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       # taz.de -- Nach Intel-Aus in Magdeburg: Hier könnte Ihre Chipfabrik stehen
       
       > Nach der Absage von Intel sucht Sachsen-Anhalt nach neuen Firmen für die
       > riesige Fläche. Bislang ist nur eine an einer Ansiedlung interessiert.
       
   IMG Bild: Dornröschenschlaf: Ein Teil der Aus-und Einfahrt, wo der High-Tech Park Magdeburg entstehen soll, am 25. 7. 2025
       
       Leipzig taz | Aufgerissene Erde, ein paar Einfahrten, drumherum
       Ackerfelder. Das ist alles, was von den großen Intel-Plänen bei Magdeburg
       übrig ist. Für 30 Milliarden Euro wollte der US-Techkonzern eine Chipfabrik
       auf 400 Hektar in Sachsen-Anhalt bauen. Die Bundesregierung versprach, 10
       Milliarden Euro zuzuschießen. Es wäre die größte Einzelinvestition der
       deutschen Geschichte und ein großer Schritt für die Halbleiterproduktion in
       Europa geworden – wird es aber nicht.
       
       Schon im Herbst hatte Intel wegen einer Unternehmenskrise den Bau auf Eis
       gelegt und dann vor [1][etwa einer Woche komplett abgeblasen]. Jetzt sitzen
       die Landesregierung und die Stadt Magdeburg an einem neuen Plan.
       
       Die 400 Hektar Fläche, die Intel 2022 für den Bau erworben hatte, will der
       Konzern nun wieder verkaufen, heißt es auf taz-Anfrage. Das solle der
       Region ermöglichen, von Investitionen und einer Entwicklung der
       Infrastruktur zu profitieren – „ganz im Sinne der ursprünglich für das
       Gelände vorgesehenen Ziele“, sagt Intel. Magdeburg hat laut einem Sprecher
       der Stadt ein Vorkaufsrecht.
       
       Der [2][ursprüngliche Plan sah aber auch vor], dass der große Konzern Intel
       weitere Unternehmen anziehen sollte, damit um die Fabrik herum ein
       Industriegebiet entsteht: der sogenannte High-Tech Park. Er umfasst mit der
       Intelfläche mehr als 1.000 Hektar. Doch wer siedelt sich da noch an, wenn
       Intel wegbleibt?
       
       ## 100 Hektar für FMC
       
       Wenige Tage, bevor Intel die Absage öffentlich bekannt gab, erklärte das
       Halbleiter- und Speicherchipunternehmen Ferroelectric Memory Company (FMC),
       eine Fabrik für Speicherchips im High-Tech Park bauen zu wollen. Laut
       Medienberichten sind dafür 100 Hektar im Gespräch. Das Dresdner Unternehmen
       FMC selbst will sich zu den Details des Plans noch nicht äußern. Das
       Bauvorhaben „steht unter dem Vorbehalt der Finanzierung und weiterer
       behördlicher Genehmigungen“, hieß es am vergangenen Dienstag auf
       taz-Anfrage. Demnächst werde erst mal eine Absichtserklärung unterzeichnet.
       
       FMC hat für Speicherchips eine besondere Technologie entwickelt. Dadurch
       können auf den Chips Informationen gespeichert werden, ohne dass sie
       ständig Strom brauchen. Bislang hat das Unternehmen keine eigene
       Produktionsstätte. Es gilt als Start-up, das 2016 im Umfeld der Dresdner TU
       entstanden ist und die Technologie dort als Teil von Silicon Saxony
       entwickelte – einem Verband der sächsischen Halbleiter- und
       Softwarebranche.
       
       [3][Landeswirtschaftsminister Sven Schulze (CDU)] erzählt, Sachsen-Anhalt
       sei schon länger um FMC bemüht. Die Fabrik soll südlich des für Intel
       vorgesehenen Geländes entstehen. „FMC ist kein Ersatz für Intel“, sagt
       Schulze. Er hätte gerne beide Unternehmen in Magdeburg gehabt.
       
       Zur Fördersumme, die FMC braucht, möchte Schulz nichts sagen. Laut
       Berichten des Handelsblatts geht es um 1,3 Milliarden Euro. Schulze klingt
       optimistisch. Erst müsse das Projekt konkret werden, dann komme die
       Unterstützung durch den Bund oder die EU.
       
       ## Intel derzeit nicht wettbewerbsfähig
       
       Irene Bertschek, Leiterin des Bereichs „Digitale Ökonomie“ am
       Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung Mannheim (ZEW),
       findet, die Absage von Intel sei gerade noch rechtzeitig gekommen. „Intel
       ist im Mikrochip-Markt derzeit nicht wettbewerbsfähig und plant in den USA
       im großen Umfang Stellen abzubauen.“ Es sei gut, dass die
       [4][Bundesregierung die zehn Milliarden Euro noch nicht ausgezahlt] habe.
       
       Die energieeffizienten Chips von FMC hält Bertschek hingegen für sehr
       interessant. Der Bedarf an Speicher- und Rechenkapazitäten nehme zu, der
       Stromverbrauch steige bislang entsprechend. Doch auch wenn die Subventionen
       für FMC deutlich niedriger ausfallen dürften als bei Intel: Bertschek mahnt
       zur Vorsicht. Statt einzelne Unternehmen zu fördern, solle der Staat lieber
       Infrastruktur für Forschung, Bildung oder den Verkehr ausbauen. Davon
       profitiere die Region und das ziehe Fachkräfte an.
       
       Julia Hess forscht beim Thinktank Interface zur globalen Entwicklung der
       Chipindustrie. Sie gibt zu bedenken, dass bislang ein Zuliefernetzwerk etwa
       zur Bereitstellung von Chemikalien oder Maschinen beim High-Tech Park
       Magdeburg fehle. Ein solches „Ökosystem“ sei aber „zentral, um effektiv und
       kostengünstig zu produzieren und Innovation voranzutreiben“. Damit sich ein
       solches entwickle, brauche es mehr Ansiedlungen als die von FMC, vermutet
       Hess.
       
       Doch wie sieht es mit weiteren Firmen im High-Tech Park aus? Angenommen,
       der Verkauf der Intelfläche an die Stadt klappt und FMC beansprucht 100
       Hektar, bleiben noch 900 Hektar übrig. Sven Schulze sagt, aktuell sei der
       Plan, diese vollständig zu nutzen.
       
       Firmen anzuwerben, das ist die Aufgabe der Investitions- und
       Marketinggesellschaft (IMG) des Landes. Und bei wie vielen gibt es schon
       konkrete Pläne? Der taz antwortet die IMG: „Konkrete Ansiedlungspläne gibt
       es bei einem Unternehmen, dem Chiphersteller FMC aus Dresden“.
       
       4 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR David Muschenich
       
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