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       # taz.de -- Wolfram Weimers Gender-Verbot: Warum ich mich aus meiner Nationalsprache verabschiede
       
       > Kulturstaatsminister und Feuilletonisten laufen Sturm gegen das Gendern
       > und erklären die Gemeinheit zur Staatsräson. Unser Autor sagt: Es reicht.
       
   IMG Bild: Kultorstaaaaaaatsminister* Wolfram Weimer: unästhetisch, auf die Existenz von Frauen hinzuweisen
       
       Wutt sse fugging fukk? Wer glauben Fazfaxenmänner, dass sie sind? Was
       erlauben Kulturstaatsminister sich? Kulturstaatsminister und Fazfaxenmänner
       haben in Schtaaaaat untt Gesöllschaffft ein glasklar definiertes Loch zum
       Männermachtausüben. Jeder eins. Wenn sie kleinlich genug sind, passen auch
       beide in ein Loch rein. Und ich bin mir eigentlich ganz sicher, dass diese
       beiden kleinlich genug für ein Loch sind. Jetzt wollen sie mehr.
       
       Der Kulturstaatsminister Wolfram Weimer hat [1][für sein Amt das berühmte
       „Genderverbot“ ausgesprochen], weil das berüchtigte Gendersternchen die
       Schönheit der Sprache verletze. Der FAZ-Feuilleton-Herausgeber Jürgen Kaube
       [2][hat ihm applaudiert], weil es ihn stört, beim Lesen immer wieder auf
       die Existenz von Frauen hingewiesen zu werden. Er findet das unästhetisch.
       
       Zu behaupten, Frauen seien mitgemeint, wenn sie nicht angesprochen werden,
       ist grundsätzlich dumm und gemein, aber noch im gesellschaftlich
       akzeptierten Rahmen. Aber die Gemeinheit zur Schtaaaatsräsonk zu erklären
       und mit „Schönheit“ zu begründen – wutt sse fugging fukk? Das ist
       Sprachinbesitznahme von oben. Staatlicher Sprachraub. Anschmiegsame
       feuilletonistische Schönheitskaperung in staatlichem Interesse. Ein Angriff
       auf die offene Gesellschaft. Also das neue Normal.
       
       Früher war mir Deutschland egal, und jetzt glaube ich plötzlich, dass ich
       mein Land vor Kulturstaatsministern und Fazfaxenmännern schützen muss, vor
       Katzbuckelkanzlern und Glockenrockklöcknerinnen, weil sie einfach zu peinlo
       sind. Die beiden haben ein Nationalgefühl aus mir herausgekitzelt, weshalb
       ich mich jetzt vor mir selbst ekle, iiiiih!
       
       ## Mein Land hat das Peinlichsein gewählt
       
       Aber ich werde mein Land nicht verteidigen. Es hat das Peinlichsein frei
       gewählt und erfindet sich gerade neu, als Nation aus Cringe und Gewalt
       gegen Schwächere. Auf kulturstaatssinistere Weise müssen Begriffe wie Seele
       und Schönheit in Blut und Boden gepflanzt werden, man muss vor alten
       Ölschinken posieren und strahlend zu ihnen aufblicken. Was als deutsche
       Kultur gelten will, muss einen Goldrahmen aus Muff nachweisen.
       
       Deutsche Sprache und ihre Schönheit, wie Fazfaxenmänner und
       Kulturstaatsminister sie konstruieren, ist Arbeit an der Restauration einer
       uralten Ekelwelt. Männer, denen es nie um eine andere Menschenwürde ging
       als die eigene, wollen endlich ihre Allmachtsfantasien wahr werden lassen.
       Und überall reiten irr juchzende Großfeuilletonisten auf dem Vibe-Shift
       rund um den Thingplatz.
       
       Ihr könnt mich bayerisch-schulkreuzweise. Ich mache nicht mehr mit! Hiermit
       trete ich offiziell aus meiner Nationalsprache aus. Ab jetzt bin ich
       sprachlich staatenlos und spreche und schreibe nur noch meine eigene
       Sprache – alles meins, alle Worte, alle Regeln, Zutritt für Staatsräson
       verboten. Ich bin Sprachregierung, Sprachpolizei und höchstes
       Sprachgericht.
       
       ## Meine Sprache gehört allen
       
       So höret nun also mein Gesetz: Meine Sprache gehört allen und darf nie
       dafür verwendet werden, andere Menschen auszuschließen oder zu erniedrigen.
       Sie ist ein Spiel, das in Freiheit gespielt wird, mit so vielen
       Gendersternchen oder -doppelpunkten, wie ihr wollt. In meiner Sprache gibt
       es keine Sprachschönheit, die nicht aus dieser Freiheit entsteht, und ich
       schenke sie der überstaatlichen Gemeinschaft.
       
       Wolfram Weimer, Jürgen Kaube und allen anderen
       Staatssprach-Allmachtsmännern aber sage ich: Husch zurück in euer Loch!
       Euch verbiete ich alle Worte meiner Sprache, bis ans Ende aller Tage.
       
       6 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Wolfram-Weimers-Genderverbot-Weg-mit-Woke/!6101842
   DIR [2] https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/weimer-verbietet-gendern-in-behoerde-unschoene-sprache-110621375.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Robin Detje
       
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