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       # taz.de -- Israelische Militäroffensive: Israel plant vollständige Besatzung Gazas
       
       > Die Offensive „Gideon’s Chariots“ endet, ohne ihr Ziel zu erreichen.
       > Regierungschef Netanjahu will den Gazastreifen vollständig besetzen,
       > trotz Widerstands.
       
   IMG Bild: Israelische Truppen rücken am 1. August 2025 mit ihren Panzern in der Nähe des Grenzzauns zum Gazastreifen vor
       
       Berlin taz | In den vergangenen Tagen hat das israelische Militär Teile
       seiner Truppen aus dem [1][Gazastreifen abgezogen]. Nach Berichten der
       Times of Israel soll es sich um eine Eliteeinheit sowie zwei Brigaden der
       Reserve handeln. Einer Brigade sollen etwa 3.000 bis 5.000 Soldaten
       angehören.
       
       [2][Die Militäroperation „Gideon’s Chariots“], die Anfang Mai begonnen
       hatte, ist damit wohl beendet. Kurz bevor die Kampagne damals begann,
       posaunten israelische Politiker große Ziele hinaus: Die Operation sollte
       laut Verteidigungsminister Israel Katz „die Hamas besiegen und die
       Freilassung aller Geiseln erreichen“. Man werde „mit aller Härte vorgehen,
       um alle militärischen und staatlichen Strukturen der Hamas zu zerstören“.
       
       Dieses Wording ist nicht weit entfernt von dem, was Netanjahu am
       Montagabend wohl erklärte: Der ganze Gazastreifen solle nun besetzt werden.
       So berichten es verschiedene israelische Medien in Bezug auf regierungsnahe
       Quellen. Zu dieser geplanten Besatzung des Gazastreifens soll Netanjahu
       nach Angabe der Jerusalem Post nun eine Sitzung des Kabinetts anberaumt
       haben.
       
       Der Konflikt dazu mit dem israelischen Militär zeichnet sich bereits ab: So
       soll sich Generalstabschef Eyal Zamir gegen eine Besatzung Gazas
       ausgesprochen haben. Und der rechtsextreme Minister Itamar Ben-Gvir schrieb
       auf X: Zamir müsse „klar zum Ausdruck bringen, dass er die Weisungen der
       politischen Führung uneingeschränkt befolgen wird“.
       
       ## Hamas droht, verbliebene Geisel zu töten
       
       Wie genau soll diese Besatzung – und der Weg dorthin – aussehen? Blickt man
       auf die eben zu Ende gehende Kampagne „Gideon’s Chariots“ stellt sich diese
       Frage umso dringlicher. Keines der zuvor angegebenen Ziele – Sieg über die
       Hamas, Befreiung der Geiseln – konnte erreicht werden.
       
       Dem Militär ist bewusst: Die Hamas droht, die noch im Gazastreifen
       verbliebenen Geiseln zu töten, wenn sich Truppen ihren Positionen nähern.
       Insgesamt 50 Geiseln werden noch in Gaza festgehalten, etwa 20 davon sollen
       noch am Leben sein [3][– wenn auch in wohl katastrophalem
       Gesundheitszustand].
       
       Was also hat das israelische Militär seit Mai im Gazastreifen getrieben?
       Die Times of Israel schreibt: sich den Gegenden, in denen wohl Geiseln
       festgehalten werden, nicht genähert. Infrastruktur wie Gebäude und Tunnel
       in Gebieten, in denen bereits kaum mehr Konfrontationen mit der Hamas
       stattfanden, zerstört. Jüngst einen Vorstoß in Teile von Deir al-Balah in
       Zentral-Gaza gewagt, und sich dann wieder zurückgezogen. Trotzdem sind 48
       israelische Soldaten im Laufe der dreimonatigen Militäroperation ums Leben
       gekommen – die meisten von ihnen durch Sprengsätze, die die Hamas in
       Gebäuden und Tunneln angebracht hatte. Ein hoher Blutzoll für ein
       marginales Ergebnis.
       
       Auch der Plan, mit der [4][Offensive Druck auf die Hamas] in den
       schleppenden Verhandlungen um einen Geisel-Waffenruhe-Deal aufzubauen, ist
       wohl gescheitert. Mittlerweile haben Israel und die USA ihre
       Verhandlungsteams abgezogen.
       
       Es ist nicht das einzige Scheitern Israels auf strategischer Ebene in den
       letzten Monaten. Ab Anfang März 2025 hatte Israel keine Hilfslieferungen
       mehr in den Gazastreifen hineingelassen. Das hielt zwei Monate an, dann
       eröffnete [5][die von Israel unterstützte Gaza Humanitarian Foundation
       (GHF)] ihre Verteilzentren. Sie standen von Beginn an unter Kritik,
       befinden sich diese doch tief in Gebieten, zu deren Evakuierung das Militär
       eigentlich aufgerufen hat.
       
       ## Nicht das einzige Scheitern Israels
       
       Und bislang wurden Hunderte auf dem Weg zu den Verteilstellen – meist vom
       Militär – erschossen. Unter internationalem Druck ließ Israel schließlich
       ab 19. Mai wieder Güter über die Grenzübergänge – [6][allerdings in
       deutlich zu geringem Umfang]. In den vergangenen Wochen mehrten sich so die
       Berichte über weitverbreitete Unterernährung und Hungertote. Abgesehen von
       der horrenden Lage der palästinensischen Zivilbevölkerung war diese Politik
       auch für Israel eine PR-Katastrophe: Enge Verbündete wie Deutschland
       verschärften ob des Hungers in Gaza gegenüber Israel ihren Ton. Selbst
       US-Präsident Donald Trump zeigte sich irritiert.
       
       [7][Die Vereinten Nationen (UN) veröffentlichen die von ihnen gesammelten
       Daten] zu den Hilfstransporten, die seit dem 19. Mai nach Gaza eingefahren
       sind: Demnach wurden knapp 89 Prozent aller Lastwägen abgefangen – wie die
       UN schreibt, „von hungernden Menschen“ oder „bewaffneten Gruppen“. Davon
       profitiert auch die Hamas, die laut taz-Kontakten im Gazastreifenund
       Berichten anderer Medien mit ihrem „Sahm“ genannten Unit gegen Plünderer
       vorgeht.
       
       Wie geht es nun weiter? Das könnte auch von einer Kabinettssitzung in der
       libanesischen Hauptstadt Beirut abhängen, die am Dienstagnachmittag begann.
       [8][In ihr wird über die Entwaffnung der Schiiten-Miliz Hisbollah
       diskutiert.] Sollte keine Einigung erzielt werden, so befürchten Analysten,
       könnte Israel seine trotz Waffenruhe anhaltenden Luftangriffe im nördlichen
       Nachbarland ausweiten – und es wieder einen [9][ausgewachsenen Krieg]
       geben. Und die gerade erst aus Gaza abgezogenen Truppen vielleicht dort
       landen.
       
       5 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Diplomat-ueber-deutsche-Haltung-zu-Gaza/!6103789
   DIR [2] /Israelische-Militaeroffensive/!6085854
   DIR [3] /Propaganda-der-Hamas/!6101794
   DIR [4] /Besuch-von-Wadephul-in-Israel/!6101740
   DIR [5] /Umstrittenes-Hilfswerk-in-Gaza/!6092687
   DIR [6] /Hungersnot-in-Gaza/!6102490
   DIR [7] https://app.un2720.org/tracking
   DIR [8] /Entwaffnung-der-Hisbollah-im-Libanon/!6101847
   DIR [9] /Luftangriffe-auf-Libanons-Hauptstadt-/!6039379
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lisa Schneider
       
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