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       # taz.de -- Netflix-Serie „Marked“: Ein Ass im Ärmel
       
       > Die südafrikanische Netflix-Serie „Marked“ erzählt vom prekären Leben in
       > Soweto. Eine Geldtransporter-Fahrerin wird darin selbst zur Räuberin.
       
   IMG Bild: Babalwa (Lerato Mvelase) und die Mitglieder ihrer Kirchengemeinde geraten in eine Auseinandersetzung rivalisierender Gangs
       
       „Die Welt hat uns miese Karten gegeben. Und hiermit geben wir sie zurück“,
       sagt Babalwa Godongwana (Lerato Mvelase) zu ihren Freunden. Die Fahrerin
       eines Geldtransporters in Soweto, einem Teil der Metrolpolgemeinde
       Johannesburgs, plant, ihren eigenen Betrieb zu überfallen und so
       Millionenbeute zu machen. Die südafrikanische Netflix-Serie „Marked“ ist
       eine moderne Robin-Hood-Geschichte, in der sich die Armen und Entrechteten
       einfach nehmen, was sie brauchen.
       
       Eigentlich lebt die gläubige Babalwa, die viel Zeit in ihrer
       Kirchengemeinde verbringt, ganz streng nach den Regeln des Gesetzes. Ihre
       [1][Arbeit als Polizistin] hat sie aufgegeben, nachdem sie gegen korrupte
       Kollegen ausgesagt hatte. Nun jobbt sie als Fahrerin einer
       Geldtransportfirma. Als sie erfährt, dass ihre an Krebs erkrankte
       jugendliche Tochter Palesa (Ama Qamata) nur mithilfe einer Operation
       überleben kann, die 50.000 Euro kostet, eine für sie und ihren Ehemann
       unerschwingliche Summe, versucht sie bei Arbeitgeber und Kirchengemeinde
       Geld aufzutreiben.
       
       Aber mehr als wohlmeinende Ratschläge bekommt sie nicht. Als ein Gangster,
       den sie seit Jahren kennt, ihr anbietet, bei einem Raubzug auf den von ihr
       gefahrenen Geldtransport mitzumachen, stellt sie ihre moralischen Bedenken
       auf den Prüfstand. Und plötzlich wird die superkorrekte Babalwa selbst zum
       Gangster.
       
       Der flott erzählte Sechsteiler „Marked“ ist ein eigenwilliger
       „Heist-Thriller“, der [2][mit viel Spannung] von einem aberwitzigen Raubzug
       erzählt. Denn hier sind keine Profis am Werk. Babalwa versammelt einfach
       Mitglieder ihrer Kirchengemeinde, die in Finanznöten sind und mit dem
       Rücken zur Wand stehen. Den Coup ziehen sie durch, um endlich ihre
       zentnerschweren Alltagssorgen zu lösen.
       
       ## Ein prekäres Leben
       
       Denn das in diesem Sechsteiler geschilderte Leben in Soweto ist für viele,
       wenn auch nicht für alle, [3][äußerst prekär]. „Marked“ ist eben vor allem
       auch ein Sozialdrama, das von mangelnder Gesundheitsversorgung,
       verschuldeten Familien, Gangkriminalität, regelmäßig und stundenlang
       abgestelltem Strom (sogenanntem Load Shedding), Polizeibrutalität,
       Klassismus und steilen Arbeitshierarchien erzählt.
       
       Babalwa und ihre eigenwillige Amateurgangstergang wollen diese
       Ungerechtigkeiten wenigstens für sich und Angehörige ungeschehen machen,
       rauschen aber in eine knallharte Auseinandersetzung rivalisierender Gangs.
       Außerdem heftet sich ein ehemaliger Polizeikollege an Babalwas Fersen,
       dessen Karriere einst durch ihre Aussage beendet wurde.
       
       „Marked“ ist streckenweise ein sehr unterhaltsamer Krimi, der mit viel Witz
       davon erzählt, wie die regelkonformen Gemeindemitglieder gemeinsam ihren
       Raubzug planen. Wie gelingt es, Menschen davon zu überzeugen, Regeln zu
       brechen und welche inneren Konflikte treten dabei zutage? Das zeigt die
       Serie, die außerdem ein modernes, urbanes Südafrika in Szene setzt, in dem
       es ebenso einen gut situierten Mittelstand gibt, wie auch jede Menge Leute,
       die viel arbeiten und trotzdem gerade mal das Nötigste haben und kaum über
       die Runden kommen.
       
       Die Durchführung des großen Coups ist dann alles andere als einfach und hat
       natürlich jede Menge Ecken und Kanten. Der Überfall entwickelt seine ganz
       eigene Dynamik, die sich schließlich der Kontrolle von Babalwa und ihren
       Freunden entzieht. „Marked“ versammelt eine ganze Reihe in Südafrika
       bekannter Schauspielstars. Neben dem nigerianischen „Nollywood“ spielt
       Südafrika für Netflix als Produktionsstandort vor allem von Thrillerserien
       wie „Unseen“ und „Blood and Water“ eine immer größere Rolle.
       
       Wer sich statt öffentlich-rechtlicher Krimis oder den üblichen
       US-Crime-Serien zur Abwechslung eine ungewöhnliche Thrillerserie aus
       Südafrika ansehen will, dem sei „Marked“ empfohlen.
       
       4 Aug 2025
       
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