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       # taz.de -- Festnahme nach Cyberangriff auf die taz: Ungarischer Hacker „HANO“ gefasst
       
       > Ungarns Polizei hat einen Mann festgenommen, der mutmaßlich am Tag der
       > Bundestagswahl taz.de lahmlegte. In Ungarn attackierte er
       > regierungskritische Medien.
       
   IMG Bild: Bei den Cyberangriffen von „Hano“ handelte es sich um sogenannte DDoS-Attacken, also einen Überlastungsangriff
       
       BERLIN taz | Er nannte sich selbst „Hano“ und hatte es offenbar vor allem
       auf kritische Medien abgesehen: Die ungarische Polizei hat einen Hacker
       gefasst, der zahlreiche Medienwebseiten in Ungarn und Europa angegriffen
       haben soll, darunter auch die der taz.
       
       Ausgerechnet am Tag der Bundestagswahl, am 23. Februar 2025, war die
       Webseite der taz von einer massiven Cyberattacke lahmgelegt worden. Für
       mehrere Stunden war sie nicht zu erreichen. [1][Recherchen der taz] legten
       im April offen, dass der Angriff vermutlich aus Ungarn kam und von einer
       Person namens „Hano“ gesteuert worden waren. Jener „Hano“ wurde nun
       offenbar in Ungarn festgenommen.
       
       Es soll sich laut [2][ungarischer Polizei] um einen 23-jährigen Mann aus
       Budapest handeln. Bereits am 9. Juli sei sein Haus durchsucht und mehrere
       IT-Geräte beschlagnahmt worden. Darauf sollen „eindeutige Beweise für die
       Begehung der Straftaten“ gefunden worden sein, wie die Polizei erklärte.
       Die Ermittlungen hätten ergeben, dass der Angreifer gezielt und nach einem
       vorab ausgearbeiteten Plan vorgegangen sei. Der Verdächtige wurde
       festgenommen, ist aber nun wieder auf freiem Fuß.
       
       Seit April 2023 hatte Hano vornehmlich die Websites regierungskritischer
       Medien in Ungarn attackiert, darunter die Portale HVG, 444, 24.hu, Telex
       und Media1.hu. Auch das International Press Institute (IPI) mit Sitz in
       Wien wurde Opfer eines Angriffs. Nach Informationen der taz hatte der
       Hacker seine Angriffe teilweise bis ins Jahr 2025 fortgesetzt. Das
       unabhängige Online-Medienhaus Media1.hu musste seine Webserver wegen der
       Angriffe ins Ausland verlegen und erklärte, der Schaden gehe in die
       Tausende.
       
       ## Teilweise massiven Schaden angerichtet
       
       Daniel Szalay, Gründer und Chefredakteur von Media1, sagte der taz: „Hano
       hat uns einen erheblichen materiellen und immateriellen Schaden zugefügt,
       daher werden wir die Angelegenheit nicht ruhen lassen. Sobald wir die
       genauen Einzelheiten kennen, werden wir prüfen, ob es sich lohnt,
       zivilrechtlich gegen Hano vorzugehen.“ Auch die taz erwägt, den
       mutmaßlichen Täter wegen Schadenersatz zu verklagen.
       
       Bei den Cyberangriffen von Hano handelte es sich um sogenannte
       DDoS-Attacken, also Überlastungsangriffe. Websites werden dabei mit
       tausenden Anfragen überflutet, bis die Server aufgeben und reguläre
       Nutzer*innen nicht mehr zugreifen können. Oftmals werden dafür
       sogenannten „Botnetze“ genutzt. Als Botnetze gelten Netzwerke, bei denen
       unter anderem die Rechner von Privatpersonen – freiwillig oder unfreiwillig
       – für gemeinsame Attacken zentral gesteuert werden.
       
       Auch Hano nutzte offenbar solche Botnetze. Bei seinen Angriffen hinterließ
       er teilweise persönliche Nachrichten, die darauf schließen ließen, dass er
       sich gut in der ungarischen Medienlandschaft auskennt – aber auch darauf,
       dass er politische Motive verfolgte. Laut Media1-Chefredakteur Szalay
       erfolgten die Angriffe immer dann, wenn sein Portal über besonders
       peinliche Skandale der Orbán-Regierung berichtet habe. „Zum jetzigen
       Zeitpunkt können wir nicht mit Sicherheit sagen, ob der Angreifer
       Verbindungen zu regierungsnahen Gruppen oder ähnlichen Organisationen hatte
       – oder ob er einfach ein fanatischer Anhänger der Regierung war“, sagte
       Szalay der taz.
       
       Scott Griffen, Geschäftsführer des International Press Institute, forderte
       die Behörden auf, das Motiv hinter diesen Angriffen eindeutig zu
       identifizieren. Es müsse umfassend und transparent untersucht werden, ob
       externe Koordinierung oder Finanzierung bei diesen gezielten Angriffen auf
       unabhängige Medien und die Zivilgesellschaft eine Rolle gespielt haben.
       
       Der Hacker schien mit seinen Attacken zudem auf Berichte über seine eigenen
       Aktivitäten zu reagieren. So wurde im August 2023 der Internetauftritt des
       International Press Institute (IPI) von Hano lahmgelegt, nachdem dieses
       einen längeren Artikel über die Hackerangriffe in Ungarn veröffentlicht
       hatte. Das IPI [3][brauchte drei Tage], bis seine Webseite wieder online
       gehen konnte.
       
       Die taz wiederum [4][berichtete] am 13. September 2023 darüber – und erlitt
       genau eine Woche später, am 20. September 2023, ebenfalls eine
       Überlastungsattacke. Dafür, dass diese auf Hano zurückzuführen ist, gab es
       später keine Hinweise mehr, aber sie steht im zeitlichen Zusammenhang zu
       der Berichterstattung.
       
       ## Angriff am Tag der Bundestagswahl
       
       Über ein Jahr später, am Tag der Bundestagswahl am 23. Februar 2025, wurde
       die taz dann erneut Ziel eines Cyberangriffs. Für jenen Tag gibt es klare
       Hinweise, dass Hano dahinter steckte. In den Protokollen der Server fand
       sich etwa die Aussage: „HanoHatesU“, zu Deutsch: „Hano hasst euch“.
       
       Die Webseite der taz war an diesem Tag für über zwei Stunden nicht zu
       erreichen – kurz vor den ersten Prognosen zur Bundestagswahl. Der Ausfall
       an dem politisch wichtigen Tag richtete ideellen wie monetären Schaden an.
       Leser*innen konnten in der Zeit nicht für das freiwillige Bezahlmodell
       „[5][taz zahl ich]“ spenden, nichts im [6][taz shop] bestellen und kein
       [7][Abo] abschließen. Einnahmen aus Werbeanzeigen blieben aus.
       
       Die Staatsanwaltschaft Berlin erklärte am Dienstag, man werde die
       Ermittlungen zu dem Cyberangriff auf die taz nun wieder aufnehmen. Anfang
       April waren diese zunächst eingestellt worden. Ein Sprecher der
       Staatsanwaltschaft erklärte damals auf taz-Anfrage, dass es keine
       Anhaltspunkte gebe, um Tatverdächtige zu ermitteln. Selbst bei maximalem
       Ermittlungsaufwand könnten nur die IP-Adressen der Bots festgestellt
       werden, also jener Computer, die stellvertretend von dem Hacker für die
       Angriffe genutzt wurden.
       
       Demgegenüber hatte die ungarische Polizei nun offenbar Erfolg mit ihren
       Ermittlungen. Identifiziert worden sei Hano anhand digitaler Spuren und
       seiner Fake-Profile durch die „[8][Abteilung für Cyberkriminalität des
       Nationalen Ermittlungsbüros]“, heißt es in einer Mitteilung. Durch Analyse
       der Zugriffsprotokolle und des Netzwerkverkehrs habe festgestellt werden
       können, dass der Täter sogenannte „DDoS-Dienste“ in Anspruch genommen und
       verschiedene Online-Tools verwendet habe.
       
       ## Cyberangriff als Serviceleistung
       
       Hackergruppen bieten die Infrastruktur für solche Überlastungsangriffe
       teilweise [9][als kaufbaren Service] anonym im Darknet an. Bestehende
       Botnetze können für Angriffe „gemietet“ werden. Je nach Art und Dauer eines
       gewünschten Angriffs gehen die Angebote [10][laut Bundeskriminalamt] dabei
       bereits ab 80 Euro los.
       
       Nach Informationen der taz kamen entscheidende Hinweise auf Hano von den
       betroffenen Medien selbst. Media1-Chefredakteur Szalay erklärte der taz,
       zusammen mit Kolleg*innen habe er dem Angreifer eine Falle gestellt. „So
       konnten wir feststellen, welchen ungarischen Internetdienstanbieter die
       Person nutzte, und ihre IP-Adresse ermitteln.“ Die Information hätte er
       sofort der Polizei weitergeleitet. „Danach verging eine lange Zeit, ohne
       dass etwas geschah.“
       
       Die ungarische Polizei erklärte, dass aufgrund der internationalen
       Dimension des Falls auch die österreichischen Behörden eingeschaltet worden
       seien. Dazu, ob es auch eine Kooperation mit deutschen Behörden gab,
       erhielt die taz zunächst weder aus Deutschland noch aus Ungarn eine
       Antwort.
       
       [11][Erst in der vergangenen Woche war ein Schlag deutscher und
       internationaler Ermittler gegen eine russische Hackergruppe bekannt
       geworden], die ebenfalls schon mehrfach die taz mit DDoS-Angriffen
       überzogen hatte. Am Dienstag vor einer Woche waren dabei sechs Haftbefehle
       gegen Hinterleute der Gruppierung „NoName057(16)“ erlassen worden, wie das
       Bundeskriminalamt erklärte. Bei allen handele es sich entweder um russische
       Staatsbürger oder sie seien in Russland wohnhaft. Zudem seien 24 Objekte
       von mutmaßlichen Unterstützern durchsucht worden, darunter in Bayern und
       Berlin.
       
       ## Hacker als Unterstützung für Angriffskrieg
       
       Im Zuge der international koordinierten Aktion sei auch ein sogenanntes
       Botnetz abgeschaltet worden, das für „DDoS“-Angriffe genutzt worden sei.
       Die Hackergruppe „NoName057(16)“ hatte solche „DDoS“-Angriffe vor allem als
       Unterstützung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine unternommen.
       Sie richteten sich vor allem gegen Unternehmen der Kritischen Infrastruktur
       wie Rüstungsbetriebe, Stromversorger und Verkehrsbetriebe, aber auch gegen
       öffentliche Einrichtungen und Behörden.
       
       Die taz wurde am 25. November 2024 sowie am 14. Februar 2025, dem Tag der
       Münchner Sicherheitskonferenz, Ziel eines Angriffs der Gruppe. Neben der
       taz hatte „NoName057(16)“ auch dazu aufgerufen die Webseiten der FAZ, des
       Handelsblatts, der Münchner Abendzeitung und des Neuen Deutschlands zu
       attackieren. Viele deutsche Medien sehen die Presse zunehmend im Fokus von
       Cyberkriminellen. Zu den Angriffen zählen Desinformationskampagnen bis
       hin zu Versuchen, die freie Berichterstattung zu unterdrücken. Über
       Cyberangriffe wird allerdings aus Sicherheitsgründen selten offen
       gesprochen.
       
       Ob die Festnahme von Hano in Budapest mit den internationalen Ermittlungen
       gegen „Noname057(16)“ zusammenhängt, und die Hacker womöglich kooperierten,
       blieb bislang unklar. Anfrage dazu wurden von deutschen und ungarischen
       Behörden zunächst nicht beantwortet.
       
       22 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Angriff-auf-die-taz/!6081815
   DIR [2] https://www.police.hu/hu/hirek-es-informaciok/legfrissebb-hireink/bunugyek/hano-leleplezve
   DIR [3] https://www.qurium.org/weaponizing-proxy-and-vpn-providers/ddos-attacks-traced-to-proxy-infrastructure-white-proxies/
   DIR [4] /Hacker-mit-Spuren-nach-Ungarn/!5960140
   DIR [5] /!v=89a68133-aa34-42d3-9f80-01ebd7e1738b/
   DIR [6] https://shop.taz.de/
   DIR [7] /!v=2f71d22a-827d-4693-a3aa-1d7225a94c26/
   DIR [8] https://www.police.hu/hu/hirek-es-informaciok/legfrissebb-hireink/bunugyek/hano-leleplezve
   DIR [9] https://encyclopedia.kaspersky.com/glossary/ddos-as-a-service/
   DIR [10] https://www.bka.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/JahresberichteUndLagebilder/Cybercrime/cybercrimeBundeslagebild2020.pdf?__blob=publicationFile&v=5
   DIR [11] /Polizeiaktion-gegen-Cyberkriminelle/!6098264
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anne Fromm
   DIR Jean-Philipp Baeck
       
       ## TAGS
       
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