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       # taz.de -- Studie zu Führungskräften: Bremen setzt auf Männer
       
       > In öffentlichen Bremer Unternehmen gingen im letzten Jahr 14 von 16
       > offene Spitzenpositionen an Männer. Das ist schon zum zweiten Jahr in
       > Folge so.
       
   IMG Bild: Je weiter oben, desto weniger weiblich. Wieso Frauen in Führungspositionen immer rote Hackenschuhe anhaben müssen? Keine Ahnung
       
       Bremen taz | Öffentliche Unternehmen in Bremen haben ihre
       Führungspositionen im vergangenen Jahr fast ausschließlich mit Männern
       besetzt. Das zeigt eine Studie der Zeppelin-Universität Friedrichshafen.
       Die Fit-Studie („Frauen in Topmanagement-Organen in öffentlichen
       Unternehmen“) [1][untersucht jährlich den Anteil an Frauen in
       Spitzenpositionen der öffentlichen Hand] und vergleicht dabei 69 Städte
       sowie den Bund und die Länder miteinander.
       
       Zwischen April 2024 und April 2025 wurden demnach nur 12,5 Prozent der
       Spitzenpositionen in öffentlichen Unternehmen im Land mit Frauen besetzt.
       In ganzen Zahlen ausgedrückt: Es gab in diesem Zeitraum 16 offene Stellen
       im Top-Management. Nur bei zweien davon hat man einer Frau vertraut. Nur
       das Saarland hatte noch schlechtere Werte.
       
       Als öffentliche Unternehmen gelten dabei Unternehmen, die zwar
       grundsätzlich privatwirtschaftlich agieren, bei denen aber entweder das
       Land oder eine der beiden Städte Bremen und Bremerhaven mit mehr als 50
       Prozent beteiligt ist. Dazu gehören in Bremen etwa die
       Wohnungsbauunternehmen Brebau und Gewoba, die Krankenhausgesellschaft
       Gesundheit Nord, die Bremer Bäder oder auch eine Fährgesellschaft. Die
       Unternehmen agieren privatwirtschaftlich, Bremen hat aber einen Einfluss.
       
       Erhebungen des Landes selbst können die Erkenntnisse der Studie schon
       deshalb nicht bestätigen oder erklären, weil der letzte Beteiligungsbericht
       der Stadt für das Jahr 2023 erschienen ist. Ein Trend hin zu weniger Frauen
       in den Führungsetagen lässt sich dort ebenfalls nicht ableiten. Im
       Gegenteil: Zwischen 2020 und 2023 ist demnach der Frauenanteil bei den
       Geschäftsführungen von 22,4 auf 33,3 Prozent gestiegen. Die Fit-Studie
       zählte 2023 noch 31,1 Prozent. Die Zahlen sind nicht ganz vergleichbar,
       weil Bremerhaven im Beteiligungsbericht Bremens nicht berücksichtigt wird –
       wohl aber in der Fit-Studie.
       
       Die Werte waren also immer weit von einer Parität entfernt, aber im
       Ländervergleich stand Bremen – laut Fit-Studie – damals doch
       überdurchschnittlich gut da: Der Durchschnitt aller untersuchten 69 Städte
       lag damals bei 21,5 Prozent. Noch für den Untersuchungszeitraum bis zum
       April 2023 konstatierte die Studie auch für die Neubesetzungen eine
       Spitzenposition für Bremen: Mit damals 38 Prozent war die Stadt noch direkt
       hinter [2][Hamburg] und [3][Berlin] ganz vorn dabei.
       
       Ein einmaliger Ausrutscher ist die aktuell extrem männerlastige Besetzung
       nicht: Schon bei den Ergebnissen der Studie im vergangenen Jahr (für den
       Zeitraum April 2023 bis April 2024) gehörte Bremen zu den Schlusslichtern.
       
       Was zu der dramatischen Entwicklung geführt haben könnte, bleibt vorerst im
       Dunkeln. Dank der beiden schlechten Besetzungsjahre ist der Gesamtanteil an
       Chefinnen in öffentlichen Unternehmen seit 2023 auf 26 Prozent gefallen.
       
       Die Zahl erstaunt auch deshalb, weil sie so unnötig erscheint. Bremen hat
       schon 2002 ein [4][Gender-Mainstreaming-Konzept] verankert, um die
       Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern. Der Auftrag des Konzepts:
       die Geschlechterperspektive systematisch bei allen Planungs- und
       Entscheidungsprozessen berücksichtigen. Bei Stellenbesetzungen hatte das
       aber offenbar bisher keine Auswirkungen.
       
       Tatsächlich gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten, die
       Stellenbesetzung in öffentlichen Unternehmen gendergerechter zu gestalten.
       Einen gesetzlichen Rahmen hat Bremen bisher nicht geschaffen.
       
       Eine Möglichkeit der rechtlichen Verankerung hat der Bund im Jahr 2008
       gezeigt: Für seine eigenen Gesellschaften hat der damals im GmbH-Gesetz
       bestimmt, dass bei mehr als zwei Geschäftsführenden mindestens eine der
       Leitungsstellen mit einer Frau und eine mit einem Mann besetzt werden muss.
       Viele Länder haben diese oder ähnlich wirkende Regelungen für ihre eigenen
       Gesellschaften übernommen; Bremen gehört zu den wenigen, die das nicht
       getan haben.
       
       Zumindest eine entsprechende Regelung im Public-Corporate-Governance-Kodex
       wünscht sich die Landesfrauenbeauftragte. Der ist zwar nicht verbindlich,
       verpflichtet aber die Beteiligten zumindest, sich zu erklären, wenn Regeln
       nicht eingehalten werden.
       
       Immerhin: Laut Finanzbehörde hat Bremen eine solche Vorgabe 2023
       eingeführt. Seitdem heißt es im Handbuch Beteiligungsmanagement: „Bei der
       Besetzung oder Nachbesetzung von Geschäftsführungen oder Vorständen, die
       aus mehr als einer Person bestehen, ist grundsätzlich auf eine
       geschlechter- bzw. genderparitätische Besetzung hinzuwirken.“ Sollte die
       Auswahlsituation keine Besetzung mit dem unterrepräsentierten Geschlecht
       hergeben, so „ist dies zu begründen und, z. B. über den Nachweis gezielter
       Ansprachen, zu belegen“.
       
       ## Handlungskodex nicht bekannt
       
       Im Büro der Gleichstellungsbeauftragten glaubt man grundsätzlich, dass
       solche weichen Regelungen Erfolg haben können – für Aufsichtsräte gibt es
       solche Vorgaben schon länger, mit gewissem Erfolg: Immerhin 39 Prozent der
       Aufsichtsrätinnen in Gesellschaften mit Bremer Beteiligung sind weiblich,
       bei direkter Besetzung durch den Senat sind es 49 Prozent.
       
       Doch für die neue Besetzungsregelung scheint diese Erfahrung bisher nicht
       zu gelten – schließlich sind es ausgerechnet die beiden Jahre seit 2023, in
       denen das Missverhältnis besonders deutlich war. Eine Erklärung dafür gibt
       es bislang noch nicht.
       
       Bei den Studienautor*innen – und auch im Büro der
       Gleichstellungsbeauftragten – ist der Handlungskodex aus dem Handbuch
       Beteiligungsmanagement offenbar nicht bekannt. Zumindest fordert die
       Gleichstellungsbeauftragte bisher noch eine entsprechende Regelung; und die
       Studie vermeldet in einer tabellarischen Zusammenstellung, es gebe in
       „Bremen, Magdeburg, Potsdam, Sachsen, Stuttgart, Schwerin“ keine direkte
       Regelung hierzu.
       
       9 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Lotta Drügemöller
       
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