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       # taz.de -- Gegen unberechenbare Wechselkurse: Zentralbanken aller Länder, vereinigt euch!
       
       > Seit Frühling reden alle über Zölle. Die sind aber das kleinere Problem,
       > wenn die Zentralbanken die schwankenden Wechselkurse nicht in den Griff
       > bekommen.
       
   IMG Bild: Let's talk about „Wechselkurse“
       
       Wegen Donald Trump reden alle über Zölle. Wochenlang hat
       EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit Trump verhandelt, damit
       auf Exporte möglichst wenig Zölle anfallen. Das Ergebnis [1][des
       Zolldeals]: Um durchschnittlich 14 Prozent verteuern sich europäische
       Ausfuhren in die USA. Eine schreckliche Nachricht, gerade für die deutsche
       Exportindustrie, aber immerhin kein Zollkrieg, so der Tenor der
       Schlagzeilen.
       
       Worüber keiner redet: Wechselkurse. Seit Jahresbeginn ist der US-Dollar im
       Vergleich zum Euro um rund 12 Prozent gefallen. Heißt: Europäische Waren
       sind seit Jahresbeginn in US-Dollar – und damit in den USA – 12 Prozent
       teurer geworden. Noch bevor die 15 Prozent Zoll obendrauf kommen!
       
       Dabei besagt die ökonomische Theorie eigentlich, dass der US-Dollar hätte
       steigen müssen. Zum einen, weil [2][die US-Zentralbank ihren Leitzins]
       nicht gesenkt hatte, im [3][Gegensatz zur Europäischen]. Geldanlegen sollte
       sich in den USA also mehr lohnen als in der EU. Zum anderen, weil der
       Zolldeal die Handelsbilanz mit der EU ausgleichen soll, indem die
       inländische Produktion in den USA bevorteilt wird und die EU sich
       verpflichtet, deutlich mehr Energie und Rüstung aus den USA zu kaufen. Im
       Klartext: mehr Nachfrage nach US-Dollar, weniger Nachfrage nach Euro – der
       US-Dollarkurs müsste steigen.
       
       Die Wechselkurse von Währungen lassen sich aber nicht mit realen
       Unterschieden in der Handelsbilanz, dem Zinsniveau oder den Inflationsraten
       erklären. Auf den Finanzmärkten dominieren Panik, Spekulation und
       Herdenverhalten. Panik herrscht davor, dass Trump die amerikanische
       Wirtschaft abschmieren lässt. Spekuliert wird darauf, dass die
       US-Zentralbank dagegen drastisch die Zinsen senkt. Investoren verschieben
       also Abermilliarden von US-Dollar in den Euro. Die Folge: Dollar runter,
       Euro hoch. Bis heute gibt es kein ökonomisches Modell, das derartige
       Wechselkursveränderungen verlässlich prognostizieren könnte.
       
       ## Kleine, aufgeblasene Währnungen
       
       Schon in den 1930er Jahren sagte der berühmte Ökonom John Maynard Keynes:
       Solange monetäres Chaos herrsche, sei es sinnlos, über Zölle zu verhandeln.
       Solange Währungen in kürzester Zeit um zweistellige Prozente auf- oder
       abgewertet werden und damit die Wettbewerbsfähigkeit ganzer Industrien
       zerstören oder beflügeln können, sind Zollabkommen auf Treibsand gebaut.
       Und dabei sind die Schwankungen zwischen dem US-Dollar und dem Euro noch
       gar nichts im Vergleich dazu, [4][wie kleinere Währungen in der
       Vergangenheit aufgeblasen] und fallengelassen wurden.
       
       Die Krux: ein einzelnes Land kann sich dagegen nicht wehren. Eine
       Zentralbank kann zwar immer mehr Geld drucken, um damit andere Währungen zu
       kaufen – ergo: die eigene Währung abwerten. Aber nicht andersherum. Weil
       ihre Reserven an Fremdwährungen zwangsläufig begrenzt sind. Was also tun?
       
       Die Zentralbanken müssen zusammenarbeiten. Würden sie sich verabreden, ihre
       Wechselkurse nach festgelegten Regeln – etwa Veränderungen in der
       Handelsbilanz oder dem Zinsniveau – anzupassen und auf den Finanzmärkten
       gemeinsam diesen Wechselkurs mit Käufen in eigener Währung verteidigen,
       käme dagegen keine Spekulantenherde der Welt an. Kooperierende
       Zentralbanken sind deshalb wirkungsvoller als jeder Versuch, die
       Finanzmärkte mit Regeln und Verboten zu bändigen. In Anlehnung an Marx und
       Keynes könnte man sagen: Zentralbanken aller Länder, vereinigt euch!
       
       12 Aug 2025
       
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