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       # taz.de -- EU-China-Gipfel: Frostige Botschaften in Peking
       
       > Bei dem Treffen stehen Streitpunkte wie Handel und Ukraine-Krieg im
       > Vordergrund. Zumindest beim Klima dürften Brüssel und Peking einen Erfolg
       > erzielen.
       
   IMG Bild: Der Präsident des Europäischen Rates, António Costa (2.v.r), spricht mit Chinas Präsident Xi Jinping (4.v.l), Donnerstag in Peking
       
       Seoul taz | Die Auftaktaudienz bei Staatschef Xi Jinping hat sich die
       chinesische Seite sicher anders vorgestellt. Doch EU-Kommissionspräsidentin
       Ursula von der Leyen gab bereits zu Beginn des [1][gemeinsamen
       Gipfeltreffens] unmissverständlich den Ton an: „Mit der Vertiefung unserer
       Zusammenarbeit haben sich auch die Ungleichgewichte verschärft, und wir
       sind an einem Wendepunkt angelangt“. Eine Neuausrichtung der Beziehungen
       sei nicht mehr nur optional, sondern eine Notwendigkeit.
       
       Noch vor wenigen Jahren wäre eine solch direkte Botschaft von der
       europäischen Union an die Volksrepublik China undenkbar gewesen. Doch die
       Ausgangslage hat sich seither grundlegend geändert: Die Exporte der EU ans
       Reich der Mitte sind seit der Pandemie regelrecht eingebrochen, zudem hat
       sich Xi Jinping seit Beginn des Ukraine-Kriegs als [2][wichtigster Partner
       an der Seite Wladimir Putins] positioniert.
       
       Beide Streitthemen resultieren aus bewusst getroffenen, strategischen
       Entscheidungen Pekings: Die Handelsbeziehungen sind vor allem deshalb aus
       dem Gleichgewicht geraten, weil Xi Jinping seine Volkswirtschaft mit
       Hochgeschwindigkeit auf Autarkie umstellt und Marktbarrieren gegenüber
       ausländischen Unternehmen aufrecht hält.
       
       Auch hinter Chinas Unterstützung von Russlands Kriegsmaschinerie steht ein
       machtpolitisches Kalkül. Außenminister Wang Yi sagte es zu Beginn des
       Monats beim Treffen mit EU-Spitzendiplomatin Kaja Kallas unverhohlen: China
       könne es nicht zulassen, dass Russland den Krieg verliert. Dann nämlich
       würden die USA ihre Ressourcen stärker auf die Eindämmung Chinas
       fokussieren können.
       
       ## Xi setzt auf Zusammenarbeit gegen Trump
       
       Am Donnerstag schließlich hat Parteichef Xi seine Sicht auf die Rolle
       Europas dargelegt. Beim Treffen mit Ursula von der Leyen und Ratspräsident
       António Costa sagte der 72-Jährige, dass die EU und China in einer „sich
       verändernden und turbulenten Welt“ die „richtigen strategischen
       Entscheidungen“ treffen sollten.
       
       Dies ist eine klare Anspielung auf den Handelskrieg von US-Präsident Donald
       Trump, der eine Chance bietet für eine gemeinsame Annäherung zwischen
       Brüssel und Peking. Durch gemeinsame Zusammenarbeit und verstärktes
       Vertrauen könne man „für mehr Stabilität und Sicherheit in der Welt
       sorgen“, sagte Xi weiter.
       
       Doch die rhetorische Charmeoffensive der chinesischen Staatsführung dürfte
       auf taube Ohren stoßen. Denn sowohl geopolitisch als auch ökonomisch zeigt
       Peking – seit Jahren bereits – kein Interesse an einem Entgegenkommen, ganz
       im Gegenteil. Erst diese Woche hat Reuters unter Berufung auf europäische
       Sicherheitsbeamte berichtet, dass in China hergestellte Motoren über
       Scheinfirmen als „industrielle Kühlaggregate“ bezeichnet nach Russland
       exportiert werden, um dort bei der Produktion von Angriffsdrohnen
       eingesetzt zu werden.
       
       ## Anspannung trotz Chancen beim Klimaschutz
       
       „Wir sind nicht naiv“, hieß es bei einem Briefing der EU im Vorfeld des
       Gipfels. Man wisse schließlich sehr wohl, dass chinesische Firmen rund 80
       Prozent der sogenannten „dual use“-Güter – also jener Produkte, die sowohl
       für zivile als auch militärische Zwecke eingesetzt werden können – an
       Moskau liefert. Am Donnerstag forderte Ratspräsident Costa nun erneut im
       direkten Gespräch mit Xi, dass Peking seinen Einfluss auf Moskau nutzen
       solle, „um den Angriffskrieg gegen die Ukraine zu beenden“.
       
       Bislang jedoch gibt es keinerlei Anzeichen dafür, dass Peking tatsächlich
       einlenken könnte. Stattdessen nimmt man in Brüssel zunehmend jene
       Drohkulisse ernst, die zuletzt die slowakische Tageszeitung Pravda in einem
       Leitartikel auf den Punkt gebracht hat: „Es ist kein Geheimnis, dass
       Russland und China militärisch zusammenarbeiten. Sie haben einen
       gemeinsamen Feind – den Westen. Mit einem koordinierten Angriff in Europa,
       auf Taiwan und dem Hervorrufen von [3][Chaos im Nahen Osten] könnten sie
       die Kräfte der Nato, insbesondere der USA bis zur Unwirksamkeit
       aufsplitten“.
       
       Trotz der angespannten Stimmung beim EU-China-Gipfel deutet sich dennoch im
       Bereich Umweltpolitik ein veritabler Erfolg an. So haben sich beide Seiten
       am Vorabend des Treffens auf eine gemeinsame Stellungnahme zum Kampf gegen
       den Klimawandel geeinigt, wie es aus gut informierten Kreisen heißt.
       
       Laut dem EU-Korrespondenten der South China Morning Post handele es sich um
       eine positive Entwicklung, aber „keinen großen Durchbruch“. Ob die
       Unterzeichnung des Dokuments schlussendlich zustande kommt, wird sich
       jedoch erst im Laufe des Tages zeigen.
       
       24 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Fabian Kretschmer
       
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