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       # taz.de -- Radler kollidieren mit parkenden Autos: Mit dem Kopf durch die Heckscheibe
       
       > In Hamburg krachen immer wieder Rennradfahrer in parkende Autos. Die
       > Polizei hält mit einer Sensibilisierungskampagne dagegen.
       
   IMG Bild: Aufmerksamkeit gefordert: Rennradfahrer beim Training
       
       Hamburg taz | Ein Gebiet, wo Rennradfahrerer es so richtig krachen lassen
       können – das sind die Hamburger Vier- und Marschlande. In dem
       Gemüseanbaugebiet elbaufwärts gibt es [1][schöne, gerade Straßen entlang
       von Deichen mit überschaubarem Verkehr, die sehr beliebt sind fürs Training
       oder für Ausflüge.]
       
       Nicht ganz überraschend häuft sich hier eine besondere Art von Unfällen:
       Rennradfahrer, die mit geparkten Autos kollidieren, mit zum Teil
       schrecklichen Folgen. Am Samstag versucht die Polizei in Zusammenarbeit mit
       einschlägigen Verbänden vor Ort auf die Gefahr aufmerksam zu machen.
       
       Allein im vergangenen Jahr krachten nach Angaben der Polizei 26 Radfahrende
       in Hamburg in geparkte Autos. Auch im laufenden Jahr gab es bereits
       mehrere, zum Teil schwere Unfälle dieser Art. Zuletzt prallte Anfang Juni
       eine 34-jährige Rennradfahrerin in das Heck eines abgestellten Autos. Sie
       zog sich so schwere Verletzungen zu, dass sie mit einem Hubschrauber ins
       Krankenhaus gebracht werden musste. Im Mai übersah ein 63-Jähriger das
       geparkte Auto eines Pflegedienstes. Er durchbrach die Heckscheibe und kam
       ebenfalls schwer verletzt in ein Krankenhaus.
       
       Beim schlimmsten Vorfall der vergangenen Jahre verunglückte im Oktober 2023
       ein 30-jähriger Rennradfahrer. Zeugen zufolge war er mit hohem Tempo und
       beinahe ungebremst in einen stehenden Pkw gerast. Er verletzte sich so
       schwer, dass er noch am Unfallort starb.
       
       ## Mögliche Ursache: gesenkter Kopf
       
       Die Polizei erklärt sich die Häufung der Unfälle damit, dass die freien und
       gut ausgebauten Straßen dazu führten, dass die Aufmerksamkeit nachlasse.
       Zugleich animierten sie dazu, schnell zu fahren. „Gerne nehmen Radfahrende
       zudem eine aerodynamische Körperhaltung (gesenkter Kopf) ein“, schreibt die
       Polizei. Die Aktion, mit der sie die Radler für die Gefahr sensibilisieren
       will, heißt denn auch „Kopf hoch!“
       
       Arne Naujokat vom Radsport-Verband Hamburg erinnert sich, schon vier- bis
       fünfmal bei einer solchen Aktion dabei gewesen zu sein, die vom Forum
       [2][Verkehrssicherheit] begleitet wird, in dem Vertreter von Behörden und
       der Zivilgesellschaft zusammenarbeiten. „Die wollen erst mal nicht
       unbedingt immer anhalten“, sagt Naujokat mit Blick auf die Radfahrer. In
       der Regel ergäben sich dann aber gute Gespräche.
       
       Der Radsportler vermutet, dass die Rennradfahrer wegen der Eintönigkeit der
       Strecke und im „Trainingsflash“ bisweilen einen Tunnelblick bekommen, der
       ihre Wahrnehmung beeinträchtigt. Er könne auch nachvollziehen, „dass man
       mal auf den Fahrradcomputer guckt“, sagt Naujokat.
       
       Das kann aber je nach Dauer und gefahrener Geschwindigkeit höchst
       gefährlich sein. Bei einer sportlichen Durchschnittsgeschwindigkeit von 35
       Stundenkilometern legt ein Rad fast zehn Meter in einer Sekunde zurück. Bei
       zwei Sekunden ist das schon fast eine Hallenschwimmbadlänge.
       
       ## Parkverbote könnten helfen
       
       Dirk Lau vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) findet das Motto der
       Verkehrssicherheitsaktion „ein bisschen anmaßend“. Es unterstelle den
       Radfahrern, dass sie zu blöd seien, den Kopf hochzunehmen. „Da fühle ich
       mich spontan nicht ernst genommen“, sagt Lau.
       
       Die Straßen in den Vier- und Marschlanden seien nun mal beliebte
       Trainingsstrecken, auf denen fast nirgends das Parken verboten sei. „Wenn
       man das Problem nicht anders in den Griff kriegt, muss man eventuell
       darüber nachdenken, Haltezonen auszuweisen“, sagt Lau. [3][Schilder, Poller
       und Markierungen] könnten dann die Radler warnen.
       
       „Ein Parkverbot lässt sich straßenverkehrsrechtlich nicht umsetzen“, sagt
       dagegen Naujokat. Das sei von den Behörden schon geprüft worden. Ändern
       ließe sich das gegebenenfalls mit dem entsprechenden politischen Willen.
       
       Naujokat vermutet aber in erster Linie individuelle Fehler als Ursache für
       die Unfälle. „Die hätten die Autos sehen müssen“, sagt der Mann vom
       Radsport-Verband. Deshalb halte er es erst mal für richtig, mit Aktionen
       wie der am Sonnabend bei den Radlern individuell das Gefahrenbewusstsein zu
       schärfen.
       
       14 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
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