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       # taz.de -- Debatte über Bürgergeld: Das Sozialstaatsparadox
       
       > Je schlechter es der Wirtschaft geht, desto fauler werden
       > Sozialhilfeempfänger wahrgenommen. Auf diesen dummen Kurzschluss sollten
       > wir nicht hereinfallen.
       
   IMG Bild: Schlimm, was Arbeitende über die Nicht-Arbeitenden denken
       
       Die neuesten Zahlen kommen vom gewerkschaftsnahen WSI-Institut: Arbeiten
       lohnt sich, lautet die Botschaft. Auch wer zum Mindestlohn arbeite, habe
       ein höheres Einkommen als Menschen, die nur vom Bürgergeld leben.
       
       Im Schnitt liege der Einkommensvorteil bei 557 Euro monatlich im Falle
       einer alleinstehenden Person, die in Vollzeit zum Mindestlohn ackert. In
       Städten mit hohen Mietkosten wie München schmelze dieser Lohnabstand etwas,
       falls das Jobcenter die hohen Mietkosten für
       Bürgergeldemfänger:innen übernehme.
       
       Die [1][Zahlen vom WSI] dürften nicht ausreichen, den Streit über
       [2][angeblich zu hohe Sozialleistungen] zu befrieden. Denn der
       Faulheitsverdacht, dem erwerbslose Grundsicherungsempfänger
       unterliegen, gehört gewissermaßen zur DNA der Sozialpolitik.
       
       Dabei gibt es ein Sozialstaatsparadox, das man nach der Wiedervereinigung
       in den 90er Jahren und auch jetzt beobachten kann: Verdüstern sich die
       wirtschaftlichen Aussichten und steigt die Zahl der
       Sozialleistungsempfänger:innen, wie zuletzt auch durch die
       [3][Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine], werden Erwerbslose als faul
       diffamiert.
       
       Einzelfälle von Sozialbetrug werden zu vermeintlich massenhaftem Missbrauch
       hochgejazzt. Die sich [4][verschlechternden allgemeinen Umstände] werden
       hingegen weniger beklagt, auch weil man gegen diese wenig
       Handlungsmöglichkeiten sieht.
       
       ## Düstere Aussichten
       
       Interessanterweise boomte die Debatte über Sanktionsfreiheit im Hartz IV
       und das bedingungslose Grundeinkommen in Zeiten vor Einführung des
       Bürgergeldes, in denen die Wirtschaftszahlen rosiger aussahen als heute. In
       Zeiten also, in denen man von Arbeitslosen eigentlich deutlicher als heute
       hätte verlangen können, dass sie sich doch bitte einen Job suchen.
       
       Heute aber nehmen auch in [5][linken Milieus] die Ressentiments gegen
       Bürgergeldempfänger, erst recht gegen solche mit migrantischem Hintergrund,
       zu.
       
       Wir sollten aber jetzt nicht auf das Sozialstaatsparadox hereinfallen.
       Diese Selbstreflexion ist hilfreich, erst recht, wenn sich der Streit über
       [6][Sozialkürzungen] verschärfen wird.
       
       13 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.wsi.de/de/wsi-verteilungsberichte-30036.htm
   DIR [2] /Zahlen-der-Jobcenter/!6099378
   DIR [3] /Die-naechste-Schrott-Idee-von-Markus-Soeder/!6101804
   DIR [4] /100-Tage-Merz-Regierung/!6102947
   DIR [5] /Kuerzungsdebatte-im-Sozialbereich/!6102921
   DIR [6] /Weniger-Arbeitslosengeld-fuer-Aeltere/!6098867
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Dribbusch
       
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