URI: 
       # taz.de -- Friedensprozess in der DR Kongo: Propagandakrieg und Kriegspropaganda
       
       > Ein angebliches Massaker durch Kongos M23-Rebellen untergräbt den
       > vereinbarten Friedensprozess mit der Regierung. Neue Kämpfe brechen aus.
       
   IMG Bild: M23-Rebellenkämpfer bewacht im Stadion von Goma gefangene Soldaten und Milizionäre, die zur „Umerziehung“ gebracht werden sollen
       
       Kampala taz | Nur wenige Wochen ist es her, dass mehrere Abkommen
       unterzeichnet wurden, um den Krieg im Osten der Demokratischen Republik
       Kongo zu beenden. Doch jetzt wird an allen Fronten erneut gekämpft.
       
       In den vergangenen Tagen lieferte sich die Armee Kämpfe mit den Rebellen
       der M23 (Bewegung des 23. März) in der ostkongolesischen Provinz Süd-Kivu.
       Einheiten der lokalen Wazalendo-Milizen, die gemeinsam mit der Armee
       kämpfen, sind bis in die Vororte der Provinzhauptstadt Bukavu vorgedrungen,
       die seit Februar von der M23 kontrolliert wird; es kam zu Feuergefechten.
       
       Auch in der benachbarten Provinz Nord-Kivu, wo die M23 ihre historischen
       Basen hat und im Januar die Provinzhauptstadt Goma einnahm, gab es
       Auseinandersetzungen.
       
       Rebellen und Armee beschuldigen sich gegenseitig, den vereinbarten
       Waffenstillstand nicht einzuhalten. Im Juli hatten die beiden
       Konfliktparteien in Katars Hauptstadt Doha [1][eine Vereinbarung]
       unterzeichnet, die die Grundlage für einen umfassenden Friedensvertrag
       legen sollte. Darin wurde ein Waffenstillstand vereinbart sowie ein
       Gefangenenaustausch.
       
       ## Verhandlungsdelegationen abgezogen
       
       Im Juni hatten Ruanda, das die M23 militärisch unterstützt, und die DR
       Kongo eine [2][Vereinbarung auf Regierungsebene] in den USA unterzeichnet,
       die ebenfalls den Weg zu einem Friedensvertrag ebenen sollte.
       
       Passiert ist seitdem nichts. Beide Seiten haben ihre Delegationen aus Doha
       abgezogen. Nächste Woche sollte ein finales Abkommen unterzeichnet werden,
       doch die M23 lässt verlauten, dass sie nicht nach Doha reisen werde.
       
       Die von Tutsi-Offizieren geführten Rebellen sind empört, seit sie
       international beschuldigt werden, im Juli ein Massaker an mindestens 319
       jungen kongolesischen Hutu begangen zu haben. [3][Das UN-Menschenrechtsbüro
       erklärte], es habe darüber glaubwürdige Informationen aus „erster Hand“
       erhalten.
       
       ## Massakervorwürfe aus der FDLR-Hochburg
       
       Doch es gibt berechtigte Zweifel. Die Gebiete Bwito und Binza im Bezirk
       Rutshuru, in welchen die Tötungen stattgefunden haben sollen, sind
       umkämpft. Besiedelt von kongolesischen Hutu, sind sie seit Langem auch
       [4][Hochburgen der ruandischen Hutu-Miliz FDLR] (Demokratische Kräfte zur
       Befreiung Ruandas), die dort mit den lokalen Bauern seit Jahrzehnten eng
       verbandelt ist. FDLR-Chef Victor Byiringiro hat in Bwito sein
       Hauptquartier.
       
       Die FDLR ist die Nachfolgeorganisation der Täter des Genozids in Ruanda
       1994, die danach flohen und mittlerweile in Kongos Armee integriert sind –
       [5][ein Grund für den Krieg] der Tutsi-geführten M23.
       
       Sämtliche Zivilisten haben schon lange die umkämpften Gebiete verlassen.
       Die Bauern dort sind FDLR-Mitglieder, die mit der Ernte ihre Truppen
       durchfüttern. Laut taz-Recherchen steht die lokale NGO, die die jetzt
       verbreiteten Todeszahlen angeblich verifiziert hat, der FDLR nahe.
       
       Die M23 streitet das Massaker ab und bezeichnet es als „Propaganda“, so
       M23-Präsident Bertrand Bisimwa. „Warum wurde keine Untersuchungskommission
       eingerichtet, um diese Informationen vor der Veröffentlichung zu prüfen?“,
       fragt er und lädt die UN ein, sich selbst ein Bild zu machen.
       
       Die FDLR steht derzeit enorm unter Druck. Das Ende Juni unterzeichnete
       Abkommen zwischen Ruanda und Kongo sieht vor, dass Ruanda seine Soldaten
       abzieht, die die M23 unterstützen. Im Gegenzug soll Kongo die FDLR
       „neutralisieren“. An einem Scheitern des Abkommens hätte also auch die FDLR
       ein Interesse.
       
       Die US-Regierung will jetzt prüfen, ob die M23 als Terror-organisation
       gelistet werden soll. Die private US-Sicherheitsfirma [6][Frontier Services
       Group (FSG)] von Ex-Blackwater-Chef Eric Prinz hat Söldner in der DR Kongo
       stationiert – offiziell, um Minengebiete zu schützen, aber womöglich auch,
       um die M23 zu bekämpfen.
       
       13 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Friedensvereinbarung-fuer-DR-Kongo/!6101473
   DIR [2] /Ruanda-und-DR-Kongo-schliessen-Abkommen/!6097013
   DIR [3] https://www.ohchr.org/en/press-releases/2025/08/drc-turk-appalled-attacks-against-civilians-rwandan-backed-m23-and-other
   DIR [4] /Krieg-im-Osten-der-DR-Kongo/!5994817
   DIR [5] /Offensive-der-M23-Rebellen-in-Kongo/!6065298
   DIR [6] http://www.fsgroup.com
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schlindwein
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
   DIR Ostkongo
   DIR M23-Rebellen
   DIR FDLR
   DIR Ruanda
   DIR Social-Auswahl
   DIR Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
   DIR Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
   DIR Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
   DIR Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Landkonflikt im Westen der DR Kongo: Kongos anderer Krieg
       
       Ein Konflikt vor den Toren der Hauptstadt Kinshasa verwüstet Kongos
       potenzielle Kornkammer. Der Staat vernachlässigt Frieden mit den
       Mobondo-Milizen.
       
   DIR Bergbaugeschäfte in der DR Kongo: Das Lithium-Phantom
       
       Viele verdienen am Lithium von Manono, ohne dass gefördert wird – jetzt
       wollen die USA einsteigen. Eine Recherche über Profiteure in der DR Kongo.
       
   DIR Verhaftungen in der DR Kongo: Präsident Tshisekedi „säubert“ seine Armee
       
       Mehrere Generäle sitzen in Haft. Freunde von Expräsident Kabila und die
       ruandische FDLR-Miliz werden ersetzt von Sicherheitsfirmen aus Israel und
       USA.
       
   DIR Politologe zu Kongos Friedensprozess: „Nur eine Atempause in der Mobilisierung“
       
       Kongos Regierung und die M23-Rebellen haben in Katar eine
       Friedensvereinbarung getroffen. Der kongolesische Politologe Bob Kabamba
       ist skeptisch.