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       # taz.de -- Nutella bald nur noch für Reiche?: Die Luxusnuss
       
       > Haselnussbauern beklagen Ernteausfälle. Das macht nicht nur
       > Nussnougatcreme teuer. In den schlimmsten Fällen ist „Climateflation“
       > lebensgefährlich.
       
   IMG Bild: Sie ist so klein und so lecker und nun auch so rar
       
       Berlin taz | Neue Zeiten bringen neue Phänomene mit sich, die durch neue
       Begriffe beschrieben werden müssen. „Climateflation“ ist so einer. In der
       Welt der Ökonomie sind damit [1][Preissteigerungen] gemeint, die eine
       direkte Folge des Klimawandels sind. Zum Beispiel bei [2][Nutella].
       
       Eine gute und eine schlechte Nachricht, liebe Nutella-Junkies. Zuerst die
       gute: Ja, in Nutella sind tatsächlich Haselnüsse drin. Die Schlechte: Euer
       Stoff wird deutlich teurer! Grund dafür ist das Extremwetter in der Türkei.
       70 Prozent aller industriell verarbeiteten Haselnüsse weltweit stammen von
       dort, ein Spätfrost zerstörte die Blüte, hohe Ernteausfälle sind die Folge.
       
       Der italienische Ferrero-Konzern gibt den Haselnussanteil seiner
       Nutella-Masse mit 13 Prozent an. Das entspricht bei einem 750-Gramm-Glas
       knapp 100 Haselnüssen. Nach Prognose des türkischen Statistikamtes können
       in diesem Jahr aber nur eine halbe Million Tonnen geliefert werden – ein
       Drittel weniger als normal. Entsprechend steigt der Preis.
       
       Denn Nutella ist natürlich nicht das einzige Produkt, das haselnussig
       schmecken soll: Auch in Nougat und Pralinen steckt Corylus avellana, wie
       der Strauch wissenschaftlich heißt. Der ist auch in Deutschland heimisch,
       in Teilen sogar berühmt. In der DDR bekam Aschenbrödel [3][„drei
       Haselnüsse“], die deutsch-tschechische Koproduktion wurde im Nachbarland
       zum besten Märchenfilm des 20. Jahrhunderts gewählt.
       
       ## In Sambia hat sich der Maispreis verdoppelt
       
       Tatsächlich aber interessieren sich Obstbauern hierzulande nicht für den
       kommerziellen Anbau, Apfel oder Wein stehen höher im Kurs: Fünf bis sechs
       Jahre Zucht sind erforderlich, bis die Haselbäume erste verwertbare Früchte
       tragen. Nennenswerten Anbau gibt es in Bayern, wo 260 Hektar Land mit
       Haselnussplantagen bepflanzt sind.
       
       Haselnüsse sind nicht das erste Beispiel für „Climateflation“. Schokolade,
       wie unter anderem die von Ritter Sport, ist aktuell 30 Prozent teurer als
       im vergangenen Jahr. Nach Missernten in Ghana und der Elfenbeinküste stieg
       der Kakaopreis auf dem Weltmarkt auf ein neues Allzeithoch. In den beiden
       westafrikanischen Ländern werden rund drei Viertel des weltweiten Kakaos
       angebaut.
       
       An der Spitze der Preistreiber steht momentan allerdings Olivenöl: Das ist
       in unseren Kaufhallen mehr als 50 Prozent teurer als Anfang des Jahrzehnts.
       Nach den Dürren rund um das Mittelmeer beklagten die Olivenbauern in
       Spanien und Italien drastische Ernteausfälle. Dazu kommen immer mehr
       Waldbrände, die auch vor Olivenhainen nicht haltmachen: In diesem Jahr traf
       es Plantagen auf Kreta und in der Türkei.
       
       Eine Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) kommt zu
       dem Schluss, dass Lebensmittel bis 2035 wegen des Klimawandels im
       Durchschnitt [4][um 3,5 Prozent teurer] werden – und zwar jedes Jahr aufs
       Neue.
       
       Für uns mag das ärgerlich sein, für viele Menschen ist es lebensgefährlich:
       Nach einer extremen Dürre haben sich beispielsweise in Sambia die Preise
       für das Hauptlebensmittel Mais verdoppelt.
       
       Die einen nennen das „Climateflation“. Die anderen, schuldlos Betroffenen,
       nennen es „Hunger“.
       
       8 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Preissteigerung-bei-Lebensmitteln/!6019124
   DIR [2] /Nachruf-auf-Nutella-Erfinder/!6067053
   DIR [3] https://www.youtube.com/watch?v=houZ5sB6PQ4
   DIR [4] https://www.nature.com/articles/s43247-023-01173-x
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nick Reimer
       
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