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       # taz.de -- Hockey-EM der Männer: Eine Frage der Balance
       
       > Deutschlands Hockeyauswahl steht wie üblich im EM-Halbfinale. Damit es
       > gegen Angstgegner Spanien klappt, setzt das Team auf einen Superdribbler.
       
   IMG Bild: Schaulaufen gegen Polen: Johannes Große (l) beim deutschen 10:0-Erfolg über den Außenseiter
       
       Mönchengladbach taz | Das Minimalziel ist erreicht. Bei der 20.
       Feldhockey-Europameisterschaft der Männer, die seit einer Woche in
       Mönchengladbach läuft, ist Deutschland auch zum 20. Mal ins Halbfinale der
       besten vier Mannschaften eingezogen. Für sportliche Großmächte im
       Hockeysport, wie es vor allem die Deutschen (acht Titel) und die
       Niederländer (7) sind, beginnt erst jetzt mit den K.o.-Spielen (Donnerstag)
       und danach im Endspiel oder dem Spiel um Platz drei (beides Samstag) mehr
       oder weniger der wirkliche Kampf.
       
       Ein einfacher Gang durch die Vorrunde war es für die Mannschaft von
       [1][Bundestrainer André Hennin][2][g] bei dieser Heim-EM allerdings nicht.
       Der seit Dezember 2021 im Amt befindliche Bundestrainer, der nach 14
       Monaten in der neuen Position eher überraschend den Weltmeistertitel nach
       Deutschland holte, musste mit seinem Team in den ersten beiden
       Gruppenspielen gegen Frankreich (3:2) und England (1:1) jeweils einem
       Rückstand hinterherlaufen.
       
       Besonders die Aufholjagd gegen die Franzosen, als Deutschland bis zehn
       Minuten vor Ende mit 0:2 zurücklag, um dann innerhalb von fünf Minuten den
       Spieß umzudrehen, zeugte von einer unerschütterlichen Siegesgewissheit und
       mentalen Stärke. „Ein Rückstand macht uns derzeit eher stärker. Manchmal
       tut uns ein Gegentor gut“, merkte Henning, ohne jeden Anflug von Sarkasmus,
       nach dem England-Spiel an.
       
       Allenfalls der 10:0-Erfolg über Außenseiter Polen, mit dem sich die Auswahl
       des Deutschen Hockey Bundes am Dienstag den ersten Tabellenplatz in der
       Gruppe B sicherte, gelang ohne Rückstand und den nötigen Kraftaufwand einer
       Aufholjagd.
       
       Jetzt kommt Spanien, das in der Gruppe A hinter dem souveränen
       Titelverteidiger Niederlande die leicht favorisierten Belgier auf den
       dritten Platz verweisen konnte. Ausgerechnet Spanien – der deutsche
       Angstgegner. Gegen keine andere Nation hat Deutschland in der jüngeren
       Vergangenheit eine schlechtere Bilanz aufgebaut. Die letzten sieben Spiele
       gegen die Iberer gingen für die DHB-Auswahl allesamt verloren. Besonders
       bitter war zuletzt das 0:2 im Juni [3][bei der Pro-League in Berlin], wo
       Spanien dem deutschen Team die erste Chance der Qualifikation für die WM
       2026 vor der Nase weggeschnappt hat.
       
       ## Auftritt Michel Struthoff
       
       „Als Mannschaft ist Spanien in der Verteidigung und im Konterspiel
       herausragend stark. Da brauchen wir am Donnerstag viel Geduld und eine gute
       Steuerung zwischen Angriffsspiel und Kontersicherung“, sieht der
       Bundestrainer dieser Aufgabe gespannt entgegen.
       
       Einer, der die schwarze Spanien-Serie beenden soll, ist ausgerechnet der
       Jüngste im deutschen EM-Team. Michel Struthoff machte seinem Ruf als
       Superdribbler in den Spielen gegen England und Polen alle Ehre. „Er hat die
       einmalige Qualität, auch im engsten Raum offensive Zweikämpfe gewinnen zu
       können. Genau das brauchen wir“, lobt Kapitän Mats Grambusch den
       22-Jährigen, der sein erstes Meisterschaftsturnier in der
       A-Nationalmannschaft bestreitet. Wegen einer Mandelentzündung stand das
       EM-Debüt Struthoffs bis zuletzt auf der Kippe, doch auf den letzten Drücker
       hat ihn die medizinische Abteilung dann doch wieder fitbekommen.
       
       „Der Junge ist fit und heiß darauf zu spielen“, hat Bundestrainer Henning
       keine Zweifel an der vollen Leistungsfähigkeit des Supertalentes. „Michel
       hat jeden Freiraum und unsere Unterstützung darin, solche
       positiv-verrückten Dinge zu machen wie gegen England, wo er vier, fünf
       Gegner austanzt und kurz davor ist, ein Wahnsinnstor zu schießen. Wir
       brauchen mehr von solchen Unterschiedsmomenten“, so Henning. Und es sind
       nicht mehr nur einzelne Geniestreiche, die den Bundestrainer begeistern:
       „Michel ist in den Reifeprozess gekommen, trifft auf dem Spielfeld
       zunehmend bessere strategische Entscheidungen und ist auch athletisch auf
       einem Toplevel angelangt.“
       
       Könnte also der gebürtige Gladbacher Struthoff, der in der Bundesliga über
       Hamburg nach Köln gekommen ist, die perfekte Bühne für einen anderen
       Mönchengladbacher bereiten? [4][Mats Grambusch] wird, egal wie das Turnier
       ausgeht, am Samstag zum 218. und letzten Mal das Nationaltrikot
       überstreifen.
       
       Der 32-jährige Teamsenior beendet seine vom EM-Titel 2013, dem WM-Titel
       2023 und zwei olympischen Medaillen (Bronze 2016, Silber 2024) gekrönte
       internationale Karriere. Von einem Finale gegen die Niederlande und damit
       der Neuauflage des Olympiafinals von Paris 2024 (Deutschland unterlag nach
       1:1 im Penaltyschießen) mag Grambusch noch nicht sprechen: „Wir müssen erst
       mal das Halbfinale gewinnen.“ Erst dann will sich Grambusch dem „astreinen
       Abschluss meiner Karriere“ widmen.
       
       14 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Deutsche-Hockey-Maenner-kaempfen-um-Gold/!6025486
   DIR [2] /Deutsche-Hockey-Maenner-kaempfen-um-Gold/!6025486
   DIR [3] https://www.fih.hockey/events/fih-pro-league
   DIR [4] https://magazin.hockey.de/articles/portraet-mats-grambusch
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ulrich Meyer
       
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