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       # taz.de -- Geleaktes AfD-Gutachten in Brandenburg: Drei Tage Vorsprung für die AfD
       
       > Der Leak des Gutachtens zur Hochstufung der Brandenburger AfD kommt der
       > Partei gelegen. Im Kampf um die Deutungshoheit konnte sie den ersten Zug
       > machen.
       
   IMG Bild: Wenig überraschend rechtsextrem: Mitglieder der Jungen Alternative schwenken Fahnen bei einer AfD-Veranstaltung in Cottbus 2024
       
       Etwas wirklich Neues kann Brandenburgs parteiloser Innenminister René Wilke
       nicht präsentieren, wenn er an diesem Donnerstag in Potsdam vor die Presse
       tritt, um das [1][Gutachten des Verfassungsschutzes zur Hochstufung der
       Brandenburger AfD] als „gesichert rechtsextrem“ vorzustellen.
       
       Das liegt nicht nur daran, dass in dem Papier fast nur Äußerungen von
       AfD-Politiker*innen als Belege verwendet werden, die ohnehin schon bekannt
       waren: Sie stammen aus [2][Posts in sozialen Netzwerken], aus
       Wahlkampfreden und Interviews. Mit geheimdienstlichen Methoden gewonnene
       Informationen brauchte die Behörde kaum, um der AfD verfassungsfeindliche
       Bestrebungen zu attestieren.
       
       Vor allem ergibt sich der geringe Neuigkeitswert von Wilkes Pressekonferenz
       jedoch daraus, dass das lang erwartete Dokument bereits seit Montag im Netz
       kursiert. Das [3][rechtspopulistische Hetzportal Nius des ehemaligen
       Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt] hatte den sogenannten
       Einstufungsvermerk geleakt.
       
       Aber warum veröffentlicht ein AfD-nahes Medium überhaupt Belege für die
       rassistische und autoritäre Gesinnung der Partei, bevor es Innenministerium
       und Verfassungsschutz tun? Ganz einfach: Das durchgestochene Papier kommt
       der AfD sehr gelegen. Das Leak ist wie aus dem Lehrbuch für sogenanntes
       Agenda Setting: Die Aufmerksamkeit, die Nius mit der Veröffentlichung
       erzeugen konnte, und die Vielzahl an Medienberichten, die folgten, wirken
       sich auf die öffentliche Meinung aus.
       
       ## Stimmungsmache auf allen Kanälen
       
       Denn im Kampf um die Deutungshoheit über das Gutachten konnte das
       rechtsgerichtete Medium den ersten Zug machen – und nicht etwa
       Innenminister Wilke und Verfassungsschutzchef Wilfried Peters. Die AfD
       hatte jetzt drei Tage Vorsprung, während derer sie ihre Lesart des
       Einstufungsvermerks auf allen Kanälen verbreiten konnte.
       
       Die verfolgt wie so oft zwei Strategien: Opferrolle einnehmen und Kritik
       verächtlich machen. Brandenburgs AfD-Chef René Springer etwa sprach von
       einer „politischen Verfolgung der Opposition im Mantel des Rechts“.
       AfD-nahe Medien tönten: „Gesichert an den Haaren herbeigezogen!“
       
       Das Echo in den sozialen Medien ist wie immer laut. Tausende Posts und
       Kommentare schlagen in die gleiche Kerbe: Es gebe in Deutschland keine
       Meinungsfreiheit mehr, der Inlandsgeheimdienst werde gegen die politische
       Opposition benutzt. Praktisch zudem: Die AfD und ihr Vorfeld können ihre
       Stimmungsmache mit aus dem Kontext gerissenen Zitaten und Passagen aus dem
       Gutachten unterfüttern – was ihr womöglich mehr Glaubwürdigkeit verschafft.
       
       Innenminister und Verfassungsschutzchef müssen sich jetzt gegen die
       geballte Diskursmacht der Brandenburger AfD behaupten – so wie eigentlich
       alle, die sich [4][öffentlich gegen die rechtsextreme Partei] stellen. Das
       wird nicht leicht. Denn wie die Behörde in überraschender Klarheit und
       Schärfe schreibt, ist die AfD in einigen Regionen Brandenburgs ihrem „Ziel
       nahegekommen, eine ‚kulturelle Hegemonie‘ zu erringen und
       rechtsextremistische Positionen in der Mitte der Gesellschaft zu
       verankern“.
       
       14 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
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