# taz.de -- Umstrittener Abbau von Grundwasserschutz: Grüne klagen gegen den Bundesagrarminister
> Pünktlich zum Bauerntag meldete Alois Rainer die Abschaffung einer dort
> unbeliebten Verordnung – am Bundestag vorbei. Nun muss Karlsruhe
> entscheiden.
IMG Bild: Hat die Stoffbilanz-Verordnung ohne Beteiligung des Bundestags abgeschafft: Alois Rainer (CSU), Bundesminister für Landwirtschaft
FREIBURG taz | Gleich mit einer seiner ersten Amtshandlungen hat
Agrarminister Alois Rainer (CSU) einen Verfassungskonflikt ausgelöst. Weil
er die [1][Stoffstrombilanz-Verordnung, die dem Schutz des Grundwassers
gegen übermäßiges Düngen dient, ohne Beteiligung des Bundestags abgeschafft
hat], haben die Bundestags-Grünen jetzt Organklage beim
Bundesverfassungsgericht erhoben.
Die Verordnung war 2017 unter Agrarminister Christian Schmidt (CSU)
eingeführt worden. Nach dem „Hoftorprinzip“ sollten Landwirte jährlich
bilanzieren, wieviel Stickstoff und Phosphat in den Betrieb hineingesteckt
wurde und wieviel in Form von Ernte herauskam. Das zeigte nicht nur, wer
effizient wirtschaftet, sondern auch [2][wer durch Überdüngung vermutlich
das Grundwasser schädigt].
Der Bauernverband hielt die Stoffstrom-Bilanz allerdings für unnötige
Bürokratie und forderte schon lange eine Rücknahme der Verordnung. Dies
versprach dann auch die neue schwarz-rote Koalition: [3][„Wir schaffen die
Stoffstrombilanzverordnung ab“, heißt es knapp und deutlich im
Koalitionsvertrag].
## Verursacher nicht mehr nachvollziehbar
Und Agrarminister Alois Rainer meldete schon Ende Juni Vollzug. Die Bauern
sollten um Buchhaltungsaufwand im Wert von 18,1 Millionen Euro pro Jahr
entlastet werden und wieder mehr Zeit „für die wesentlichen Arbeiten im
Betrieb“ haben, so Rainer. Umweltstandards würden bei diesem
Bürokratie-Abbau nicht gesenkt, versprach der Minister. Allerdings,
monierten Kritiker, sei nun auch [4][nicht mehr nachvollziehbar, wer die
Hauptverursacher der Überdüngung sind].
Die Verfassungsklage der Grünen bezieht sich nun ausschließlich auf das
Verfahren. Sie beanstanden. dass Minister Rainer die Stoffbilanz-Verordnung
ohne Beteiligung des Bundestags abgeschafft hat.
Diese Beteiligung ist im Düngegesetz für die Schaffung und Änderung der
Verordnung ausdrücklich vorgesehen. „Die Abschaffung der Verordnung ist
eine besonders weitgehende Form der Änderung“, sagt der
Grünen-Rechtspolitiker Till Steffen. Also müsse natürlich auch hier der
Bundestag beteiligt werden. Steffen hat einen Verdacht, warum es so schnell
gehen musste: „Der Minister wollte wohl schon beim Bauerntag Ende Juni
Vollzug melden.“
## Im Namen des Bundestages
Die grüne Oppositionsfraktion klagt nun im Namen des Bundestags dessen
Rechte ein, was verfassungsrechtliche zulässig und üblich ist. Steffen hält
die Klage auch für grundsätzlich. Es gebe [5][einen Trend, Entscheidungen
zur Regierung zu verlagern, um Bundestag und Bundesrat auszuschalten, etwa
auch im Asylrecht]. Es handele sich sogar um eine globale Gefahr, so
Steffen, weil US-Präsident Donald Trump fast nur durch Dekrete am
US-Kongress vorbei regiert. „Das darf in Deutschland nicht Schule machen“,
betont der Abgeordnete.
Die 50-seitige Klage hat der renommierte Münchener Rechtsprofessor
Christian Walter erstellt und bereits am Montagabend eingereicht. Darin hat
Walter auch einen Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt. Der
Eil-Antrag soll nicht nur schwere Nachteile für Parlamentsrechte
verhindern, sondern auch [6][das Grundwasser schützen], die Einhaltung von
EU-Vorgaben ermöglichen und Rechtsunsicherheit in den Agrarbetrieben
vermeiden. Wann Karlsruhe entscheidet, ist noch nicht abzusehen.
5 Aug 2025
## LINKS
DIR [1] /Alois-Rainer-beim-Bauerntag-in-Berlin/!6093236
DIR [2] /Stickstoff-Ausstoss-der-Landwirtschaft/!6064305
DIR [3] https://www.koalitionsvertrag2025.de/
DIR [4] /Plaene-des-Agrarministeriums/!6095394
DIR [5] /Asylrechtsverschaerfungen/!6089926
DIR [6] /Neue-Regeln-fuer-EU-Agrarsubventionen/!6084666
## AUTOREN
DIR Christian Rath
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