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       # taz.de -- Steuer auf Einweg-Verpackungen in Berlin: BUND will mehr Tübingen wagen
       
       > Angesichts der globalen Plastikflut fordert die Umweltorganisation den
       > Senat auf, endlich eine Verpackungssteuer einzuführen. Doch die CDU
       > mauert.
       
   IMG Bild: Millioneneinnahmen statt überquellende Mülleimer? Die CDU erkennt darin offenbar keinen Vorteil
       
       Berlin taz | Am Dienstag beginnt in Genf die [1][letzte Verhandlungsrunde
       für ein internationales Abkommen zur Eindämmung der weltweiten
       Plastikflut]. Vor allem die wachsende Vermüllung der Meere soll der
       angestrebte „Global Plastics Treaty“ von rund 170 Staaten stoppen.
       
       In Berlin geht man dagegen nur Trippelschritte in Richtung einer
       plastikärmeren Stadt. Der Landesverband des Bunds für Umwelt und
       Naturschutz (BUND) hat deshalb Senat und Abgeordnetenhaus erneut dazu
       aufgerufen, eine kommunale Verpackungssteuer einzuführen.
       
       Wie schon öfter in den vergangenen Jahren verweist die Umweltorganisation
       dabei auf das schwäbische Tübingen, das seit 2022 eine solche Steuer auf
       sogenannte Einweg-To-go-Produkte erhebt: Pro abgegebene Verpackung wie
       Kaffeebecher und Pommesschale müssen Gastronomen dort je 50 Cent in die
       Stadtkasse zahlen, für Kleinteile wie Strohhalme werden 20 Cent fällig.
       Laut dem BUND bringt das nicht nur willkommene Einnahmen, sondern sorgt
       auch für eine sauberere Stadt.
       
       Geändert hat sich mittlerweile allerdings die rechtliche Situation. Im
       Januar dieses Jahres [2][entschied das Bundesverfassungsgericht, dass eine
       solche kommunal erhobene Steuer zulässig ist]. Ausgangspunkt war die Klage
       einer Tübinger McDonald’s-Filiale.
       
       ## Bis zu 100 Millionen Einnahmen pro Jahr
       
       Für Tobias Quast-Malur, Referent für Abfall- und Ressourcenpolitik beim
       Berliner BUND, ist damit klar: „Auch Berlin braucht endlich eine
       Verpackungssteuer.“ Konstanz und Freiburg ahmten das Tübinger Vorbild schon
       nach, die Millionenstadt Köln wolle folgen.
       
       Dass ein wirksames globales Abkommen zustande komme, sei ungewiss, so
       Quast-Malur. In Berlin ist es nach Einschätzung des BUND die CDU, die in
       der schwarz-roten Koalition „mauere“. Umweltsenatorin Ute Bonde wolle eine
       bundesweite Regelung abwarten, die unter der aktuellen Regierung aber
       „absehbar nicht kommen“ werde. Dabei gingen Schätzungen von potenziellen
       jährlichen Einnahmen zwischen 40 und 100 Millionen Euro für das Land Berlin
       aus.
       
       Die SPD zeigt sich derweil immer wieder offen für eine Verpackungssteuer.
       In Reaktion auf die Bundesverfassungsgerichts-Entscheidung beschloss die
       Abgeordnetenhausfraktion einen entsprechenden Prüfauftrag. Solange die CDU
       nicht mitspielt, hilft das indes wenig.
       
       Absolut geschlossen sind die Reihen der ChristdemokratInnen in ihrer
       Ablehnung aber auch nicht. Deren umweltpolitischer Fraktionssprecher Danny
       Freymark etwa argumentierte 2023 in einer Parlamentsdebatte vor allem damit
       gegen eine Steuer, dass diese „nicht ausgeurteilt“ sei – was sich nun
       geändert hat.
       
       ## Auch Linke fremdeln mit der Steuer
       
       Die Debatte fand damals statt, weil die Grünen einen – aussichtslosen –
       Gesetzentwurf zur Einführung einer Verpackungssteuer à la Tübingen
       eingebracht hatten. Unterstützung bekamen sie von keiner einzigen anderen
       Fraktion.
       
       Koalition und AfD stimmten dagegen, die Linke wiederum enthielt sich. Zwar
       seien die umweltpolitischen Effekte wünschenswert, allerdings belaste die
       Steuer per Umlage auf den Preis alle VerbraucherInnen, für die auch „50, 60
       Cent“ mehr ein Problem sein könnten, argumentierte damals die mittlerweile
       in den Bundestag gewechselte Linken-Abgeordnete Katalin Gennburg.
       
       Bislang hat der Senat auch unter Grünen-Beteiligung nur auf Kampagnen zur
       Vermeidung von Einwegmüll gesetzt – [3][etwa den „Better World Cup“ gegen
       täglich hunderttausende weggeworfene To-go-Kaffeebecher]. Ob das
       irgendetwas gebracht hat, ist völlig unklar. Zahlen zur tatsächlichen
       Reduktion der Becherflut hat die Senatsumweltverwaltung nie genannt.
       
       1 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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