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       # taz.de -- Katherina Reiche gegen Erneuerbare: Förderstopp für private Solardächer
       
       > Betreiber von Wind- und PV-Anlagen sollen den Netzausbau mehr
       > mitfinanzieren, sagt die Wirtschaftsministerin. Grüne befürchten „viele
       > Verlierer“.
       
   IMG Bild: Balkonkraftwerk: Solarstrom inzwischen so billig geworden, dass sich eine Förderung politisch immer schwerer rechtfertigen lässt
       
       Freiburg taz | Wirtschaftsministerin Katherina Reiche will neue
       [1][Solarstromanlagen auf Hausdächern] nicht mehr fördern. Dieser Vorstoß
       verärgert Branche und Opposition. „Neue kleine PV-Anlagen rechnen sich
       schon heute im Markt und bedürften keiner Förderung“, sagte die
       CDU-Politikerin in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen.
       Altanlagen sollen aber Bestandsschutz bekommen. Die Rentabilität der
       Dachanlagen ergibt sich dadurch, dass der Solarstrom vor Ort genutzt wird
       und die Betreiber so weniger Netzstrom einkaufen müssen.
       
       Seit dem Jahr 2000 garantiert das [2][Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)]
       Betreibern von Solarstromanlagen eine Vergütung, die für 20 Jahre fix ist.
       Für Neuanlagen wurde der Satz stetig gesenkt, entsprechend dem
       [3][Preisverfall der Solartechnik]. Anfangs, als die Anlagen noch teuer
       waren, gab es rund 50 Cent je Kilowattstunde; aktuell bekommt eine
       Kleinanlage für den eingespeisten Überschussstrom noch 7,86 Cent je
       Kilowattstunde. Das ist immer noch mehr als der Marktwert des Solarstroms,
       der im vergangenen Jahr im Mittel bei 4,6 Cent lag.
       
       Die Wirtschaftsministerin will aber nicht nur bei der Photovoltaik
       Neuerungen einführen: „Wind an Land und Solaranlagen müssen sich in Zukunft
       stärker an den [4][Kosten des Netzausbaus] beteiligen.“ Es sei nicht mehr
       zeitgemäß, dass Betreiber Anlagen errichten, wo sie wollten, ohne auf das
       Stromnetz Rücksicht zu nehmen. „All das macht unser Stromsystem unnötig
       teurer“, so Reiche. Deswegen wolle sie das ändern. Auch an die
       [5][Einspeisevergütung, die den Betreibern gezahlt wird, wenn ihre Anlagen
       aufgrund von Netzengpässen abgeregelt werden], will sie ran.
       
       Kritik kam umgehend von den Grünen. Der stellvertretende Bundesvorsitzende
       Sven Giegold sagte: „Die Freunde der [6][dezentralen Energiewende in
       Bürgerhand] müssen jetzt aufstehen. Egal ob Kommunen, Unternehmen,
       Landwirte und Klimaschützer – Reiches Politik hat viele Verlierer.“ Schon
       vor einigen Wochen hatte Giegold die energiepolitischen Pläne der
       Wirtschaftsministerin als eine „Kampfansage an die erneuerbaren Energien“
       bezeichnet.
       
       ## Warnung vor Aus der Energiewende
       
       Der Bundesverband Solarwirtschaft sagte, die aktuell bekannt gewordenen
       Pläne würden „die Klimaziele gefährden und die Branche mit ihren rund
       150.000 Beschäftigten stark schädigen“. Der Ökostromanbieter Green Planet
       Energy kritisierte den Vorstoß, der „die Akzeptanz für die Energiewende
       aufs Spiel“ setze, weil private PV-Anlagen „die Energiewende erlebbar“
       machten. Ohnehin seien „private Solaranlagen eine der einfachsten
       Möglichkeiten, Stromverbrauch und Stromerzeugung zu synchronisieren, ohne
       das Netz zu belasten“.
       
       Philipp Schröder, Mitgründer des Ökostromanbieters 1KOMMA5°, sagte: „Wir
       dürfen nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen.“ Bevor man die
       Einspeisevergütung abschaffe, brauchen man „zuerst eine
       Systemmodernisierung für mehr Digitalisierung und bessere Prozesse“. Dafür
       seien „der flächendeckende Smart-Meter-Rollout, einfache Abstimmungen mit
       Verteilnetzbetreibern und klare Marktkommunikationsregeln grundlegend“.
       
       ## Es fehlen die Speicher
       
       Dass es unter einer neuen Bundesregierung unabhängig von deren Couleur
       Änderungen an der bestehenden Solarförderung geben würde, war absehbar.
       Denn erstens gibt es immer mehr Stunden, in denen der anfallende Solarstrom
       nicht mehr nutzbar ist, weil es an entsprechenden Speichern fehlt – die
       rapide zunehmende Zahl von [7][Stunden mit negativen Strompreisen an der
       Börse] dokumentiert das. Zweitens fehlt es immer öfter an Kapazitäten der
       Verteilnetze, so dass an sonnigen Tagen zunehmend Anlagen aus
       physikalischen Gründen abgeregelt werden müssen.
       
       Und drittens ist Solarstrom inzwischen so billig geworden, dass sich eine
       Förderung politisch immer schwerer rechtfertigen lässt. Das
       Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme etwa hatte erst im
       vergangenen Sommer wieder in einer Studie dargelegt, dass
       „Photovoltaik-Anlagen mittlerweile auch in Kombination mit
       Batteriespeichern deutlich günstiger Strom produzieren, als Kohle- oder
       Gaskraftwerke“. Das gilt natürlich vor allem für die großen Solarparks,
       doch Reiche will ihren Förderstopp bei den Kleinanlagen beginnen, weil
       diese direkte Abnehmer vor Ort haben.
       
       11 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Energy-Sharing/!6009587
   DIR [2] https://www.gesetze-im-internet.de/eeg_2014/
   DIR [3] /Krise-der-Photovoltaik-Produzenten/!5963261
   DIR [4] /Zuwachs-von-Erneuerbaren-in-der-EU/!6059656
   DIR [5] /Energiewende/!6099931
   DIR [6] /Nachruf-auf-Aktivisten-Michael-Sladek/!6035871
   DIR [7] /Ausschreibung-von-Windkraftanlagen/!6102109
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernward Janzing
       
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