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       # taz.de -- Parole „From the River to the Sea“: Anwält*innen fordern Ende der Kriminalisierung
       
       > In einem Brief an Berlins Polizei und Justiz drängen Dutzende
       > Anwält*innen auf ein Ende der Strafverfolgung der Parole „From the
       > River to the Sea“.
       
   IMG Bild: Die „Internationalist Queer Pride“ wurde von der Polizei beendet, weil die umstrittene Parole zu hören gewesen sein soll
       
       Berlin taz | Mehr als 50 Rechtsanwält*innen fordern in einem
       [1][offenen Brief] an die Berliner Polizei und Staatsanwaltschaft ein
       sofortiges Ende der Strafverfolgung der propalästinensischen Parole „From
       the River to the Sea“.
       
       Die jüngsten [2][Freisprüche am Amtsgericht Tiergarten] sowie ein
       wissenschaftliches [3][Gutachten des Landeskriminalamts] seien eindeutig,
       heißt es in dem Schreiben von Dienstag: „Die Verwendung des Slogans ist
       divers, seine Bedeutung ist mannigfaltig.“ Menschen, die den Spruch
       verwendeten, dürften deshalb nicht weiter belangt werden: „Eine
       entsprechende Weisung ist unverzüglich zu erteilen.“
       
       Der Umgang mit der Parole „From the River to the Sea, Palestine will be
       free“ ist [4][seit Langem umstritten]. Im November 2023 erklärte das
       Bundesinnenministerium die erste Hälfte des Spruchs in einer
       Verbotsverfügung zum Kennzeichen der Terrororganisation Hamas.
       
       In Berlin stuft die Staatsanwaltschaft den Halbsatz deshalb als strafbar
       ein. Die Polizei geht auf dieser Grundlage rigoros gegen Personen vor, die
       ihn rufen, auf Plakate schreiben oder im Internet posten. Es kommt zu
       Festnahmen und Wohnungsdurchsuchungen, Demos werden beendet oder verboten.
       
       ## Gericht verweigert Eröffnung eines Verfahrens
       
       Jedoch zeichnet sich seit einigen Wochen ab, [5][dass es keine
       Rechtsgrundlage für dieses Handeln gibt]. Zuletzt wurden mehrere
       Aktivist*innen freigesprochen, die wegen der Verwendung der Parole
       angeklagt waren. Dabei betonte das Amtsgericht Tiergarten unter anderem,
       dass der Slogan nicht automatisch Hamas-Propaganda sei, nur weil dies das
       Innenministerium so betrachtet. Vielmehr müsse das Gericht eigenständig
       prüfen, ob ein der Slogan als Terrorsymbol verwendet wurde. Und das habe
       die Beweisaufnahme nicht ergeben.
       
       Ende Juli lehnte das Gericht dann sogar die Eröffnung eines Hauptverfahrens
       wegen des Vorwurfs ab: „Es besteht kein hinreichender Tatverdacht dafür,
       dass es sich bei der Wortfolge um eine Parole der Hamas handelt“, heißt es
       in dem Beschluss, der der taz vorliegt.
       
       ## Hunderte Verfahren wohl noch anhängig
       
       Angesichts dessen sei längst überfällig, dass die Staatsanwaltschaft von
       der Verfolgung der Parole abrückt, sagt der Rechtsanwalt Benjamin Düsberg
       am Dienstag zur taz: „Das Gericht hat nach ausführlicher Beweisaufnahme in
       einer Serie an Urteilen immer wieder bestätigt: Der Slogan ist nicht
       strafbar.“
       
       Düsberg ist einer der Initiator*innen des offenen Briefs und hat vor
       Gericht Personen verteidigt, die wegen der Parole angeklagt waren. „Wir
       verstehen nicht, warum die Kriminalisierung trotzdem ungebrochen
       weitergeht“, kritisiert er mit Blick auf [6][das Vorgehen der Polizei bei
       Demonstrationen] in den vergangenen Wochen. „Das ist nicht mehr tragbar und
       sorgt für ein unnötig hohes Eskalationspotenzial.“ Laut Düsbergs Schätzung
       sind an Berliner Gerichten noch mehrere Hundert Verfahren wegen des Slogans
       anhängig.
       
       Man müsse sich fragen, ob diese Praxis nicht als Verfolgung Unschuldiger
       einzustufen sei, heißt es dazu im offenen Brief der Anwält*innen. Die
       Anklagen und Strafbefehlsanträge seien zurückzunehmen.
       
       Die Staatsanwaltschaft wollte sich am Dienstag nicht dazu äußern, ob in
       Anbetracht der Rechtsprechung eine Neubewertung der Parole erfolgt. Der
       Brief sei eingegangen und werde nunmehr geprüft, erklärte ein Sprecher auf
       taz-Anfrage. Die Polizei wiederum verwies auf Nachfrage an die
       Staatsanwaltschaft. „Die abschließende rechtliche Bewertung, ob ein
       bestimmtes Verhalten den Tatbestand einer Straftat erfüllt, obliegt nicht
       der Polizei“, so ein Sprecher.
       
       5 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://envs.sh/QFE.pdf
   DIR [2] /Prozess-gegen-Palaestina-Aktivistin/!6099634
   DIR [3] /Student-in-Berlin-nach-Anklage-wegen-Palaestina-Parole-From-the-River-freigesprochen/!6095582
   DIR [4] /Umgang-mit-Palaestina-Parole/!6104185
   DIR [5] /Palaestina-Solidaritaet-in-Berlin/!6099452
   DIR [6] /Christopher-Street-Day-in-Berlin/!6103772
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hanno Fleckenstein
       
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