URI: 
       # taz.de -- Gaza-Tagebuch: Wie konnte die Hamas all das zulassen?
       
       > Unser Autor denkt an die Verzweiflung seiner Mitmenschen, an den Hunger
       > und die Toten – und fragt sich: Warum verlässt die Hamas Gaza nicht?
       
   IMG Bild: Gaza ist zerstört: Wie konnte die Hamas derweil einfach in dem Küstenstreifen bleiben, fragt unser Autor
       
       Neulich ging mein Bruder ging zu den Hilfsgüterverteilungszentren an der
       Grenze. Aus der Not heraus: Wir hatten das Gefühl, dass uns alles ausgeht –
       unsere Nahrung und unser Wasser, unsere Energie. Auf dem Heimweg sah mein
       Bruder einen 14-jährigen Jungen, der eine Kiste mit Lebensmitteln trug.
       Eine Gruppe anderer Jungen versuchten, sie ihm wegzunehmen. Als mein Bruder
       das sah, ging er auf ihn zu. Der Junge sagte: „Diese Lebensmittel sind für
       meine Familie, bitte hilf mir.“ Mein Bruder zog daraufhin ein Messer,
       verscheuchte die Angreifer, und brachte den Jungen sicher nach Hause.
       Obwohl mein Bruder selbst noch ein Jugendlicher ist, weiß er, was es
       bedeutet, Verantwortung für die Familie zu haben. Und auch, was es
       bedeutet, nichts zu essen zu bekommen.
       
       Es gilt im Gazastreifen das Recht des Stärkeren: Menschen, die zu den
       Verteilungszentren gehen und keine Lebensmittel für sich finden, werden zu
       Plünderern und greifen Schwächere an. Menschen gehen zu den Hilfszentren –
       doch die israelische Besatzungsmacht tötet auch dort. So ist es etwa dem
       Jungen Amir ergangen, [1][dessen Schicksal auch in den Sozialen Medien
       bewegt]. Ein ehemals für die Gaza Humanitarian Foundation tätiger Soldat
       erzählt seine Geschichte so: Der 13-jährige Amir sei gekommen, um Essen
       abzuholen. Er habe dem Soldaten sogar die Hand geküsst. Und sei später dann
       erschossen worden.
       
       Die Situation im Gazastreifen ist weiter katastrophal: An manchen Orten
       wird weniger bombardiert, an anderen hat der Beschuss zugenommen. Und der
       Hunger wird weiterhin als Kriegswaffe eingesetzt, er tötet uns noch immer.
       Warum wartet die Welt, bis Kinder zu Skeletten mutieren? Warum wartet die
       Welt bis sie sterben? Im Gazastreifen liegen Leichen in den Trümmern und
       verwesen, ohne dass jemand sie erreichen kann – nicht einmal Krankenwagen.
       
       ## Worum es der israelischen Besatzung wirklich geht
       
       Doch meine drängendste Frage ist: Wie konnte die Hamas all diese
       Demütigungen zulassen? Sie hätte Gaza verlassen sollen. Schon allein, um
       die Lügen der israelischen Besatzung zu entlarven, die behauptet: „Wir tun
       das alles nur wegen der Hamas.“
       
       Ich glaube, die Wahrheit ist: Die Besatzung hungert die Menschen aus und
       tötet sie, weil sie sie von ihrem Land vertreiben und es für sich und ihre
       Bevölkerung nutzen will. Im Westjordanland gibt es kaum Aktivitäten der
       Hamas, dennoch sterben dort weiterhin Palästinenserinnen und Palästinenser
       durch israelische Siedler und Soldaten. Die Hamas hätte Gaza längst
       verlassen sollen – auch um der Welt zu zeigen, worum es der Besatzung
       wirklich geht.
       
       Mahmoud Al-Masri ist 20 Jahre alt, stammt aus dem Süden des Gazastreifens
       und wurde bereits mehrfach vertrieben. 
       
       Internationale Journalist*innen können seit Beginn des Kriegs nicht in
       den Gazastreifen reisen und von dort berichten. Im „Gaza-Tagebuch“ holen
       wir Stimmen von vor Ort ein. Es erscheint meist auf den Auslandsseiten der
       taz.
       
       12 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://x.com/MiddleEastEye/status/1950387357112553877
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Mahmoud Al-Masri
       
       ## TAGS
       
   DIR Israel
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR GNS
   DIR Gaza
   DIR Recherchefonds Ausland
   DIR Social-Auswahl
   DIR Hungertod
   DIR Hunger
   DIR Kolumne Gaza-Tagebuch
   DIR Kolumne Gaza-Tagebuch
   DIR Kolumne Die Woche
   DIR GNS
   DIR Schwerpunkt Nahost-Konflikt
   DIR Kolumne Gaza-Tagebuch
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Gaza-Tagebuch: „Ich frage mich, wo ich diesmal landen werde“
       
       Das Gebiet Saftawi bei Gaza-Stadt, in dem unsere Autorin lebt, muss
       evakuiert werden. Doch wann und wohin soll sie flüchten? Was soll sie
       mitnehmen?
       
   DIR Luftbrücke, Nietzard, Mahler: Der krawallige Lebensweg eines verstorbenen Nazis
       
       Horst Mahler war nicht der einzige, der von links nach rechts immer der
       Aussicht auf den größten Krawall folgte. Und: Der Zoll-Deal mit den USA als
       Zeitenbruch.
       
   DIR Gaza-Tagebuch: Was eine fünfköpfige Familie an einem Tag isst
       
       Unser Autor leidet wie die meisten Menschen in Gaza an Hunger. Er
       berichtet, wie man noch an Essen kommt. Und wie viel er dafür bezahlen
       muss.
       
   DIR Gaza-Tagebuch: „Das Meer wirkt düster und trüb – kein Lachen, kein Planschen“
       
       Unsere Autorin liebt das Meer – auch weil es sie an ihren getöteten Vater
       erinnert. Nun hat Israels Militär den Menschen in Gaza das Baden darin
       verboten.
       
   DIR Gaza-Tagebuch: Der Kampf um dreckiges Wasser und Fava-Bohnen
       
       Vom verzweifelten Alltag in Gaza zwischen Hunger, Schüssen und
       Hoffnungslosigkeit. Und selbst ein Schluck Wasser wird zum Risiko.