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       # taz.de -- Urteil des EuGH: Diesel-Besitzer können auf Schadenersatz pochen
       
       > Der Europäische Gerichtshof stärkt Kundenrechte im Dieselskandal. Bis zu
       > 15 Prozent des Kaufpreises sind als Schadenersatz möglich.
       
   IMG Bild: Auf VW kommen weitere Kosten beim Abgasskandal zu, Zentral in Wolfsburg
       
       Berlin taz | Millionen Besitzer eines [1][Dieselfahrzeugs mit illegaler
       Abschalteinrichtung] können auf eine Entschädigung hoffen. „Der Europäische
       Gerichtshof (EuGH) wischt Ausreden deutscher Hersteller vom Tisch und
       schafft erstmals einheitliche Entschädigungsregeln“, stellt die
       Anwaltskanzlei Gansel fest, die das Verfahren geführt hat.
       
       Den EuGH-Richtern wurden vom Landgericht Ravensburg drei Fragen zur Klärung
       vorgelegt. So kann sich das Beklagte Unternehmen VW nicht auf einen
       Verbotsirrtum beim Einbau einer Abschalteinrichtung berufen. Diese
       [2][nicht erlaubten Thermofenster] haben die Abgassäuberung unter
       bestimmten äußeren Bedingungen gemindert.
       
       Da die Fahrzeuge vom Kraftfahrt-Bundesamt dennoch eine EG-Typgenehmigung
       erhielten, beriefen sich Hersteller gerne auf einen Verbotsirrtum. Darin
       sieht der EuGH jedoch kein Hindernis für Schadenersatzansprüche.
       
       „Ein Automobilhersteller kann sich nicht dadurch von seiner Haftung für
       eine unzulässige Abschalteinrichtung befreien, dass für den Fahrzeugtyp von
       der zuständigen nationalen Behörde eine Genehmigung erteilt wurden“,
       stellen die Richter fest. An dieser Frage sind in Deutschland schon viele
       Klagen gegen die Hersteller gescheitert. „Dieses Urteil ist ein
       Durchbruch“, sagt Kanzlei-Chef Philipp Caba.
       
       ## Mehr Haftungsansprüche
       
       Auch erweitern die Luxemburger Richter die Haftungsansprüche der
       Diesel-Kunden. Der Hersteller hafte sowohl beim Einbau einer
       Abschalteinrichtung bei neuen Fahrzeugen als auch beim nachträglichen
       Einbau. Nach Einschätzung der klagenden Kanzlei führt ein Softwareupdate,
       das eine Abschalteinrichtung enthält, zu einem neuen Anspruch und setzt
       auch eine neuerliche Verjährungsfrist von zehn Jahren nach dem Fahrzeugkauf
       in Gang. Dadurch würden sich Millionen Besitzern gebrauchter
       Dieselfahrzeuge Schadenersatzansprüche eröffnen.
       
       In der Vergangenheit sind viele von der Softwaremanipulation betroffene
       Autofahrer leer ausgegangen, weil die Nutzung des Fahrzeugs auf ihren
       Entschädigungsanspruch angerechnet wurde. Die Richter finden eine
       Berücksichtigung der Laufleistung zwar grundsätzlich in Ordnung und heißen
       auch eine Begrenzung der Erstattung auf 15 Prozent des Kaufpreises gut.
       
       „Allerdings ist darauf zu achten, dass diese Entschädigung eine angemessene
       Wiedergutmachung für den erlittenen Schaden darstellt“, teilt der EuGH mit.
       Laut Gansel gilt daher nun eine Mindestentschädigung von fünf Prozent des
       Kaufpreises, auch für ältere Fahrzeuge. Im Durchschnitt rechnet die Kanzlei
       mit Erstattungen zwischen 2.000 und 8.000 Euro. Auf eine Entschädigung
       können auch die Käufer gebrauchter Fahrzeuge hoffen. Der Anspruch entstehe
       bei jedem Kauf neu, erklären die Anwälte.
       
       Die Entscheidung verbessert nicht nur die Position von VW-Kunden. Auch
       andere Hersteller hatten verbotene Thermofenster in ihre Modelle eingebaut.
       „Das Urteil gilt europaweit für sämtliche Hersteller, darunter Volkswagen,
       Daimler, BMW, Fiat und weitere Automobilkonzerne. Jetzt bist der Weg frei
       für Millionen Fahrzeugbesitzer, die Entschädigung zu erhalten, die ihnen
       zusteht“, sagt Caba.
       
       Nun geht das Verfahren erst einmal zurück zum Landgericht Ravensburg. Dort
       entscheiden die Richter dann über die tatsächliche Höhe der Ansprüche
       zweier Kläger gegen VW. Bislang konnten die Hersteller ein
       höchstrichterliches Urteil vermeiden, in dem sie großzügige
       Vergleichsangebote unterbreiteten und Klagen deshalb zurückgezogen wurden.
       In diesen beiden Fällen ist das nicht gelungen. VW hat sich bisher nicht zu
       dem Urteil geäußert.
       
       1 Aug 2025
       
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