.
       [2][Drei Wahlkreise in Baden-Württemberg] und einer in Hessen sind sogar
       überhaupt nicht mit einem Abgeordneten im Bundestag vertreten.
       
       ## Kommission soll auch Wahlrecht ab 16 prüfen
       
       Die Union hatte die Wahlrechtsreform der Ampel immer wieder als ein
       einseitig gegen CDU und CSU gerichtetes Vorhaben kritisiert. So war es auch
       CDU-Chef Friedrich Merz, der in der Vergangenheit eine Korrektur gefordert
       hatte. Ein Vorschlag aus den Reihen der Union lautete, weniger und größere
       Wahlkreise einzurichten.
       
       In ihrem Koalitionsvertrag hatten Union und SPD vereinbart, das Wahlrecht
       wieder zu ändern und dazu eine Kommission einzusetzen. Diese soll noch in
       diesem Jahr Vorschläge vorlegen mit dem Ziel, dass alle
       Wahlkreisgewinner*innen wieder in den Bundestag kommen. Außerdem soll
       das Parlament „grundsätzlich bei der aktuellen Größe verbleiben“.
       
       Im Zuge der neuen Reform soll laut Koalitionsvertrag auch geprüft werden,
       wie die gleichberechtigte Repräsentanz von Frauen im Parlament
       gewährleistet werden kann und ob das Wahlalter auch für Bundestagswahlen
       auf 16 Jahre gesenkt werden sollte. Dies hat die Union bislang abgelehnt.
       Hier könnte sie bei der Suche nach einem Kompromiss der SPD entgegenkommen.
       
       Politikwissenschaftlerin Britta Rehder hält die andauernden Diskussionen
       über Wahlrechtsreformen für ein Problem. „Die Akteure im Bundestag
       vermitteln den Eindruck, dass sie vor allem mit sich selbst und mit ihren
       eigenen Interessen befasst sind und nicht damit, die Probleme der Leute auf
       der Straße zu lösen“, sagte die Professorin für Politikwissenschaft an der
       Ruhr-Universität Bochum der taz. Keine Schwierigkeiten sieht sie allerdings
       in dem Vorgang, dass Klöckner als Bundestagspräsidentin einen Vorstoß
       macht. „Ja, sie ist befangen“, sagte sie. „Aber das sind alle anderen
       Parteien in der Frage auch.“
       
       4 Aug 2025
       
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