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       # taz.de -- Regelwerk für Tiefseebergbau: Verhandlungen zum Schutz der Meeresböden enden ergebnislos
       
       > Auch die Vollversammlung der Internationalen Meeresbodenbehörde einigte
       > sich nicht auf Regeln für den Schutz der Tiefsee. Dabei ist das laut
       > Greenpeace längst überfällig.
       
   IMG Bild: Er möchte doch auch nur Liebe: ein Tiefseefisch
       
       Berlin taz | Auch die Vollversammlung der Internationalen
       Meeresbodenbehörde ISA konnte sich nicht auf Regeln für den Schutz der
       Tiefsee einigen. Schon am Mittwoch hatte der Rat der Behörde getagt, ohne
       eine Einigung auf neue Vorschriften für den Tiefseebergbau zu erreichen.
       
       Aufgabe der UN-Organisation ISA – der International Seabed Authority – ist,
       die Meeresumwelt vor Schäden zu schützen, die sich aus Aktivitäten im
       Zusammenhang mit dem Tiefseeboden ergeben können. Sie sei also „mehr als
       eine Art Oberbergamt“, heißt es in einem Artikel der Bundesanstalt für
       Geowissenschaften (BGR), „denn sie ist zum Erlass aller Bergbauregelungen,
       zur Lizenzvergabe für Erkundung und Abbau, zur Überwachung der
       Umweltschutzregeln und zu sonstigen Kontrollmaßnahmen ermächtigt“.
       
       Die neue ISA-Generalsekretärin Leticia Carvalho aus Brasilien hatte bei
       ihrer Amtsübernahme im vergangenen Sommer angekündigt, stärker auf
       Umweltregeln zu setzen. Allerdings mahlen die Mühlen der ISA sehr langsam.
       „Statt endlich einen überfälligen Schritt in Richtung Tiefseeschutz zu
       gehen, vertagt die ISA ihre Verantwortung erneut“, kritisiert Franziska
       Saalmann, Meeresexpertin der Umweltorganisation Greenpeace. „Damit fehlt
       nicht nur ein klares Signal gegen Ausbeutung, sondern auch der politische
       Wegweiser in Richtung eines globalen Moratoriums“, so die Umweltaktivistin.
       
       „Ganz generell sehe ich in der fehlenden Einigung kein Scheitern der
       Meeresbodenbehörde, sondern eine souveräne Entscheidung der beteiligten 170
       Staaten und Staatenbünde gegen die übereilte Verabschiedung eines
       Regelwerks“, sagte Felix Janßen, Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der
       Sektion Tiefseeökologie und -technologie vom Alfred-Wegener-Institut in
       Bremerhaven.
       
       ## Im Zentralpazifik leben geschätzt 10.000 Arten
       
       Dies sei auch die Haltung Deutschlands und zahlreicher anderer Staaten, die
       eine Pause, ein Moratorium, oder sogar eine Abkehr vom Tiefseebergbau
       fordern. „Wir brauchen noch Zeit für zusätzliche Forschung, damit das
       Regelwerk wissenschaftlich fundiert ausgestaltet werden kann“, so Janßen.
       Die Aufgabe für die Wissenschaft sei immens und erfordere Zeit und
       entsprechende Ressourcen.
       
       „Die Clarion-Clipperton-Bruchzone, dem momentanen Hauptgebiet für
       Abbaupläne von Manganknollen, ist halb so groß wie Europa. Dort, im
       Zentralpazifik, leben nach Schätzungen etwa 10.000 Arten. Kenntnisse über
       deren typische Verbreitungsmuster und den – auch längerfristigen – Einfluss
       eines industriellen Abbaus auf ihr Überleben sind entscheidende Komponenten
       für wissenschaftlich fundierten Regularien“, sagt der Wissenschaftler.
       
       „Die Ausarbeitung internationaler Regeln mag langwierig und mühsam
       erscheinen“, sagt Andreas Manhart, Senior Researcher im Forschungsbereich
       Produkte und Stoffströme am Freiburger Öko-Institut, „sie ist aber der
       einzig richtige Weg.“ Die aktuelle Situation bedeute nicht, dass die
       Tiefsee nun ein reichsfreier Raum wird. „Im Gegenteil: Allen potenziellen
       Investoren sollte bewusst sein, dass Tiefseebergbau ohne internationale
       Zustimmung ein juristisches und damit auch finanzielles Risiko bleibt“, so
       Manhart.
       
       ## Kritik an Rohstoffkonzern
       
       Die dem Bundeswirtschaftsministerium unterstellte BGR hingegen hatte die
       neue schwarz-rote Bundesregierung kürzlich aufgefordert, endlich darüber zu
       entscheiden, ob und wie die Lizenzgebiete zum Rohstoffabbau auf dem
       Meeresboden, die Deutschland sich gesichert hat, genutzt werden. „Die neue
       Bundesregierung hat die Chance, die Weichen im Tiefseebergbau für
       Deutschland neu zu stellen“, schreibt die BGR in der neusten Ausgabe der
       Zeitschrift für Bergrecht.
       
       Der Rat hatte sich darauf geeinigt, das Vorgehen des kanadischen
       Rohstoffkonzerns The Metals Company (TMC) daraufhin zu überprüfen, ob es im
       Einklang mit dem UN-Seerechtsübereinkommen liegt. Das Unternehmen versucht
       nämlich derzeit über die US-Regierung eine Tiefseebergbau-Lizenzen für die
       US-Tochterfirma TMC USA erlangen und verfolgt das gleiche Ziel über weitere
       Tochtergesellschaften bei der ISA. „Die ISA ist die einzig zuständige
       Behörde für den internationalen Meeresboden.
       
       Jede von den USA erteilte Lizenz würde gegen internationales Recht
       verstoßen“, ist sich Meereskampaignerin Franziska Saalmann sicher.
       „Regierungen dürften es nicht zulassen, dass Rohstoffe auf ihren Märkten
       landet, die von TMC durch illegalen Tiefseebergbau gewonnen worden wären“,
       sagt Saalmann, „Was wir mehr brauchen denn je ist ein globales Moratorium
       für diese Industrie.
       
       In der Schweiz wird derzeit eine Debatte darüber geführt, ob das auf
       Pipelines, Anlagen- und Bergbau auf dem Meeresboden spezialisierte
       Unternehmen Allseas sich an den Vorhaben von TMC beteiligen darf. [1][Unter
       anderem hatte Greenpeace Schweiz dem Unternehmensschiff knapp 15.000
       Unterschriften dagegen überreicht.]
       
       26 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.greenpeace.ch/de/story/123096/tiefseebergbau-der-druck-auf-allseas-waechst/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Heike Holdinghausen
       
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